Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
Vom Netzwerk:
ist ein Traumtyp, wie Paul Newman: strahlend blaue Augen und Haare wie von der Sonne geküsst. Wenn er in meiner Nähe ist, bin ich ein Wrack. Mein Herz schlägt wie eine Trommel. Aber er passt überhaupt nicht zu uns. Mummy würde einen Anfall kriegen, wenn sie ihn kennenlernte, und Daddy würde die Schrotflinte laden, von der er immer redet. Aber ich kann mich einfach nicht von ihm fernhalten. Er macht den Garten oben am College, und wenn wir Maschineschreiben haben, haue ich immer ab und treffe mich mit ihm, denn ich schreibe sowieso schon hundertzwanzig Wörter pro Minute. Wenn er mich küsst, bin ich zu allem fähig.« Ihr Gesicht ist rot. Sie dreht sich um und sieht mich an. »Tatsächlich habe ich auch schon ungefähr alles mit ihm getan.«
    Sie grinst, und ich glotze sie an. »Du meinst, du hast es getan? Du hast es tatsächlich getan? Mit einem Gärtner? O mein Gott, Rachel. O mein Gott. Du hast recht mit der Schrotflinte. Daddy darf das nie erfahren.«
    Rachel scheint ihre Geschichte gut zu gefallen. »Das ist noch nicht alles. Er hat gefragt, ob ich ihn heiraten will.«
    »Aber Rachel, du bist erst achtzehn.«
    »Mein Gott, Mary, ich werde ihn ja nicht wirklich heiraten. Er ist ein Gärtner, Himmel noch mal. Er mag ein griechischer Gott sein, aber er ist kein Versorger. Mummy würde sich nie davon erholen, und ich will nicht diejenige sein, die sie endgültig überschnappen lässt – nein danke. Ich muss mir nur überlegen, wie ich ihn behutsam abwimmeln kann. Und ich bin noch nicht ganz so weit, dass ich Schluss mit ihm machen will. Mary, wenn du ihn bloß sehen könntest! Es ist Wollust, schlicht und einfach. Manchmal starre ich aus dem Fenster, wenn Mrs Fanshaw über Grußformeln und Interpunktion labert, und dann sehe ich ihn weit draußen, wie er eine Schubkarre schiebt oder sich bückt, um Unkraut zu jäten, und ich schwöre dir, dann fangen meine Schenkel an zu kribbeln, wie sie es tun, wenn er seine rauen Finger unter meinen Rock schiebt.«
    »Rachel! Das hast du ihm nicht erlaubt! Du lügst. Oder du bist ein Flittchen.«
    Sie lehnt sich zurück und inspiziert ihren Busen. Sie zieht den Saum ihrer Bluse herunter, sodass sie sich über ihre schlanke Gestalt spannt. »Dann muss ich wohl ein Flittchen sein.« Zufrieden lächelt sie auf das Meer hinaus. »Mir wird schon etwas einfallen«, sagt sie nachdenklich. »Die Sekretärinnenschule ist in ein paar Monaten vorbei, und ich werde die Zeit bis dahin ausnutzen. Und im Juli heißt es dann: Au revoir, Gärtner Darren.«
    Rachel schließt die Augen und streckt die langen Arme hinter dem Kopf nach oben. Sie ist eine geschmeidige Seeschlange. Sie könnte sich über die nassen Kieselsteine schlängeln und in die Wellen gleiten. Sie ist das Schönste, das ich je gesehen habe.
    »Deine Zeit wird kommen, Mary«, sagt sie. »Wenn du erst die unabweisbare Macht körperlicher Leidenschaft gespürt hast, wirst du mich verstehen.«

 
    Mary,
    Dezember 1966
    Als ich ihn das erste Mal sehe, steht er am Küchenfenster im Studentenwohnheim, und ich weiß, er wird meine eine große Liebe sein. Ich möchte ihn nach seinem Nachnamen fragen, damit ich weiß, ob der zu mir passt. Irgendwie erkenne ich seine ruhigen braunen Augen, sein gelassenes Lächeln, seine breiten Hände mit den tief eingekerbten Nagelbetten. Er wechselt eine zerbrochene Fensterscheibe aus, und das hohe Fenster umrahmt ihn. Ein Maßband in der sonnenbraunen Faust, einen Bleistift zwischen den Zähnen, schaut er auf mich herunter. Die tiefrote Sonne durchflutet die Gebäude jenseits der Fenster und umstrahlt seine dunkle Silhouette.
    »Oh!« Das ist alles, was ich sagen kann, als er auf mich herabschaut, fast ohne sich zu bewegen.
    »Milch und ein Stück Zucker«, sagt er und fängt langsam an zu lächeln. Er wendet sich wieder dem Fenster zu und drückt Kitt in den Holzrahmen.
    Ich lasse Wasser in den Kessel laufen und stelle ihn auf den Herd. Dabei schaue ich verstohlen zu seinem Profil hinauf. Er arbeitet ruhig und sicher.
    »Ich stelle den Tee an die Seite«, sage ich und trödle in der Küchentür herum.
    »Danke, Süße«, ruft er über die Schulter, und ich gehe leise hinaus. Ich will wegrennen und sehne mich danach zu bleiben.
    Hier in der Frith Street funkeln die weihnachtlichen Lichter im Dunst des Dezemberabends. Wenn ich die Augen zusammenkneife, verschwimmen die Passanten zu hübschen Klecksen wie Ölfarbe auf einer Leinwand. Farbe und ein schlenkernder Arm. Um Punkt halb acht bin ich an

Weitere Kostenlose Bücher