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Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Titel: Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Hochzeit. Er war nicht bei der Beerdigung. Alexander sagte mir, er habe ein schwieriges Verhältnis zu seinem Vater und schon seit längerem keinen Kontakt mehr. Ich möchte wissen, was dahintersteckt.«
    Zum erstenmal war Leons Lächeln ein wenig entspannter, wenn auch keineswegs fröhlich. »Da wagst du dich ja direkt in die Höhle des Löwen. Alexanders Vater. Der alte Wilhelm Wahlberg. Will wurde er immer nur genannt, einfach nur Will. Alexander hatte zeitlebens eine Heidenangst vor ihm.«
    »Warum?«
    »Weil er so ist, wie er ist. Aufbrausend, intolerant, jähzornig. Rechthaberisch. Fordernd. Sadistisch, wenn es darum ging, andere niederzumachen. Ein Mensch, der jemanden mit bloßen Worten in den Selbstmord treiben könnte und diese Macht genießen würde. Wirklich, Jessica, du würdest nichts versäumen, wenn du ihn nicht kennenlerntest.«
    Unvermittelt stellte sie eine Frage. »Alexander litt unter schrecklichen Albträumen. Weißt du etwas über die Ursache?«
    Sein Blick verschloß sich, glitt von ihr weg.
    »Keine Ahnung«, sagte er.
     
    Zu Hause wurde sie sehnsüchtig von Barney erwartet. Sie gab seinem Drängen nach, legte ihm Halsband und Leine an und machte noch eine Runde durch die warme Nacht. Ein einziger
einsamer Jogger begegnete ihnen, sonst schien das ganze Viertel bereits zu schlafen. Sie ließ Barney schließlich von der Leine, und er rannte wie ein Verrückter zwischen den Büschen umher, hob überall sein Bein und wühlte mit der Nase im zarten, jungen Gras. Die Mainacht war voller Düfte und Versprechungen.
    Für andere. Für sie, Jessica, nicht mehr.
    Es war fast Mitternacht, als sie zurückkehrten. Leer und dunkel erwartete sie das Haus. Alexanders Haus am westlichen Stadtrand Münchens. Das Haus, in dem er mit Elena und Ricarda, später allein gewohnt hatte. Sie war zu ihm gezogen, noch vor der Heirat, aber sie hatten beide immer wieder davon gesprochen, sich etwas anderes zu suchen.
    »Ich will ganz neu anfangen mit dir«, hatte Alexander gesagt.
    Warum waren sie jetzt, am Ende, immer noch hier gewesen?
    Das Haus lag in günstiger Nähe zu ihrer Praxis, aber das allein hätte kein Grund sein sollen. Vielleicht hatten sie beide zuviel gearbeitet, um sich dem mit erheblichem Zeit- und Kraftaufwand verbundenen Projekt einer Haussuche zu widmen. Alexander hatte zwar häufig von einem Umzug geredet, nie jedoch konkrete Schritte in die Wege geleitet. Hatte er gar nicht wirklich fortgewollt? Mehr an seiner Vergangenheit gehangen, als er hatte zugeben wollen?
    Interpretiere nachträglich nicht zuviel in alles hinein, warnte sie sich selbst, während sie die Tür aufschloß, du machst dich verrückt damit. Du hast schließlich selbst auch nichts unternommen, als zu reden. Letzten Endes waren wir beide einfach zu bequem.
    Sie verbot sich die Vorstellung, wie schön es wäre, würde er jetzt im Wohnzimmer auf sie warten. Sie könnten ein Glas Wein zusammen trinken, er würde von der Uni erzählen, sie vom Praxisalltag. Er würde die Hand auf ihren Bauch legen und sich erkundigen, wie es dem Kleinen ginge.
    »Scheiße!« sagte sie laut. »Denk nicht daran! Denk, verdammt noch mal, nicht daran!«
    Sie ging ins Bad, ließ sich Wasser in die Wanne, kippte viel
Rosmarinsalz dazu. Es war fast halb eins, als sie in die behagliche, leise schwappende, gluckernde Wärme stieg. Ein Glas Wein stand auf dem Wannenrand. Sie wußte, daß sie während der Schwangerschaft keinen Alkohol trinken sollte, aber seit jenem 24. April, seitdem sie von einer Wanderung durch den lieblichen englischen Frühling zurückgekehrt war und ihr Leben in Trümmern vorgefunden hatte, konnte sie ohne ein oder zwei Gläser Wein am Abend nicht schlafen. Sie hoffte, das Baby würde nicht zuviel davon abbekommen.
    Sie wollte nicht an Stanbury denken, aber natürlich glitten ihre Gedanken wieder dorthin, während sie an die Decke über sich starrte und auf die Kacheln an der Wand, auf denen noch hier und da bunte Abziehbilder klebten, die Ricarda als kleines Mädchen dort hingepappt hatte: großäugige Bambis und dicke Fliegenpilze, krummnasige Hexen und goldhaarige Prinzessinnen, dazwischen Sterne, Sonnen, schmale Mondsicheln mit lächelnden Gesichtern. Eine romantische Märchenwelt. Kaum in Einklang zu bringen mit dem widerspenstigen, trotzigen Teenager, dem man sich heute gegenübersah.
    Ricarda. Leon. Evelin. Und sie selbst.
    Evelin hatte es getroffen, sie war in einen Verdacht geraten, der, davon war Jessica überzeugt, auch an jedem

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