Am Ende siegt die Liebe
Schumann hatte es auf Anhieb geschafft, ihm wieder Mut zu machen.
* ** *
Daniela Flechner staubte gerade liebevoll ein antikes Schränkchcn ab, als Stefan Eschen das Geschäft betrat. »Guten Tag!« rief er ihr zu. »Störe ich?«
»Gewiß nicht«, erwiderte die junge Frau und gestand sich ein, daß sie sich freute, ihn zu sehen. »Schön, daß Sie mal vorbe ikommen.« Sie legte das Staubtuch in ein Fach unterhalb des Tresens. »Möchten Sie sich etwas umschauen?«
»Ja.« Er nickte. »Allerdings weiß ich noch nicht, ob ich heute schon etwas kaufen werde. Ich bin ja noch einige Zeit in Teger nsee.«
»Sie sind auch willkommen, wenn Sie nichts kaufen, Herr Eschen«, meinte Daniela. »Wenn Sie möchten, führe ich Sie ein bißchen herum. Vielleicht interessiert es Sie, die Werkstatt meines Vaters zu sehen. Er arbeitet zur Zeit an einer Wiege aus dem sie bzehnten Jahrhundert.«
»Das würde mich sogar sehr interessieren«, erwiderte Stefan. »Können Sie das Geschäft so einfach allein la ssen?«
»Kein Problem.« Daniela trat vor die Tür und wies zu der gr oßen Klingel, die seitlich angebracht war. »Sie ist auf dem ganzen Hof zu hören.«
»Gut, dann nehme ich gern Ihre Zeit etwas in Anspruch.« St efan wartete, bis sie die Tür abgeschlossen hatte. »Betreibt Ihre Familie nebenher auch noch Landwirtschaft?« erkundigte er sich.
»Nein.« Daniela schüttelte den Kopf. »Schon mein Großvater hatte die Landwirtschaft aufgegeben und sich auf den Verkauf von Antiquitäten spezialisiert. Er hatte im Krieg beide Beine verloren. Seine verwitwete Mutter und seine Frau versuchten, den Hof zu halten. Es gelang ihnen nicht. Also verpachtete er die Felder und ließ die Scheune umbauen. Er besaß großes handwerkliches G eschick. Innerhalb kurzer Zeit hatte er sich als Restaurator von alten Möbeln einen Namen gemacht.«
Sie gingen quer über den Hof zu den ehemaligen Stallungen. Noch bevor sie die Schreinerwerkstatt betreten hatten, roch Stefan den unverwechselbaren Geruch aus Holz, Leim, Terpentin und Politur.
Daniela führte ihn in das Lager, in dem die Möbel, die restauriert werden mußten, untergestellt waren. Es gab einige wunderschöne Stücke darunter, aber auch vieles, was der junge Lehrer auf den ersten Blick als Sperrmüll bezeichnet hätte.
»Sagen Sie die Wahrheit, Herr Eschen«, meinte die junge Frau amüsiert, als sie seinen skeptischen Blick bemerkte. »Sie sind überzeugt, sich auf einem Schrot tplatz zu befinden.«
»Um ehrlich zu sein, ja«, gab Stefan widerstrebend zu.
»Den meisten Leuten geht es so, wenn ich sie in die Werkstatt führe«, gestand Daniela. »Es fällt ihnen schwer, sich vorzustellen, wie mein Vater aus Möbeln, die woanders tatsächlich im Sperrmüll landen würden, noch etwas machen kann.« Sie legte die Hand auf eine Vitrine, die aussah, als hätte sie jahrhundertelang in einem feuchten Keller gestanden. »Vorgestern haben wir ein Schränkchen verkauft, das, bis sich mein Vater seiner angenommen hatte, noch schlimmer aussah.«
»Aber wie kann man so etwas wieder richten?«
»Mit zwei geschickten Händen, Beize, Farbe und Lack«, ertönte hinter ihnen die Stimme von Jochen Flechner.
Sie wandten sich um, und Daniela machte Stefan mit ihrem Vater bekannt.
»Freut mich, daß Sie sich hier etwas umsehen wollen«, sagte Jochen Flechner. »Kommen Sie, schauen Sie sich die Wiege an, an der ich gerade arbeite.« Er führte den jungen Mann in die Werkstatt.
»Hallo, Herr Flechner.« Rainer winkte ihm zu. Der Junge war damit beschäftigt, einen alten Hocker wieder richtig zusammenz ufügen.
»Rainer wird einmal ein tüchtiger Schreiner«, meinte Danielas Vater. »Wenn er nicht gerade auf Abenteuer aus ist, hilft er mir in der Werkstatt.« Er wies zu der Wiege, die auf dem Arbeitstisch stand. »Ein herrliches Stück, nicht wahr? - Ich habe sie letztes Jahr auf dem Dachboden eines alten Hauses entdeckt, das abgerissen werden sollte. Fragen Sie mich nicht, wie sie damals aussah.«
Während der nächsten zwanzig Minuten erfuhr Stefan mehr über das Restaurieren alter Möbel, als er jemals für möglich gehalten hätte. Er konnte sich durchaus vorstellen, daß Jochen Flechner mit ganzem Herzen bei seiner Arbeit war. Zum ersten Mal erfuhr er, daß die alten Möbelstücke oft völlig auseinandergenommen und Teil für Teil einzeln behandelt werden mußten, bevor man daran gehen konnte, sie neu zu lackieren und zu bemalen.
»Und das machen Sie alles allein?« Er dachte an die großen
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