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Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Titel: Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Glaubrecht
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ersten Reisereportage, die Wallace in diesem Magazin veröffentlicht, folgt ein vollständiger Abdruck jenes Artikels von Forbes. Die Ausgabe der »Literary Gazette« von Mitte August 1854 dürfte frühestens gegen Ende des Jahres in Sarawak eingetroffen sein. Rechtzeitig genug aber für Wallace, sich gründlich über das zu ärgern, was Forbes da von sich gibt. Und bevor er sich im Februar 1855 daransetzt, seine eigene Erklärung zu entwickeln. So entstehen Meilensteine, die Biologiegeschichte machen.
    In die Annalen ist Edward Forbes’ Idee als sogenannte Polaritäts-Theorie eingegangen. »On the Manifestation of Polarity in the Distribution of Organized Beings in Time« ist der Beitrag überschrieben. Forbes glaubt an die Schöpfungslehre und sieht alles in der Natur als göttlich verursachtes Zeugnis der Schöpfung. Und damit sei bereits alles erklärt; Ende der Geschichte. Forbes beschreibt nun, dass es angeblich eine größere Formenvielfalt (auf Gattungsebene, wie man damals dachte) in den ersten Epochen der durch Versteinerungen überlieferten Erdgeschichte und dann wieder zur Gegenwart hin gibt. Artenreichtum also gleichsam an den beiden Polen der Fossilzeit. Dazwischen sei die Biota der Erde regelrecht verarmt gewesen, so Forbes; es lebten weitaus weniger Arten und Gattungen.
    Wallace rauft sich die Haare. Erstens, so erklärt er dazu in seinem Aufsatz, sei die Fossilüberlieferung viel zu lückenhaft und zudem unzureichend bekannt, um solche gewagten Schlüsse zu ziehen, wie Forbes es tut, der glaubt, Zeugnisse der Vorzeit seien vollständig überliefert (ein Irrtum vieler Forscher übrigens bis heute!). Zweitens können wir nicht sicher sagen, so Wallace, dass zu irgendeinem Zeitpunkt während der Erdgeschichte überhaupt einmal mehr oder weniger Arten gelebt haben (auch das behaupten Fossilforscher oftmals heute noch!). Nun könne er zwar hier noch nicht alles ausführlich darstellen, aber »schon vor etwa zehn Jahren« habe sich ihm »die Idee eines generellen Gesetzes aufgedrängt«, und er, Wallace, habe »seitdem eine jede Gelegenheit ergriffen, um dasselbe durch sämtliche neuerlich festgestellten Tatsachen, mit welchen ich bekannt wurde oder welche ich in der Lage war, selbst beobachten zu können, auf seine Richtigkeit hin zu prüfen«. Und er fährt fort: »Nur infolge einiger kürzlich vorgetragener Ansichten, welche eine verkehrte Richtung einzuschlagen scheinen«, wage er es jetzt, seine Ideen der Öffentlichkeit vorzulegen.
    Der Sarawak-Artikel von 1855: Der Titel wirkt etwas sperrig, entspricht aber den Gepflogenheiten der Zeit. »On the law which has regulated the introduction of new species«; zu Deutsch: Über das Gesetz, welches die Einführung neuer Arten reguliert hat. Wallace schickt das Manuskript an Stevens nach London; es erscheint im September 1855 in der angesehenen und in einschlägigen Kreisen gelesenen Zeitschrift »Annals and Magazine of Natural History«. Der Artikel kumuliert in Wallace’ Credo: »Jede Art ist sowohl räumlich als auch zeitlich aus einer vorher existierenden, nahe verwandten Art in Erscheinung getreten.« Diesen Satz will er in Kursivschrift hervorgehoben wissen. Und als ob das nicht schon genug ist, taucht er in seinem Aufsatz gleich zweimal auf, nur durch eine kleine Wort-Volte verändert. Einmal stellt er den zeitlichen Aspekt voran, beim zweiten Mal den räumlichen. Beides ist ihm gleichermaßen wichtig für die Erklärung, warum Arten veränderlich und eben nicht konstant sind. Arten haben tatsächlich in der Natur eine räumliche oder horizontale Dimension, nämlich ihre geographische Verteilung im Raum; und eine zeitliche Achse oder vertikale Dimension in der Abfolge ihrer Vorfahrenlinie, ob überliefert oder nicht. Wo sie geographisch vorkommen, sei dabei von geologischen Veränderungen abhängig, so macht Wallace gleich mit Beginn des ersten Abschnitts deutlich. Und er erklärt, warum es kein Zufall ist, dass räumlich benachbart vorkommende Arten sich auch verwandtschaftlich nahestehen; dass nämlich die Formen verschiedener geologischer Zeitspannen zeitlich aufeinanderfolgen. Wallace kombiniert diese geologisch bekannte Abfolge mit seiner Beobachtung zum geographischen Vorkommen und postuliert einen von ihm als Naturgesetz der Arten formulierten Zusammenhang.
    Damit leitet Wallace aus den zu seiner Zeit vielen Forschern vertrauten, zuerst von dem britischen Geologen Charles Lyell zusammengetragenen geologischen Beobachtungen das Prinzip einer

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