Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)
solchen Gegenstand gemacht werden können, allein das ist nicht notwendig der Fall. Die Hypothese, welche in dieser Abhandlung dargelegt worden ist, hängt in keiner Weise von der Vollständigkeit unserer Kenntnis der früheren organischen Welt ab, sondern nimmt die Tatsachen, welche wir besitzen, als Fragmente eines ungeheuren Ganzen und leitet aus ihnen einiges über die Natur und die Proportionen jenes Ganzen, welches wir nie im Detail kennen können, ab. Sie ist auf isolierte Gruppen von Tatsachen basiert, sie kennt diese Isoliertheit und versucht es, aus derselben die Natur der dazwischenliegenden Teile abzuleiten.
Rudimentäre Organe.
Eine andere wichtige Reihe von Tatsachen, welche ganz in Übereinstimmung mit dem Gesetz, welches nun entwickelt ist, steht, und welche selbst eine notwendige Ableitung aus demselben bildet, ist die der rudimentären Organe. Dass diese tatsächlich existieren und in den meisten Fällen keine spezielle Funktion im tierischen Haushalt haben, das wird von den ersten Autoritäten in der vergleichenden Anatomie zugegeben. Die kleinen Glieder, welche unter der Haut bei vielen schlangenartigen Eidechsen verborgen liegen, die Analhöcker der Boa constrictor, die vollständige Reihe verbundener Fingerknochen in der Flosse des Manatus und Walfisches, das sind einige wenige der bekanntesten Beispiele. In der Botanik ist eine ähnliche Klasse von Tatsachen seit Langem bekannt. Unfruchtbare Staubgefäße, rudimentäre Blumenhüllen und unentwickelte Fruchtblätter kommen äußerst häufig vor. Jedem denkenden Naturforscher muss sich die Frage aufwerfen: Zu welchem Zweck sind diese vorhanden? Was haben sie mit dem großen Gesetz der Schöpfung zu tun? Lehren sie uns nicht etwas von dem Systeme der Natur? Wenn eine jede Art unabhängig von der anderen erschaffen worden ist und ohne notwendige Beziehung zu vorher existierenden Arten, was bedeuten dann diese Rudimente, diese scheinbaren Unvollkommenheiten? Es muss eine Ursache für sie geben; sie müssen die notwendigen Resultate irgendeines großen Naturgesetzes sein. Wenn nun, wie es zu zeigen versucht wurde, das große Gesetz, welches die Bevölkerung der Erde mit tierischem und pflanzlichem Leben reguliert hat, das ist, dass jede Veränderung stufenweise erfolgt; dass kein neues Geschöpf gebildet wird, welches weit von irgendeinem vorher existierenden abweicht; dass hierin wie überall sonst in der Natur Stufenfolge und Harmonie vorhanden ist, – dann sind diese rudimentären Organe notwendig und ein wesentlicher Teil des Systems der Natur. Bis beispielsweise die höheren Wirbeltiere ausgebildet wurden, waren viele Schritte erforderlich und viele Organe mussten Modifikationen erleiden von dem rudimentären Zustand aus, in welchem sie bis dahin nur existiert hatten. Wir sehen noch eine antitypische Skizze einer zum Fluge befähigten Schwinge übrig in dem schuppigen Klappser des Pinguins, und Glieder, welche zuerst unter der Haut verborgen lagen und dann schwach hervorragten, waren die notwendigen Stufen, ehe andere gebildet werden konnten, welche vollständig zur Fortbewegung dienten. Anmerkung Viel mehr von diesen Modifikationen würden wir erblicken und eine viel vollkommenere Reihe derselben, wenn wir alle die Formen kennten, welche zu leben aufgehört haben. Die großen Lücken, welche zwischen Fischen, Reptilien, Vögeln und Säugetieren existieren, würden dann zweifellos durch intermediäre Gruppen ausgefüllt werden, und die ganze organische Welt würde als ein ununterbrochenes und harmonisches System erscheinen.
Schluss.
Es ist nun gezeigt worden, wenn auch sehr kurz und unvollkommen, wie das Gesetz, dass »eine jede Art sowohl dem Raume als auch der Zeit nach zugleich mit einer vorher existierenden nah verwandten Art in die Erscheinung getreten ist«, eine ungeheure Menge von unabhängigen und bis dahin unerklärten Tatsachen verbindet und verständlich macht. Das natürliche System der Anordnung organischer Wesen, ihre geographische Verbreitung, ihre geologische Aufeinanderfolge, die Phänomene der repräsentierenden und substituierenden Gruppen in allen ihren Modifikationen, und die höchst sonderbaren Eigentümlichkeiten der anatomischen Struktur werden alle durch dasselbe erklärt und erläutert, in vollkommener Übereinstimmung mit der Unmasse von Tatsachen, welche die Untersuchungen der modernen Naturforscher angehäuft haben, und, ich glaube, keine derselben widerspricht dem Gesetz wesentlich. Es beansprucht auch eine
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