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Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Titel: Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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stand fest, daß Stanbury
in absehbarer Zeit Patricia gehören würde. Also sagten die beiden, ich hätte in gewisser Weise eine englische Landadelige geehelicht, eine mit einem Landsitz. Daß ich von nun an zur britischen upper class gehörte, demnächst neben der Queen in Ascot sitzen würde … solchen Mist eben, aber irgendwann begannen wir alle uns ernsthaft für Stanbury zu erwärmen. Damals wurde der Gedanke geboren, alle Ferien dort gemeinsam zu verbringen, Stanbury zu unserem Stanbury zu machen, zu dem von Alexander, Tim und mir. Zu dem Ort, an dem wir immer zusammenkommen könnten, an dem wir die Probleme des Alltags hinter uns lassen, ganz wir selbst sein könnten. Stanbury als der Platz, an dem sich unsere Freundschaft immer wieder manifestierte. Uns war feierlich zumute, und, betrunken wie ich war, dachte ich, alles würde gut werden. Als der Morgen graute, ging ich heim, überzeugt, alles ertragen zu können, weil es Stanbury gab. Weil es meine Freunde gab und weil unsere Freundschaft nun ein Zuhause hatte.« Er schüttelte den Kopf in der Erinnerung an jene Stunden. »Aber ich liebte Patricia nicht. Damals nicht, später nicht. Ich liebte nur Stanbury, und das ließ mich durchhalten.«
    »Das hat Alexander mir nie erzählt«, sagte Jessica.
    Leon beachtete ihren Einwurf nicht. »Und jetzt ist Stanbury zu Patricias Grab geworden. Und zum Grab meiner Kinder. Es ist alles so … so schrecklich tragisch. Es hat etwas von einer Bestrafung. Ich werde bestraft. Weil ich Patricia nicht wollte und die Kinder nicht wollte. Weil mein ganzes Leben der letzten Jahre nur eine Lüge war.«
    Jessica begriff, daß es keinen Zweck hätte, den Versuch zu machen, mit ihm über ihr eigentliches Anliegen zu sprechen: Sie hatte mit ihm gemeinsam überlegen wollen, was getan werden konnte, um Evelin möglichst rasch zu helfen. Und sie hatte mit ihm über die schier unfaßbare Behauptung Superintendent Normans sprechen wollen, Evelin sei von Tim jahrelang mißhandelt und gequält worden. Obwohl Leon eingeräumt hatte, daß Norman
die Wahrheit gesagt hatte (»Hast du es denn nicht gewußt? «), schien es ihr kaum glaubhaft, und in irgendeinem naiven Winkel ihres Gehirns hoffte sie noch immer, das Ganze werde sich als ein Mißverständnis herausstellen. Aber mit diesem gebrochenen Mann vor ihr konnte sie nicht reden, jedenfalls jetzt nicht, vielleicht viel später, in vielen Wochen oder Monaten. Sanft berührte sie für einen Moment seinen Arm.
    »Schau nicht zurück«, sagte sie leise, »es nützt nichts. Versuche jetzt, nur vorwärts zu schauen.«
    »Kannst du das?« fragte er. »Vorwärts schauen?«
    »Ich versuche es. Ich möchte Evelin helfen. Etwas sagt mir, daß ich zusammenbrechen werde, wenn das hinter mir liegt, aber im Moment erfüllt es mich. Ich bin zutiefst von ihrer Unschuld überzeugt. Ich muß ihr helfen.«
    »Arbeitest du zur Zeit?«
    Sie schüttelte den Kopf. » Ich habe die Praxis nach dem Ferienende nicht mehr geöffnet. Die Patienten, die ich mir mühsam angeworben habe, werden zwar am Ende nicht mehr dasein, aber …«, sie holte tief Luft, »dann muß ich eben von vorn anfangen. Es wird sowieso nichts mehr sein, wie es war.«
    »Nein«, stimmte er zu, »nichts wird mehr so sein.«
    Sie schwiegen eine Zeitlang. Der Kellner räumte mit beleidigter Miene Jessicas fast unberührten Teller wieder ab. Es war dunkel geworden draußen, die lauten Geräusche der Stadt waren längst verebbt. An den Tischen im Restaurant wurde geplaudert, hier und da leise gelacht. Gläser klirrten.
    »Was tust du so den ganzen Tag?« fragte Leon.
    Sie überlegte. Was tat sie den ganzen Tag? Was tat sie, seitdem ihr Mann ermordet worden war ?
    »Ich denke nach«, sagte sie, »ich grüble. Ich versuche, unbegreifliche Dinge zu verstehen. Ich versuche, mir ein Bild zu machen. «
    »Ein Bild wovon?«
    Sie kramte ihre Geldtasche hervor. Es war Zeit zu zahlen. Zeit,
sich in die Dunkelheit ihres Hauses zu flüchten, in das Alleinsein mit Barney. In Pläne, Strategien, Überlegungen. In all das, was sie davon abhielt, endgültig zu begreifen und dem Schmerz wehrlos ausgeliefert zu sein.
    »Ein Bild von Alexander. Und von euch allen. Da ist so vieles ein Rätsel für mich.« Sie winkte dem Kellner. »Als erstes werde ich Alexanders Vater aufsuchen. Ich könnte auch sagen, meinen Schwiegervater , aber das klingt seltsam bei einem Mann, den ich gar nicht kenne.«
    »Du kennst ihn nicht?« fragte Leon überrascht.
    »Er war nicht bei unserer

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