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Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Titel: Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Glaubrecht
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in London. Dass Wallace sich mit diesem Werk aber gleichsam selbst beerdigt hat, erkennt sofort nach Erscheinen Herbert Spencer. Er schreibt Wallace am 18. Mai 1889: »Ich bedaure sehr, dass Sie ›Darwinism‹ als Titel benutzen, denn ungeachtet der Bedeutung, um die Sie wissen, wird der ohnehin schon irrige, wenngleich einhellige Eindruck bestätigt, Sie hätten nichts mit der Entstehung der Theorie zu tun.« Wallace wird Darwin noch dreißig Jahre überleben; zurückgezogen im Süden Englands, als ein glücklicher Mann.

Das wundervolle Jahrhundert
    (1881 –1913)
    » Grundstück betreten verboten«: Überall stehen diese Schilder. Wallace hat sie mehr als einmal verflucht; und er ignoriert sie, wo er nur kann, obgleich ihn das dann oft in Schwierigkeiten bringt. Seine Kinder, William und Violet, berichten später in Erinnerungen, wie unendlich peinlich es ihnen früher war, wenn sie bei Spaziergängen und Wanderungen durch die Felder und Wälder im Süden Englands deshalb wieder einmal mit ihrem Vater zusammen aufgegriffen werden. Damals ist das Land in den Händen weniger Großgrundbesitzer, die junkerhaft darüber entscheiden, was darauf geschieht. Und die eben auch das Durchqueren untersagen können; »Zuwiderhandlungen werden bestraft«. Regelmäßig sind die Kinder aufs Höchste alarmiert, wenn sich Wallace nicht daran hält und sie auf fremdem Grund und Boden einmal mehr vom Landbesitzer oder seinen Bediensteten angesprochen und aufgehalten werden. Allerdings sind sie auch immer wieder von Neuem überrascht, auf wie freundliche und respektvolle Art ihr Vater sich in so einem Fall aus der Affäre zu ziehen vermag. Jedenfalls hinterlässt es bei ihnen einen bleibenden Eindruck.
    Es ist zwar fraglich, ob jene Landbesitzer das wissen, die sich an seinen Grenzüberschreitungen stören; aber Alfred Russel Wallace ist im späteren Leben so etwas wie eine viktorianische Kultfigur. Mag er sicherlich in wissenschaftlicher Hinsicht dann auch vom Hauptstrom isoliert eine buchstäblich exzentrische Figur sein; tatsächlich zählt er zu den wichtigsten Intellektuellen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er kommentiert und vermittelt unermüdlich die wissenschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit; zuerst die Theorie der Evolution durch natürliche Selektion und die Stellung des Menschen, später die immer schneller bekannt werdenden Entdeckungen auch in anderen Disziplinen. Anders als Darwin, der sehr fokussiert und gezielt seine Theorie ausgebaut und als Naturforscher seinen Ruf begründet hat, bleibt Wallace in vielerlei Hinsicht ein ruheloser Geist, der sich für vieles begeistern kann und sich bei vielen Dingen auch persönlich engagiert. Sein offenes Wesen und sein scharfer Verstand interessieren sich bald für anderes als nur die Naturforschung. Auch auf den neuen Feldern erweist sich Wallace als unkonventioneller Denker, der sich seine eigenen Gedanken macht, die indes gelegentlich für oberflächlich gehalten und missverstanden werden. Wallace schreibt über eine breite Palette an Themen – von der Evolution und Beobachtungen auf seinen einstigen Reisen, von der Schutzimpfung zur Landreform, von Menschen auf dem Mars und der Erde, unserer Stellung im Universum bis hin zum Ratgeber für den Bund der Ehe.
    Dadurch, dass er auf derart vielen Gebieten aktiv ist, macht er sich in seiner Glaubwürdigkeit als Wissenschaftler angreifbar und bietet seinen Kritikern ein willkommenes Ziel. Andererseits ist er ein viel gehörtes Sprachrohr und ein Denker, der sich zu aktuellen Aspekten der Naturforschung und darüber hinaus äußert. Gerade Letzteres ist dann oft eher durch persönliche Ansichten gefärbt und wird nicht immer ernst genommen. Doch dann ist er auch wieder seiner Zeit weit voraus. Nichts hält Wallace je ab, seine Meinung zu sagen und sich gerade den gängigen Ansichten zu widersetzen; nicht immer zu seinem Besten und nicht immer auf der Grundlage besseren Wissens. Das ist beim Spiritualismus so, mit dem er bald ins eher esoterische Abseits gerät. Und das ist so bei sozialen und politischen Fragen, die Wallace in der zweiten Hälfte seines Lebens in immer stärkerem Maße beschäftigen.
    So ist Wallace, als dies seinerzeit zum Thema wird, ein vehementer Gegner etwa der Pockenschutzimpfung, von der er denkt, sie richte mehr Schaden an, als dass sie nutze. Seit den 1880er-Jahren wendet er sich in seinen Schriften und Äußerungen gegen die Reihenimpfungen, aber auch gegen andere in der Öffentlichkeit

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