Am Ende des Winters
viel zu umfangreich, als daß er sie hätte bewegen können, aber viele schleppten sie zur Siedlung zurück, wo man ihm einen abgeschirmten Lagerraum für sie im Tempel einrichtete. Der füllte sich sehr rasch mit merkwürdigen blitzenden Geräten, deren Funktion und Zweck rätselhaft waren. Hresh untersuchte sie mit behutsamer Vorsicht. Solche Objekte zu entdecken, das war eine Leistung, aber zu bestimmen, wie man sie benutzen könnte, war etwas ganz anderes. Das war eine langwierige, eine schwierige und eine frustrierende Aufgabe und Arbeit.
Um Hresh formte sich eine Gruppe, die im Volk als »die Sucher« bekannt wurde und die ihm bei seinen Forschungs- und Erkundungsaufgaben helfen sollte.
Anfangs waren die Sucher nichts weiter als die Handvoll Leibwächter – Konya, Haniman, Orbin –, die regulär mit ihm zu seinem Schutz auszogen, wenn er die Stadt durchstreifte. Zu Beginn hatte Hresh sie als ein notwendiges Übel angesehen, als bloße Speerfuchtler. Doch es dauerte nicht lang, und sie kannten die Stadt beinahe ebenso gut wie er selber. Zwar versuchte er seine kartographischen Erkenntnisse für sich zu behalten, aber es war ganz unmöglich zu verhindern, daß auch die anderen sich allmählich in der Stadt zurechtzufinden lernten. Und inzwischen starteten sie sogar bereits eigene Expeditionen ohne ihn. Es entwickelte sich geradezu zu einer Art Prioritätenwettstreit und Rangelei, sobald es Hreshs Beschützern in die Schädel gedrungen war, wie enorm dessen Renommee gestiegen war, weil er dermaßen oft ‚draußen in der Stadtwildnis’ auf Expedition gewesen war. Und ab und zu brachten die Burschen dann ja auch irgendein kleines glitzerndes Wunderding aus der Ur-Vorzeit zutage, das sie unter einer umgestürzten Säule hervorgezerrt oder aus einem Wust von Schutt aus einem Untergeschoß herausgebuddelt hatten.
Hresh erhob bei Koshmar gegen diese Praktiken Protest. »Sie haben doch keine Ahnung«, sagte er. »Sie beschädigen möglicherweise die Dinge, die sie finden, wenn ich nicht da bin und die Arbeiten beaufsichtige.«
»Aber sie werden mit der Zeit einen Begriff bekommen«, antwortete Koshmar, »wenn sie erst einmal anfingen, ihren Verstand zu benutzen. Und sie können auch lernen, behutsam mit ihren Funden umzugehen. Diese Stadt ist dermaßen groß, daß wir alle Sucher einsetzen müssen, die wir dazu abstellen können.« Und nach einer Pause setzte Koshmar hinzu: »Sie brauchen einfach das Gefühl, Hresh, daß sie was Wichtiges tun. Sonst fangen sie an, sich zu langweilen, und werden unruhig, und das brächte uns alle in Gefahr. Ich sage, wir lassen sie ruhig herumstromern, wo sie wollen.«
Hresh mußte sich fügen. Er wußte, wann er sich davor hüten mußte, die Entscheidungen des Häuptlings anzuzweifeln.
Im Laufe der Zeit nahm die Zahl der Sucher zu. Die von Neugier auf die Wunder der Stadt Gepackten waren viele.
An einem Tag, als er gerade mit Orbin die reichen Fundstellen im Yissou-Tramassilu-Bezirk bearbeitete, stieß Hresh auf ein rätselhaftes kleines Behältnis, das mit raffiniert verschlungenen Ketten gesichert war. Er versuchte es zu öffnen, doch die Verkettung war zu schwierig und zu verschlungen, als daß seine oder Orbins plumpe Mannsfigur sie hätte lösen können. Nein, hier waren die Hände einer Frau, zartere und für solches Werk geeignetere Hände nötig.
Er brachte das Behältnis in die Siedlung zurück und übergab es Taniane, auf daß sie sich damit befasse. Ihre Finger flogen wie wirbelnde Sicheln, und Minuten später hatte sie den Behälter aus der Umhüllung gelöst. Im Innern war nichts weiter als die vertrockneten Knochen eines kleinen Tieres, steinhart, und ein Häuflein grauen Pulvers, das möglicherweise Asche war.
Taniane begab sich zu Koshmar und ersuchte um die Erlaubnis, sich den Suchern anschließen zu dürfen. »Vielleicht finden sie viele Sachen wie diese kleine Kästchen«, sagte sie. »Und sie zerstören sie – oder werfen sie einfach weg. Meine Augen sind schärfer als ihre, und meine Finger sind viel geschickter. Schließlich, alles in allem, sind sie ja bloß Männer.«
»In dem, was du sagst, steckt Sinn«, antwortete Koshmar.
Und sie befahl Hresh, auf seine nächste Expedition Taniane mitzunehmen. Er akzeptierte das mit sehr gemischten Gefühlen. Taniane war in letzter Zeit gewachsen, und sie war seidenglatt und scharfsinnig geworden und hatte ihn auf eine seltsame und beunruhigende Art zu bezaubern begonnen, die er kaum begriff. Wenn sie in
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