Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens
Schweiß, und ich dachte, ich ersticke vor lauter Liebe und vor lauter Glück, weil ich wußte, es ist etwas geschehen, was dafür sorgt, daß wir nie wieder ganz getrennt werden können.
Das erste, was Keith sagte, als er die Augen wieder aufschlug, war: »O Gott, das hätten wir nicht tun dürfen!«
»Ich wollte es«, sagte ich, aber meine Stimme zitterte ein bißchen, weil ich auf einmal furchtbare Angst hatte, er könnte alles bereuen und ein schlechtes Gefühl haben, denn dann hätten diese Minuten ihren Zauber verloren.
»Wir haben überhaupt nicht aufgepaßt«, sagte er. »Was, wenn du nun …«
Ich begriff, weshalb er sich Sorgen machte. »Nein, das kann nicht passieren. Ich müßte morgen oder übermorgen meine Periode kriegen, und so dicht davor wird man nicht schwanger!«
Keith sah ein bißchen erleichterter aus. Er fing wieder an, meinen Bauch zu streicheln.
»Für dich war’s nicht so toll, oder?« fragte er.
»Es war das Schönste, was ich je erlebt habe«, sagte ich, und ich meinte es auch genau so.
»In Zukunft müssen wir besser aufpassen.«
»Klar.« Ich wußte zwar nicht, wie das gehen sollte, aber ich tat so, als hätte ich die Sache im Griff.
»Besser, du erzählst nichts davon zu Hause«, meinte Keith.
»Ich habe niemanden, dem ich was erzählen könnte«, sagte ich, und dann fing ich plötzlich an zu weinen, weil alles zuviel war: meine Liebe, die Schönheit dieser Nacht und die Traurigkeit, weil ich wirklich niemanden habe, dem ich etwas erzählen kann. Bis vor kurzem hätte ich immer gesagt, daß ich mit Papa über alles reden kann, aber irgend etwas ist passiert, daß das nicht mehr geht.
Das Schlimme ist, ich weiß gar nicht genau, was passiert ist, wann, warum und wie. Vielleicht hängt es mit J. zusammen. Oder mit den anderen. Aber die anderen waren schon immer da, nur J. ist neu. Trotzdem haben die anderen Mami vertrieben. Es war alles so verwirrend, und ich mußte noch mehr weinen. Keith hielt mich ganz fest im Arm und streichelte mich und murmelte etwas, das beruhigend klang, und irgendwann konnte ich aufhören zu weinen.
Ich glaube, wir sind dann beide eingeschlafen, und ich wurde wach, als Keith ziemlich laut »Oh, shit!!« rief. Er sprang vom Sofa und schlüpfte in seine Klamotten. Ich konnte ihn nur ganz schwach im Mondlicht erkennen, denn um uns herum war es dunkel, die Kerzen waren längst heruntergebrannt und erloschen.
Ich wollte wissen, was los ist, und er sagte: »Schau mal auf die Uhr!« Ich konnte aber nichts sehen, und er meinte, es sei zwei Uhr in der Nacht.
»Wir haben zu lange gepennt! Ich fahre dich jetzt gleich heim! O Gott, die werden dich ausquetschen! Du wirst alles erzählen müssen!«
Ich war etwas traurig, weil er mir so wenig vertraute.
Ich stand auf und begann mich anzuziehen. »Quatsch«, erwiderte ich, »ich sage kein Wort! Glaubst du, ich habe Lust, mich von denen für den Rest der Ferien einschließen zu lassen? Du hältst mich wirklich für ein kleines Kind!«
Er sagte, das stimme nicht, aber er war plötzlich so anders, so nervös und hektisch. Noch während wir zum Auto gingen - eigentlich
fast rannten, so eilig hatte er es plötzlich -, zündete er sich eine Zigarette an und inhalierte so tief, als müsse er sich unbedingt mit allen Mitteln beruhigen.
Es wehte immer noch ein sehr kühler Wind, aber der hatte inzwischen alle Wolken verjagt, und man konnte den Mond und die Sterne sehen. Ich fing an, mich doch wieder gut zu fühlen, obwohl Keith so komisch war; mir war auf einmal ganz beschwingt zumute, ganz leicht und verzaubert. Als wir vor dem Tor zu Stanbury House hielten, hatte sich Keith beruhigt. Es war wieder Wärme in seinen Augen, als er mich umarmte.
»Soll ich dich nicht doch bis hinauf zur Haustür fahren?« fragte er, aber ich wollte es nicht, weil die anderen bestimmt den Motor gehört hätten, und dann wären sie alle aufgewacht, und ich hätte sie am Hals gehabt. Ich sagte, mir würde schon nichts passieren auf dem kleinen Stück Weg. Wir küßten uns wieder, und ich hätte es zur Ewigkeit ausdehnen mögen, aber Keith sagte, ich solle besser gehen.
»Wir müssen deinen Vater ja nicht übermäßig provozieren«, meinte er.
Ich fragte, ob wir uns morgen - eigentlich heute - sehen würden, und er zögerte. »Ich weiß nicht … Glaubst du, du darfst überhaupt weg?«
»Ich durfte schon heute nicht weg und bin doch gegangen«, sagte ich, »Ich kümmere mich nicht darum.«
»Wir sollten den Bogen nicht
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