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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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verliebten jungen Frau darstellte: Verrat durch den Mann, den sie als den ihren betrachtete.
    Nachdem Six den Zweifel gesät hatte, war es Ness unmöglich, den Gedanken an Arissa aus ihrem Kopf zu verbannen. Sie musste die Wahrheit wissen, um zu entscheiden, was zu tun war - falls sie überhaupt etwas tun konnte. The Blade direkt zu konfrontieren, war keine gute Idee, darum wollte sie Cal Hancock befragen.
    Da außer ihrem Bruder Joel niemand ihr auch nur das geringste Maß an Loyalität entgegengebracht hatte, kam es Ness überhaupt nicht in den Sinn, dass Cal unwillig sein könnte, den Mann zu hintergehen, der ihm alles gab, was er brauchte, um Körper, Geist und Seele zusammenzuhalten. Cals Eltern hatten England verlassen, als er sechzehn war. Seine Geschwister hatten sie zwar mitgenommen, ihn jedoch zurückgelassen, sodass er auf sich allein gestellt gewesen war. Schon als Teenager hatte er sich mit The Blade zusammengetan, hatte sich zuerst als der zuverlässigste der Fahrradkuriere bewiesen und war dann rasch zu der Position aufgestiegen, die er jetzt schon seit gut vier Jahren erfolgreich innehatte: teils rechte Hand, teils Leibwächter. Doch davon wusste Ness nichts. Sie sah in Cal Hancock den Graffitikünstler mit den Dreadlocks, der meistens stoned war, aber immer zur Verfügung stand, es sei denn, The Blade entließ ihn vorübergehend, weil er ungestört sein und Sex haben wollte.
    Ness wartete einen Moment ab, da The Blade sich »ums Geschäft kümmerte«, wie er es ausdrückte. Wenn er normalerweise Diebesgut, Drogen oder andere Schwarzmarktware entgegennahm, wurde er von Cal begleitet, doch diesmal wollte er Ness im Anschluss »rannehmen« und befahl ihr, in der Bruchbude zu warten. Damit sie dort in der Zwischenzeit keinen Schaden nahm oder selbst welchen anrichtete, stellte er Cal ab, um ihr Gesellschaft zu leisten. Auf diesen Moment hatte Ness gewartet.
    Cal zündete einen Joint an und bot ihn ihr an, doch Ness schüttelte den Kopf und ließ ihm Zeit für einen ordentlichen Zug. Wenn er stoned war, legte er nicht jedes Wort auf die Goldwaage, und Ness wollte, dass er bei der Beantwortung ihrer Fragen möglichst sorglos war.
    Sie wollte bluffen, Wissen vortäuschen. »Sag ma', Cal, wo wohnt eigentlich diese Arissa?«
    Er war schon tief in seine Nebelwelt eingetaucht und nickte mit halb geschlossenen Lidern. Als The Blades Leibwächter bekam er wenig Schlaf, darum ließ er kaum eine Gelegenheit zu einem schnellen Nickerchen verstreichen. Er ließ sich auf dem Futon nieder. Über ihm zierte das Bild eines vollbusigen schwarzen Mädchens mit gezogenen Pistolen die Wand. Das Werk hatte bereits bei ihrem ersten Besuch auf der Wand geprangt, doch Ness hatte ihm nie große Aufmerksamkeit geschenkt. Erst jetzt entdeckte sie, dass das rote Top des Mädchens gerafft war und ein Tattoo enthüllte: eine Miniaturschlange, die mit The Blades Kobra identisch war.
    »Is' sie das, Cal? Has' du Arissa da an die Wand gemalt?«
    Cal schaute auf, und ihm dämmerte, wovon sie sprach. »Die da?«, fragte er. »Nein. Das is' nich' Arissa. Das is' Thina.«
    »Ach so. Und wann malste Arissa?«
    »Hab ich nich' vor ...« Er warf ihr einen Blick zu und nahm noch einen Zug. Er zögerte fortzufahren. Er hatte durchschaut, was sie im Schilde führte, und fragte sich, ob er sich mit dieser Antwort gerade in Schwierigkeiten gebracht hatte.
    »Wo wohnt sie eigentlich?«, fragte Ness.
    Cal schwieg. Er nahm den Joint aus dem Mund und betrachtete verzückt den zarten Rauchkringel, der sich von der Glut löste. Wieder bot er ihn ihr an. »Komm schon. Wir müssen ja nix verschwenden, Mann.«
    »Ich bin kein Mann. Ich hab doch gesagt, ich will nix.«
    Cal nahm noch einen Zug und hielt den Rauch in den Lungen. Er nahm seine Mütze ab, warf sie neben sich und schüttelte die Locken.
    »Wie lange treibt er's denn schon mir ihr?«, fragte Ness. »Stimmt es, dass er die schon länger hat als mich?«
    Cal blinzelte sie an. Sie saß vor dem hellen Fenster, und er winkte sie näher, damit er sie besser sehen konnte. »Es gibt Sachen, die du nich' wissen musst«, sagte er, »und das gehört dazu.«
    »Sag's mir.«
    »Gar nix sag ich dir. Vielleicht tut er's, vielleicht auch nich'. Vielleicht hat er, vielleicht auch nich'. Und wenn du's weißt, ändert das auch nix.«
    »Und was soll das heißen?«
    »Denk ma' scharf nach. Aber lass mich damit in Ruhe.«
    »Is' das alles, Cal? Ich könnt dich dazu bring' zu reden. Wenn ich wollt, könnt ich.«
    Er

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