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Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Titel: Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Vergangenheit, mit diesem Teil von mir selbst nicht konfrontiert und auseinandergesetzt habe. Und daran werde ich mich nicht hindern lassen. Das sollten Sie verstehen.«
    »Mein lieber Mr. Bowen«, sagte Tim, »was Sie brauchen, ist wahrscheinlich einfach nur ein guter Psychoanalytiker. Ich an Ihrer Stelle würde diesen Weg ansteuern. Er ist vermutlich einfacher, schneller und wirksamer als der Weg durch sämtliche juristischen Instanzen dieses Landes, an deren Ende ohnehin ein für Sie höchst zweifelhafter Ausgang steht.«
    »Sämtliche juristischen Instanzen«, sagte Phillip langsam, »Sie sagen es. Ich werde sie durchlaufen. Es mag Jahre dauern, aber am Ende werde ich gewinnen. Auf Wiedersehen, und einen schönen Gruß noch an Mrs. Roth!« Er nickte Tim zu, drehte sich um und verließ das Haus, ging zu Fuß die Auffahrt hinunter.
    »Ein Spinner«, sagte Tim, »ein waschechter Spinner!«
    »Wer?« fragte Jessica, die gerade aus der Küche kam und sich die Hände an einem Handtuch abtrocknete. Sie hatte sich darangemacht, die Schränke auszuwischen und aufzuräumen. Die einzige Möglichkeit für sie, die Geschehnisse vom frühen Morgen auszuhalten.
    Tim wandte sich um und grinste. »Jessica! Sieh an! Du warst nicht beim Frühstück?«
    »Nein«, sagte Jessica kurz, »war ich nicht!« Rasch überlegte sie, ob es in den Ferien zuvor auch so gewesen war, daß man ständig ausgefragt wurde, wenn man irgendwo nicht erschienen war. Vielleicht war es ihr nicht aufgefallen. Vielleicht hatte sie bessere Nerven gehabt. Und bessere Laune.
    »Dieser Typ war eben hier«, sagte Tim, »dieser Phillip Bowen. Der mit dem angeblichen Erbschaftsanspruch.«
    »Vielleicht nicht angeblich. Vielleicht stimmt es ja, was er sagt!«
    Tim grinste schon wieder. Er sah an diesem Morgen aus wie ein seltsamer Guru: in weiten dunkelblauen Pumphosen, eine Art
Kittel darüber, der handgewebt schien und mit eigenartigen Ornamenten bestickt war. Seine nackten Füße steckten, wie immer in der Zeit zwischen März und Oktober, in offenen Sandalen. Zusammen mit dem krausen Bart und den etwas zu langen Haaren hätte er ein Sektenjünger auf dem Selbstfindungstrip sein können.
    Oder ein Ökobauer am Sonntag, dachte Jessica mißmutig und fragte sich nicht zum erstenmal, weshalb sie ihn eigentlich so wenig leiden konnte.
    »Das solltest du nicht Patricia hören lassen«, sagte er nun auf ihre Bemerkung. »Sie hat schon Evelin beinahe massakriert, nur weil die es gewagt hat, ihm überhaupt die Tür zu öffnen. Ihre Nerven scheinen in dieser Sache ziemlich blank zu liegen.«
    »Er hat einige Informationen über den verstorbenen Kevin McGowan«, sagte Jessica, »ziemlich intime Kenntnisse, würde ich sagen.«
    Tim musterte sie aus zusammengekniffenen Augen. »He! Woher weißt du denn das?«
    Jessica hatte beschlossen, sich nicht länger wie ein kleines Mädchen zu fühlen, das ein Treffen mit einer ungeliebten Person unbedingt verheimlichen muß.
    »Ich traf ihn gestern beim Spaziergang. Er hat mir eine Menge erzählt.«
    »Patricia hat jeden von uns darauf eingeschworen, mit Bowen kein Wort zu wechseln.«
    »Patricia mag die Eigentümerin von Stanbury sein«, sagte Jessica, »aber deswegen kann sie niemandem Vorschriften machen über den Umgang, den er pflegt. Jedenfalls mir nicht.«
    Tim betrachtete sie nun, als habe er einen interessanten psychologischen Fall vor sich. Sein Therapeutenblick.
    Das ist es, weshalb ich ihn nicht leiden kann, dachte Jessica und wußte zugleich, daß es nicht nur das war. Da ging etwas tiefer. Doch noch konnte sie es nicht sehen.
    »Wie Elena«, murmelte er, »absolut wie Elena!«

    Elenas Namen mochte sie an diesem Morgen am wenigsten hören.
    »Ach, fang doch nicht schon wieder damit an!« sagte sie unwirsch und schickte sich an, in die Küche zurückzukehren.
    »Moment!« rief Tim. Er trat näher an sie heran, senkte die Stimme. »Du solltest solche Treffen wirklich für dich behalten, Jessica. Niemand möchte die Ferien verdorben haben, verstehst du?«
    Sie öffnete den Mund, aber ehe sie etwas erwidern konnte, fuhr er schon fort: »Und laß dir von Bowen nichts weismachen! Kevin McGowan war tatsächlich eine in England sehr bekannte Persönlichkeit. Ich glaube, für einige seiner politischen Dokumentationen hat er sogar recht bedeutende Ehrungen und Auszeichnungen erhalten. Es gibt jede Menge Archivmaterial über ihn. Wenn Bowen nur ein bißchen Zeit und Fleiß investiert hat, dürfte er an eine Menge Informationen gelangt

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