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Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
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Samstagsrituals, wie die Pferdewetten, zwei Pints im Royal Oak und der Nachmittag mit mir und Andy. Und der Mars-Riegel – er kauft samstags fast immer einen Mars-Riegel für jeden von uns.
    »Wie war der Elternabend, Jake?« Seine Finger fummeln an einer abgegriffenen Ecke des Briefes herum. Die Ränder sind verwaschen blau gefärbt, weil er den Brief hinten in der Tasche seiner neuen Jeans hatte. »Jakey? Hörst du mir zu? Ich hab gefragt, wie der Elternabend war.«
    Das war nur eins von den Dingen, die er nicht zu wissen brauchte, fand ich. Manchmal vermeidet man eine Menge Nervkram, wenn man einfach den Mund hält. Ich will einen Schluck Tee trinken, aber er ist zu heiß.
    »Tut mir leid, Dad«, sage ich. Ich möchte ihn nicht ansehen, denn ich weiß, er ist enttäuscht. Er sagt nichts, und ich sage noch mal: »Tut mir leid, Dad«, und dann fängt mein blödes Gesicht an zu plärren, und aus meiner Nase blubbert der Rotz. Ich kann einfach nicht aufhören, ich heule wie ein blödes Baby. Bäh, rabäh, wie ein blödes Baby. Dabei sollte ich damit eigentlich klarkommen. Ist doch bloß ein blöder Elternabend.
    »Jakey, Junge – komm her, Sohnemann.« Dad kommt um den Tisch herum und zieht mich an sich, als wäre ich wieder ganz klein, und ich will nur noch dableiben.
    »Ich hab sie nicht aus dem Bett gekriegt, Dad!« Ich schreie fast, und ich muss mich bremsen. »Ich hab’s versucht und versucht, aber dann war es nach halb sechs und zu spät, um dich noch anzurufen. Ich dachte, wenn wir einfach nicht hingehen, merken sie es vielleicht gar nicht, und so sind wir nicht hingegangen. Tut mir leid, Dad. Ich geb dir deine 10 Pence wieder – ich hab sie noch oben in der Tasche.« Ich wische mir über das verheulte Gesicht und hänge es in den Tee, der jetzt fast trinkbar ist. Dad streicht mir das Haar zur Seite, und es ist mir peinlich, dass er mich weinen sieht. Der zusammengefaltete Brief liegt auf dem Tisch. Ich zeige mit dem Kopf darauf. »Was steht denn drin? In dem Brief?«
    Dad setzt sich wieder auf seinen Stuhl. »Nicht viel, Junge. Sie wollen mich nur sprechen. Sie haben sich ein bisschen Sorgen gemacht, weil deine Mum nicht aufgetaucht ist, und sie wissen, dass wir nicht mehr zusammen sind. Das ist alles, Jake. Kein Grund, dir Sorgen zu machen.« Er sieht mich lange und eindringlich an. »Jakey – wir müssen einfach durchhalten, Sohnemann. Keiner von uns will, dass die Wichtigtuer von der Schule bei uns herumschnüffeln, oder? Wir tun einfach unser Bestes, hm? Ruf mich nächstes Mal an. Das ist alles.«
    Die Treppe knarrt, und Dad ruft: »Andy, mein Alter! Wie geht’s meinem kleinen Mann?«
    Andy kommt die Treppe heruntergeschlurft. Sein Pyjama ist verdreht, und seine Haare stehen an einer Seite ab. Er reibt sich die Augen und gähnt, als Dad ihm durch das Haar fährt, und ich verschwinde, um mir das Gesicht zu waschen. Dass ich geheult habe, braucht Andy nicht zu sehen.
    »Jake!«, ruft Dad zu mir herauf. »Du kannst dich auch gleich anziehen – wir gehen sofort los, wenn’s euch recht ist. Wir brauchen nicht zu warten, bis eure Mum aufwacht. Wir legen ihr einen Zettel hin.«
    Das wären zwei Stunden mehr als sonst mit Dad. Ein echter Bonus! Ich sehe mein dürres Spiegelbild im Bad, und mein Gesicht fängt an zu lächeln. Sogar das miese Gefühl in mir drin fängt an zu schrumpfen.
    »Dad?«, schreie ich die Treppe hinunter. »Ich hab dich lieb, Dad.»
    »Was ist?«, ruft er zurück.
    »Deine neue Jeans gefällt mir«, sage ich.
    Er antwortet erst nach einer kurzen Pause. »Okay, Jakey. Weck deine Mum nicht auf, Herrgott noch mal.«
    Ich kann nicht aufhören zu grinsen und ziehe meine Jeans und Turnschuhe an, bevor ich die Treppe hinunterflitze, immer zwei Stufen auf einmal. Unter meinem Pullover trage ich immer noch die Pyjamajacke. Ich lasse rasch Wasser in den Kessel laufen und stelle einen Becher mit einem Teebeutel und einem sauberen Löffel neben Dads Zettel. Andy und ich schnappen unsere Parkas, und leise machen wir die Haustür hinter uns zu.
    Wir gehen die Straße hinunter, Dad in der Mitte, und er hat die Hände in den Hosentaschen und bemüht sich, nicht zu zittern.
    »Ich dachte, ihr könntet mir helfen, ein Bäumchen für die Wohnung auszusuchen«, sagt er. »Damit es ein bisschen freundlicher aussieht. Nur noch drei Wochen, wisst ihr. Hey, Jungs!« Dann kommt seine alte Slade-Imitation. » It’s Christmas! Und, wart ihr denn auch brave kleine Jungs, wenn Santa euch fragt? Eh? Eh?« Und er

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