Am Ende des Winters
der Erde. Ich war nicht sicher, woher. Und ein bedrohliches Gefühl – wie von einer Gefahr.«
»Ich hab aber nichts gemerkt, Salaman.«
Wieder berührte er ihr Sensororgan mit dem seinen.
»Nun? Spürst du…?«
»Still, Weiawala!«
»Ich muß doch sehr bitten!«
»Bitte! Stör jetzt nicht und laß mich hören!«
Sie verzog beleidigt das Gesicht und nickte kurz. In der endlich eingetretenen Stille lauschte er erneut, zapfte die Energien ihres Sensororgans an, um die Reichweite und Empfindlichkeit seines eigenen zu verstärken.
Donner in den Hügeln im Süden? Aber der Tag war doch hell und klar.
Trommeln?
Tierhufe auf der Erde? Eine gewaltige dahinziehende Herde?
Es war alles zu schwach und undeutlich. Er fing nur einen Hauch auf, ganz schwach, eine zarte Vibration, eine Empfindung, daß etwas nicht in Ordnung sei. Vielleicht würde er über sein Zweites Gesicht mehr herausfinden. Doch Weiawala begann die Geduld zu verlieren. Ihr Sensororgan glitt an dem seinen auf und ab und überlagerte seine Wahrnehmungen mit ihrem wildflutenden dumpfen Verlangen. Vielleicht bilde ich mir das Ganze ja nur ein, dachte er. Vielleicht fange ich nichts weiter auf als Ameisen, die durch einen unterirdischen Tunnel in der Nähe marschieren. Und er verdrängte die Sache aus seinem Kopf.
In diesem Augenblick, in dem Weiawala sich heiß und bebend an ihn schmiegte, konnte er unmöglich sich irgendwelchen Besorgnissen wegen eines fernen Donners an einem hellen Sonnentag oder wegen des eingebildeten Trommelns ferner Hufe hingeben. Tvinnern, jedes, sogar dieses lauwarme mit der breiseeligen Weiawala, war etwas Unwiderstehliches. Er wandte sich ihr zu. Nebeneinander sanken sie zur Erde. Seine Arme umschlangen sie, die Sensororgane stießen zueinander, und ihr Bewußtsein strömte in die Vereinigung hinüber.
Torlyri entdeckte Hresh in seinem Gemach im Tempel, wo er über den Chronikbänden brütete. Sie gab ein warnendes Hüsteln von sich, als sie eintrat – man drang nicht überraschend bei dem Chronisten ein, wenn er die Heiligen Bücher aus der Lade genommen hatte –, und er blickte beinahe schuldbewußt zu ihr hin und verdeckte in merkwürdiger Hast das Buch. Wie wenn ich mir anmaßen möchte, den Geheimnissen des Chronisten nachzuspionieren! dachte Torlyri. »Was gibt es?« fragte er scharf.
»Störe ich dich? Ich kann später wiederkommen.«
»Ich habe nur gerade ein paar unbedeutende historische Einzelheiten eingetragen«, sagte Hresh. »Nichts von Bedeutung.« Seine Stimme klang leicht, übertrieben beiläufig. »Also, was kann ich für dich tun, Torlyri?«
»Also ja.« Sie trat ein paar Schritte näher zu ihm hin. »Lehre mich die Worte, die das Helmvolk spricht. Zeig mir, wie man mit den Beng redet.«
Seine Augen wurden groß. »Ach! Aber sicher.«
»Willst du das tun?«
»Ja«, sagte Hresh. »Ja, das will ich, Torlyri. Gewiß. Nur laß mich erst noch ein paar Wochen länger…«
»Jetzt!« sagte sie.
»Ach«, sagte er noch einmal, als hätte sie ihm einen Stoß unter das Herz versetzt, und bedachte sie mit einem derart bestürzten Blick, daß sie lächeln mußte.
Torlyri erteilte in der Regel keine Befehle, darum hatte ihn offenbar ihr frischer Ton überrascht. Sie stand da und betrachtete ihn ernst und fest und war nicht bereit, ein Quentchen ihres so plötzlich errungenen Vorteils wieder preiszugeben. Hresh schaute unbehaglich drein und schien seine Antwort mit bei ihm ungewohnter Sorgfalt zu erwägen, als sondere er erst diese Möglichkeit aus, dann jene. Und sie betrachtete ihn weiter mit untypischer Festigkeit, stand sehr dicht neben ihm, so daß er sich ihrer ganzen Größe und Kraft sinnlich bewußt wurde.
Schließlich sagte er ein wenig bedrückt: »Also schön. Ich denke, ich beherrsche die Sprache inzwischen soweit. Vielleicht kann ich sie dir auf vernünftige Art übertragen. Ja. Ja, ich glaube, ich werde es können.«
»Jetzt?«
»Du meinst, jetzt, in diesem Augenblick?«
»Ja«, sagte sie. »Es sei denn, du hast gerade vordringliche Pflichten.«
Auch darüber dachte er lange nach. Dann sagte er nach einer ausgedehnten Pause: »Nein. Wir können es jetzt tun, Torlyri.«
»Ich bin dir sehr dankbar. Wird es lang dauern?«
»Nein. Nicht lange.«
»Sehr gut. Sollen wir es hier drin tun?«
»Nein«, sagte Hresh. »In deiner Tvinnr-Kammer.«
»Was?«
»Wir werden es beim Tvinnern tun. Das ist die schnellste Methode. Und die beste, meinst du nicht?«
Und nun war Torlyri an der Reihe,
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