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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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leben und zu sterben… wie alle anderen auch, die seit dem Beginn des Langen Winters gelebt hatten, ohne jemals einen flüchtigen Blick auf die Welt der Wunder außerhalb der Nesttür werfen zu dürfen, es sei denn jene überaus kurzen Blicke, wie sie ihm für den Tag seiner Namensgebung und später für seinen Tvinnr-Tag versprochen waren. Ihm war es im Kokon zum Ersticken eng geworden. Jedoch auch wenn er das Dasein im Kokon haßte, so schien es doch für ihn kein Entkommen aus ihm zu geben… Und doch waren sie draußen jetzt, jenseits der abschottenden Kokontür.
    Haniman sagte: »Also, mir gefällt das gar nicht. Ich wollte, wir wären noch drin und daheim.«
    »Typisch für dich«, sagte Hresh verachtungsvoll.
    »Bloß Verrückte, so wie du einer bist, können so was mögen, wie das hier draußen.«
    »Genau«, sagte Hresh. »Genau das ist es. Und jetzt geht mein Wunsch in Erfüllung.«
    Er hatte aber von dem alten Thaggoran die Namen sämtlicher verlorener Städte gelernt: Valirian, Thisthissima, Vengiboneeza und Tham; Mikkomord, Bannigard, Steenizale und Glorm. Wundererfüllte Namen! Aber was genau war eigentlich eine ‚Stadt’? Zahlreiche nebeneinanderliegende Kokons? Und die Dinge der Natur hier draußen: Flüsse, Berge, Meere, Bäume. Er hatte die Namen gehört, aber was verkörperten sie in Wirklichkeit? Den Himmel zu schauen – nichts weiter als nur den Himmel –, war er denn nicht bereit gewesen, nein hatte er nicht fast sein Leben dafür preisgegeben, damals, als er an jenem Tag an der freundlichen Opferfrau vorbei aus der Luke geschlüpft war? Er hatte doch wirklich beinahe sein Leben dafür aufs Spiel gesetzt. Aber würde Koshmar ihn wirklich aus dem Kokon verstoßen haben, wenn nicht gerade in diesem Augenblick der Träumeträumer erwacht wäre? Wahrscheinlich schon. Koshmar war eine harte Person. Häuptlinge mußten so sein. Ein, zwei Augenblicke später hätte er sich ohne den plötzlichen Ausbruch des Träumeträumers draußen befunden, jawohl, und die Lukentür wäre auf ewig hinter ihm zugefallen. Das war eine knappe Sache gewesen, sehr knapp eigentlich. Und einzig sein Glück hatte ihn gerettet.
    Hresh war schon immer überzeugt gewesen, daß er von außergewöhnlichem Glück begünstigt sei. Zwar sprach er zu keinem darüber, aber er glaubte, daß er unter dem speziellen Schutz der Götter stehe, aller Götter, nicht bloß Yissous, der ja schließlich jedermann schützte, oder Mueris, der Instanz für die Sorgenvollen und Beladenen; auch Emakkis beschützte ihn und Friit und Dawinno, jene etwas ferneren Gottheiten, die für die komplizierteren, verzwickteren Weltumstände zuständig waren. Ganz besonders aber glaubte Hresh, daß Dawinno ihn in seinen Alltagsgeschicken lenke und leite. Gewiß, es war Dawinno-der-Vernichter gewesen, der die Todessterne auf die Welt herabgeschleudert hatte, aber doch keineswegs in übler Absicht, nein – nein. Er hatte diese Sterne geschickt, weil sie kommen mußten.
     Es war an der Zeit, also mußten sie kommen. Und jetzt würde die Welt erneut in Besitz genommen werden und besiedelt, und Hresh glaubte, daß ihm dabei eine bedeutende Rolle zugedacht sein werde; also würde er den Auftrag erfüllen den Dawinno für ihn ganz besonders ausgewählt hatte. Der Zerstörer war der Schützer und Wächter des Lebens, und keineswegs der Feind des Lebens, wie naivere Gemüter dies glaubten. All dies hatte Thaggoran Hresh gelehrt. Und Thaggoran war der weiseste der Männer, die jemals gelebt hatten.
    Allerdings hatte Hresh damals, an jenem Tag, als er versucht hatte, hinauszugehen, wirklich beinahe den Eindruck gehabt, als habe ihn sein Glück verlassen. Und wenn sie ihn aus dem Kokon in die Draußenwelt verstoßen hätten, die zu sehen ihn dermaßen brennend verlangte – und das hätten sie bestimmt getan, Torlyri hin oder her, dessen war er sich ganz sicher, denn das Gesetz war das Gesetz und Koshmar war eine eiserne Führerin –, was wäre dann aus ihm geworden? Sobald er erst einmal ‚draußen’ war, vermutete Hresh, konnte er wohl kaum, auf sich allein gestellt, einen halben Tag lang überleben. Nun, möglicherweise einen Dreivierteltag, sofern sein Gottesglück durchhielt. Aber keiner hatte so unverschämt viel Glück, daß er in der Draußenwelt allein lange überleben konnte. Nein, ihn hatte nur Torlyris rascher Einfall gerettet – und die gnädige Laune Koshmars.
    Seine Spielgefährten hatten ihn verspottet, als ihnen bekannt geworden war, was er getan

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