Am Ende siegt die Liebe
gefunden hat. Doch seit dieser Zeit hält sich hartnäckig das Gerücht, daß hier ein Schatz vergraben sei.«
Die Eingangstür der Mühle war verrammelt worden, und auch vor ihre Fenster hatte man dicke Balken genagelt, damit kein U nbefugter eindringen konnte. Der ganze Bau wirkte trotz seines offensichtlichen Verfalls wie eine Trutzburg. Daniela erzählte ihrem Begleiter, daß Josef Althof das Mauerwerk hatte verstärken lassen und daß es auch unterirdische Gewölbe gab, in denen Weinfässer gelagert worden waren.
»Und wer weiß, was noch«, scherzte der junge Mann.
»Ja, es könnte durchaus sein, daß sich hier einiges im Verborgenen abgespielt hat«, bestätigte sie.
Rainer wartete einen günstigen Augenblick ab, bevor er Stefan zuflüsterte, daß er wußte, wie man in die Mühle eindringen kon nte. »Unterhalb des Wasserrades gibt es einen Mauerdurchbruch. Man kann ihn nur nicht auf den ersten Blick sehen, weil ein Haselnußstrauch davor wächst.«
»Du weißt, wie gefährlich es ist, in die Mühle einzudringen«, mahnte Stefan besorgt.
»Ja.« Rainer nickte. »Aber stellen Sie sich vor, wenn ich den Schatz finden würde. Wäre das...«
»Was nützt dir der schönste Schatz, wenn du von einer einstü rzenden Mauer erschlagen wirst«, mahnte der Lehrer. »Also laß es bitte. Glaub mir, es bringt nichts, sein Leben so sinnlos zu riskieren.« Er umfaßte Rainers Schultern. »Versprichst du es mir?«
»Ich kann es nicht versprechen«, sagte Rainer und rannte davon.
»Was hat er denn?« fragte Daniela, die nur zum Wagen zurückgekehrt war, um ihren Fotoapparat zu holen. »Kommen Sie, ich mache eine Aufnahme von Ihnen, damit Sie Ihren Freunden in Köln beweisen können, daß Sie weder Tod noch Teufel fürchten und auch bei der Althof- Mühle gewesen sind.«
»Ich dachte, es würde nur um Mitternacht spuken«, scherzte Stefan. »Rainer! - Rainer, komm, du mußt uns fotografieren.« »Uns?« Daniela hob die Augenbrauen.
»Ja, wenn schon, dann möchte ich mit Ihnen zusammen auf dem Foto sein«, antwortete der Lehrer. »Dabei fällt mir ein, haben Sie morgen abend schon etwas vor? Ich würde Sie gern zum Essen einladen.«
»Ich wollte das Sinfoniekonzert im Schloß besuchen«, sagte Daniela. »Es beginnt um acht.«
»Fein! Ich hole Sie gegen sechs Uhr ab, wir gehen essen und anschließend zum Konzert. Hoffentlich gibt es noch Karten.«
»Mein Vater kennt den Manager des Seehotels gut. Er kann uns bestimmt noch eine besorgen.«
Rainer kam zurück. Er griff nach dem Fotoapparat. »Wie kann man nur ein Sinfoniekonzert besuchen?« fragte er und rümpfte die Nase. »Also, ich bin mehr für die Kellys. Hoffentlich kommen sie bald mal nach Tegernsee.«
»Sie sollten sein Zimmer sehen. Es ist von oben bis unten mit Postern der Kelly- Family tapeziert«, verriet Daniela.
»Ich schwärmte in seinem Alter für die Bee Gees«, sagte Stefan.
»Oh, ich höre sie noch heute gern«, erwiderte Dani ela.
»Sieht aus, als hätten wir sehr viel gemeinsam.« Stefan legte spontan den Arm um ihre Schultern. Zum ersten Mal, seit ihm sein Hausarzt gesagt hatte, daß er an Multipler Sklerose litt, fühlte er sich wieder frei und unbeschwert.
* * *
Tina Martens verstaute ihre Einkäufe im Wagen und fuhr weiter nach Bad Wiessee, um ihren Freund von der Arbeit abzuholen. Es war Samstag und sie wollte ihm vorschlagen, miteinander essen zu gehen und dabei über ihre Probleme zu reden. So ging es jedenfalls nicht weiter. Markus tat, als sei zwischen ihnen alles in Ordnung. Er konnte oder wollte nicht verstehen, wie sehr er ihr mit seinen Lügen wehgetan hatte.
Die junge Frau stellte ihren Wagen auf der Straße vor der Werkstatt ab. »Hallo, Thomas!« rief sie einem jungen Burschen zu, der dabei war, einen schwarzen Mercedes zu polieren. »Wo steckt Ma rkus?«
»Markus?« Thomas wischte sich die Hände ab und kam auf sie zu. »Wieso?«
Dumme Frage, dachte Tina. »Ich will ihn abholen«, sagte sie. Der junge Mann nagte an seiner Unterlippe, schließlich gab er sich einen Ruck. »Tut mir leid, Tina, Markus ist heute nicht da. Er hat sich freigenommen.«
»Freigenommen«, wiederholte sie fassungslos und spürte, wie sie von einer beinahe tödlichen Kälte ergriffen wurde. »Weshalb? - Er hat kein Wort davon g esagt.«
Wieder zauderte Thomas, dann erwiderte er: »Es geht mich zwar nichts an, aber ich finde es nicht richtig, was er tut. Es ist verdammt unfair dir g egenüber.«
»Was ist mir gegenüber unfair?« fragte Tina
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