Am Ende war die Tat
nicht jetzt, weil du ja selbst nicht viel mehr als ein Kind bist, aber eines Tages. Und was dann? Von mir kriegst du die nicht.«
»Das Problem lösen wir, wenn es sich stellt. Und wer weiß, was die Wissenschaft bis dahin ...«
»Krebs!«, sagte sie, und Wut stieg in ihr auf. Ungerecht, unbegreiflich, ein Schicksalsschlag, der sie mit achtzehn getroffen und den sie bis dreißig kaum für wichtig erachtet hatte. »Mir fehlen die nötigen Organe, Dix, allesamt. Und daran ist nichts zu ändern, kapiert?«
Seltsamerweise schien diese Eröffnung ihn nicht abzustoßen. Vielmehr nahm er ihr die Zigarette aus der Hand, beugte sich über sie, um den Glimmstängel auszudrücken, und küsste sie. Sie wusste, der Zigarettengeruch störte ihn - genau deshalb hatte sie ja zur Zigarette gegriffen -, aber er hielt ihn nicht ab. Im Gegenteil: Der Kuss wurde immer intensiver und führte schließlich genau dorthin, worauf Kendra noch kurz zuvor zugesteuert hatte, sodass sie glaubte, sie habe gewonnen.
Doch als es vorüber war, löste er sich nicht von ihr. Er sah auf sie hinab, stützte sein Gewicht mit den Ellbogen ab und sagte: »Du hast mir das mit dem Krebs nie erzählt. Warum nicht, Ken? Gibt es noch mehr Dinge, die du vor mir verheimlichst?«
Sie schüttelte den Kopf. Gerade jetzt spürte sie den Verlust nur allzu deutlich, und ihr gefiel nicht, was sie empfand. Sie wusste, es war nur ein Trick der Natur. Das Sehnen würde vergehen, sobald ihr Verstand wieder die Oberhand über ihren Körper gewann.
»Es geht um dich«, sagte Dix. »Auf den Rest kann ich verzichten. Und außerdem haben wir Joel und Toby. Sie sind unsere Kinder. Und Ness.«
Kendra lachte matt. »Oh, klar. So eine Last ist genau das, was du willst.«
»Hör endlich auf, mir zu sagen, was ich will!«
»Irgendwer muss es tun. Du selbst weißt es ganz offensichtlich nicht.«
Er rollte von ihr herunter. Verdrossen wandte er sich ab, setzte sich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Seine Hose - genau so eine Haremshose, wie er sie an dem Abendgetragen hatte, als er Ness im Falcon begegnet war - lag am Boden. Er stand auf, drehte ihr den Rücken zu und zog die Hose an, streifte sie über dieses herrlich muskulöse Gesäß, das sie so gern betrachtete.
Sie seufzte. »Dix, ich hab das alles schon mal erlebt. Es ist nicht das Paradies, für das du es hältst. Wenn du mir das nur glauben wolltest, bräuchten wir Unterhaltungen wie diese gar nicht zu führen, Baby.«
Er wandte sich ihr wieder zu. »Nenn mich nicht >Baby<. So, wie du's meinst, gefällt mir der Klang nämlich überhaupt nicht.«
»Ich meine es nicht ...«
»Doch, Ken, das tust du. Der Junge ist doch noch ein Baby. Weiß nich', was er will. Er meint, es ist Liebe, dabei ist es doch nur Sex. Aber er wird sicher bald zur Vernunft kommen.«
Kendra setzte sich auf und lehnte sich gegen das geflochtene Kopfteil. »Tja, und jetzt ...?« Sie sah ihn vielsagend an. Ihr schulmeisterlicher Blick besagte, dass sie ihn besser kannte als er sich selbst, da sie länger gelebt und mehr Erfahrungen gesammelt hatte - ein Blick, dazu angetan, einen Mann zur Weißglut zu treiben, der das, was er wollte, genau vor sich sah, nur eben knapp außerhalb seiner Reichweite.
»Ich kann nichts dafür, wie es dir mit den anderen beiden ergangen ist, Ken. Ich kann nur der sein, der ich bin. Ich kann nur sagen, dass es mit uns anders wäre.«
Ein plötzlicher, unerwarteter Schmerz überkam sie, und sie blinzelte die Tränen weg. »Darauf haben wir gar keinen Einfluss«, entgegnete sie. »Du glaubst, wir hätten das, aber so ist es nicht, Dix.«
»Ich hab mein Leben voll ...«
»Das hat er auch geglaubt«, fiel sie ihm ins Wort. »Und dann wurde er auf der Straße ermordet. Mit einem Messer haben sie ihn niedergestochen, als er von der Arbeit nach Hause kam, und zwei Kerle meinten, er erweise ihnen nicht den gebotenen Respekt. Natürlich waren sie high, also war's ohnehin egal, was er ihnen erwies oder nicht, jedenfalls haben sie ihn in eine Ecke gezerrt und niedergestochen. Und die Polizei? Nur einweiterer toter Schwarzer. Die Bimbos erledigen sich gegenseitig, meinten sie. Aber mein Mann Sean, der hatte Ziele, genau wie du, Dix. Immobilienverwaltung.« Sie lachte bitter, als wolle sie sagen: Was war nur in den Mann gefahren, sich Träume zu leisten? »Und er wollte die ganz gewöhnlichen Dinge im Leben. Kinder adoptieren, weil wir keine eigenen haben konnten. Ein Zuhause. Sachen wie Möbel, einen Toaster, eine
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