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Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Titel: Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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empfinden. Und er wollte schon gar kein Schuldgefühl entwickeln.
    »Also, dann«, sagte er unbeholfen.
    Sie sah ihn an - er wußte den Blick nicht zu deuten - und drehte sich um. Im Weggehen sagte sie: »Vielleicht sieht man sich mal wieder.«
    Und er erwiderte: »Klar, warum nicht? In London können wir doch mal zusammen was trinken.« Aber nicht so bald, fügte er im stillen hinzu.

    Sie antwortete darauf nicht, sondern stieg wortlos die Treppe hinauf. Von hinten konnte er sehen, daß ihre Schultern zuckten.
    Sie weinte schon wieder.
    3
    Die zwei jungen Constables - Jessica schätzte sie auf kaum älter als Mitte zwanzig -, die schließlich in Stanbury House eintrafen, mochten skeptisch und mißtrauisch wegen der eigenartigen Meldung über das Massaker dort gewesen sein, aber ihre Haltung löste sich blitzschnell auf beim Anblick der hingemetzelten Patricia in der Schaftränke. Der eine von ihnen setzte sich für ein paar Minuten auf einen Felsstein, der aus dekorativen Gründen vor dem Eingang lag, und wischte sich ein paarmal tief atmend mit seinem Taschentuch über das Gesicht, ehe er über Funk Verstärkung anforderte und auf die Dringlichkeit des Erscheinens eines Notarztes hinwies.
    Der andere betrat tapfer das Haus und stieß dort auf Jessica, die nicht wieder nach oben gegangen war, sondern in der Tür zum Eßzimmer kauerte und die schwer verletzte Sophie im Arm hielt. Sie hatte weder gewagt, das Mädchen allein zu lassen, noch es zu bewegen, da sie über die Schwere möglicher innerer Verletzungen nichts wußte. Also hatte sie ausgeharrt und gebetet, die Polizei möge bald da sein.
    »Guter Gott«, sagte der Beamte, »lebt das Kind noch?«
    »Ja. Aber sie ist schwer verletzt. Stichwunden im ganzen Oberkörper. Wo ist der Notarzt?«
    Der Beamte drehte sich zur Tür.
    »Wir brauchen verdammt schnell einen Arzt!« rief er seinem Kollegen zu. »Hier ist ein schwer verletztes Kind!«
    »Arzt kommt gleich!« tönte es von draußen.
    Er drehte sich wieder zu Jessica um.

    »Sind Sie die Dame, die angerufen hat?«
    »Ja.«
    »Okay. Okay.« Er war sichtlich von der Situation überfordert. »Sie sprachen von mehreren Toten?«
    »Da drüben in der Küche liegt ein toter Mann. Oben im Dachboden ein totes Kind. Dann ist da oben noch eine Frau, die lebt, aber komplett unter Schock steht. Sie braucht auch einen Arzt.«
    »Okay«, sagte er wieder, »okay.« Er überlegte. »Ich werde mir das jetzt alles ansehen. Sie haben nichts angefaßt?«
    »Ich habe Patricia hochgehoben. Ich wußte nicht … ich mußte nachsehen, was los war. Ich habe bei Diane den Puls gefühlt - das ist das kleine Mädchen, das oben tot auf seinem Bett liegt. Sonst habe ich nichts angefaßt. Außer verschiedenen Türgriffen natürlich. «
    »Hören Sie, der Arzt muß gleich da sein. Können Sie das Kind so lange halten? Ich muß mich im Haus umsehen. Hinweise, daß der Täter noch da ist?«
    »Ich habe niemanden bemerkt.«
    »In Ordnung. Ich gehe erst mal in die Küche.« Er machte eine Bewegung hinüber zur Küchentür, hinter der noch immer Tims Hand hervorschaute. »Ich muß mir einen Überblick verschaffen. «
    Leise sagte sie: »Ich konnte meinen Mann nicht finden. Ich hoffe, er ist nicht …« Sie sprach das Schreckliche nicht aus.
    Der Beamte versuchte ein Lächeln, das ziemlich hilflos geriet. » Versuchen Sie, nicht das Schlimmste zu denken.«
    Angesichts dessen, was sich hier abgespielt hatte, empfand sie diesen Satz als ungewöhnlich naiv.
     
    Sie fanden Alexander im Park, auf einer kleinen Waldlichtung. Er saß auf einer Bank, und sein Kopf hing seltsam abgeknickt zur Seite. Man hatte ihm mit einem einzigen kraftvollen Schnitt die Kehle durchgetrennt, genauso wie bei Patricia, Tim und Diane. Die Vermutung, daß er von hinten überrascht worden war, lag
nahe, denn es hatte nicht den Anschein, als habe es irgendeine Gegenwehr seinerseits gegeben. Die einzige Person, die auf andere Art angegriffen worden war, war Sophie: Der Täter hatte hektisch und offenbar unkontrolliert von vorn auf ihren Oberkörper eingestochen. Dieser Umstand hatte ihr das Leben gerettet - zumindest vorläufig. Man hatte sie mit dem Hubschrauber in eine Klinik in Leeds gebracht, wo sie auf der Intensivstation mit dem Tod kämpfte. Ihr Zustand war äußerst kritisch. Der Polizeiarzt, der die Leichen untersuchte, hatte sich Sophies Verletzungen nicht mehr ansehen können, daher blieb es zunächst eine Vermutung, daß sie mit derselben Tatwaffe wie die anderen

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