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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Fußmatte kaufen. Ganz schlichte Dinge. Aber er ist gestorben, weil ihm das Messer die Bauchdecke aufgeschlitzt und die Milz zerfetzt hat, und er ist einfach ausgeblutet, Dix. So ist er gestorben. Verblutet.«
    Er setzte sich auf die Bettkante, ganz nah bei ihr, aber ohne sie zu berühren. Er hob die Hand, um Kendra zu streicheln. Sie zog den Kopf weg. Er ließ den Arm sinken.
    »Und soll ich dir von Nummer zwei auch noch erzählen, Dix? Es sah aus, als hätte er seine Träume verwirklicht, so bescheiden die auch waren. Ersatzteilhandel, bei dem ich helfen sollte, mit der Buchführung. Ein Unternehmerehepaar, genau wie deine Eltern. Nur hab ich nicht mitgekriegt, dass er auch Autos geklaut hat. Er war so verdammt gut darin, sie zu besorgen und zu verscherbeln - das ging schneller, als man gucken konnte. Also ha'm wir alles verlor'n, er is' eingefahren, und mir wär's um ein Haar genauso gegangen. Also, jetz' verstehste vielleicht, ich bin nich'...« Sie merkte, wie schlampig sie redete und dass sie weinte, und sie fühlte so große Demütigung, dass sie glaubte, darin zu ertrinken. Sie stützte die Stirn auf die angewinkelten Knie.
    Dix schwieg. Was konnte ein Dreiundzwanzigjähriger, der gerade erst im Erwachsenenalter angekommen war, schon sagen, um eine Regung zu lindern, die wie Trauer aussah, aber in Wahrheit doch so viel mehr war? Er glaubte wirklich noch, dass man alles erreichen konnte. Ohne dass er je von irgendeiner persönlichen Tragödie betroffen gewesen war, konnte er sie zwar erkennen, aber er konnte nicht nachempfinden, wie tief sie gehen oder wie vollkommen sie eine Zukunft verdüstern konnte.
    Er dachte, er könne sie mit seiner Liebe heilen. Was sie hatten, war gut in seinen Augen, und dieses Gute musste doch auslöschen können, was in der Vergangenheit passiert war. Er wusste das, aber es war eine Art Urvertrauen, ein Urgefühl, so tief im Innern, dass er es nicht in Worte kleiden konnte. Es kam ihm vor, als sei er auf Nervenenden und Verlangen reduziert, beherrscht von dem Bedürfnis, ihr zu beweisen, dass es mit ihm anders war. Doch seine Unerfahrenheit beschnitt ihn, beschränkte ihn. Die einzige Ausdrucksform, die er fand, war Sex.
    Er streckte die Hand nach ihr aus und murmelte: »Ken. Baby.«
    Kendra zuckte zurück und drehte sich zur Seite. Alles, was sie war, und alles, was sie hatte werden wollen, fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen, weil die Kendra, die sie der Welt zeigte, vom Gewicht der Vergangenheit niedergedrückt wurde, das sie sonst einigermaßen verdrängen konnte. Anerkennen, eingestehen, darüber reden ... Zu alledem hatte sie keine Veranlassung, wenn sie einfach nur ihren Alltag lebte und ihre Ziele verfolgte. Dass sie all das aber nun getan hatte, obendrein in Gegenwart eines Mannes, mit dem sie nichts als nur die grundlegendsten körperlichen Freuden zu teilen gedacht hatte, steigerte ihr Gefühl von Minderwertigkeit.
    Sie wollte, dass er ging. Sie scheuchte ihn mit einer Handbewegung fort.
    »Okay«, sagte er. »Aber du kommst mit.«
    Er ging zur Schlafzimmertür und öffnete sie. »Joel?«, rief er. »Hörst du mich, Bruder?«
    Die Lautstärke von Pumping hon wurde heruntergedreht, Arnolds Monolog verstummte glücklicherweise. »Ja?«, rief Joel zurück.
    »Wie schnell könnt ihr fertig sein? Du und Toby?«
    »Für was?«
    »Wir unterneh'm was.«
    »Was 'n?« Eine geringfügige Veränderung im Tonfall, die Dix für freudige Erregung hielt: ein Vater, der seinen Jungs eine schöne Überraschung bereitete.
    »Wird Zeit, dass du meine Eltern kenn'lerns', Bruder. Toby und eure Tante Ken auch. Lust? Sie haben eine Kneipe oben an der Harrow Road, und meine Mum macht super Apfelkuchen mit heißer Vanillesoße. Wollt ihr?«
    »Jaa! Hey, Tobe ...« Den Rest hörte Dix nicht, denn er hatte die Tür wieder geschlossen und wandte sich zu Kendra um. Er hob die Kleidungsstücke auf, die sie am Boden verstreut hatte: Höschen und BH aus zarter Spitze, Nylons, ein Rock, der ihre Hüften umschmeichelte, und ein Top mit V-Ausschnitt, das wie Sahne auf ihrer Haut schimmerte. In einer Schublade fand er ein dünnes T-Shirt, mit dem er ihr das Gesicht abtupfte.
    »Oh, Gott«, sagte sie. »Was willst du von mir, Mann?«
    »Komm schon, Ken«, erwiderte er. »Zieh dir was an! Es wird Zeit, dass meine Eltern die Frau kennenlernen, die ich liebe.«
    9
    Kein vernünftiger Mensch, der The Blade sah, geschweige denn ein oder zwei Stunden in seiner Gesellschaft verbrachte, hätte die geringsten

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