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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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eingelassen, befände sie sich jetzt nicht in der Lage, auf dem Wohnzimmersofa hinter einem zusammenklappbaren Wandschirm nächtigen zu müssen.
    Dieser zwar verständliche, aber erfolglose Versuch, Ness zur Vernunft zu bringen, machte die Dinge nur noch schlimmer. Dix spürte das und riet Kendra unter vier Augen, dem Mädchen nicht so zuzusetzen. Wenn Ness nicht mit ihm reden wollte - in Ordnung. Wenn sie aus dem Zimmer stolzierte, sobald er eintrat - ebenfalls in Ordnung. Wenn sie seinen Rasierer benutzte, seine Bodylotion die Toilette hinunterspülte und seine hundertprozentigen Natursäfte in den Ausguss - sollte sie doch. Fürs Erste. Früher oder später würde sie einsehen müssen, dass nichts von alledem etwas an der Realität ändern konnte. Dann würde sie einen anderen Kurs einschlagen. Und damit dies kein Kurs werde, der sie in noch größere Schwierigkeiten brachte, mussten sie beide, Kendra und Dix, bereit sein, ihr Alternativen aufzuzeigen.
    Kendra fand, mit dieser Sichtweise machte er es Ness viel zu leicht. Seit ihrer Ankunft hatte ihre Nichte ihr nichts als ständig neue und immer größere Probleme beschert. Irgendetwas musste geschehen. Kendra fiel jedoch nichts Besseres ein als Befehle und Drohungen, von denen sie die meisten aus Pflichtgefühl gegenüber ihrem Bruder - Ness' Vater - nicht wahr machen konnte.
    »Du erwartest immer, dass sie so sein soll wie du«, bemerkte Dix, als sie wieder einmal über Ness sprachen, und es brachte sie auf die Palme, wie plausibel seine Einschätzung der Situation war. »Wenn du das überwinden könntest, hättest du 'ne Chance, sie so zu akzeptieren, wie sie eben is'.«
    »Ein Flittchen, das ist sie, und nichts anderes«, entgegnete Kendra. »Sie schwänzt die Schule, sie ist faul, und sie treibt sich rum.«
    »Das denkst du doch nicht wirklich.« Dix legte einen Finger auf ihre Lippen und lächelte auf sie hinab. Es war spät. Sie waren schläfrig vom Sex und im Begriff einzuschlummern. »Das is' nur deine Frustration, die da aus dir spricht. Und aus ihr spricht eben ihre Frustration. Du lässt zu, dass sie dir zusetzt, statt nach den Gründen zu suchen, warum sie sich so benimmt.«
    Meist umkreisten sie einander wie zwei argwöhnische Katzen. Wenn Kendra einen Raum betrat, stürmte Ness hinaus. Wenn Kendra dem Mädchen eine Aufgabe übertrug, erledigte Ness sie erst, wenn aus der Bitte eine Anordnung, aus der Anordnung eine Drohung geworden war, und auch dann machte sie es so schlampig, wie sie nur konnte. Sie war einsilbig, wütend und sarkastisch, wo sie nach Kendras Auffassung doch hätte dankbar sein müssen. Nicht unbedingt für das Dach über ihrem Kopf. Selbst Kendra sah ein, dass das zu viel verlangt war, bedachte man, unter welchen Umständen Ness und ihre Brüder zum Edenham Way gezogen waren. Aber dankbar doch wenigstens dafür, dass Dix sie vor The Blade gerettet hatte. Es war schon das zweite Mal gewesen, dass Dix Ness in einer brenzligen Situation beigestanden hatte, und Kendra machte ihre Nichte auf diese Tatsache aufmerksam.
    »Das war der Typ? Aus dem Falcon? Quatsch!« Doch nachdem sie dies erfahren hatte, betrachtete sie Dix mit anderen Augen und in einer Art und Weise, die einer Frau mit weniger Selbstbewusstsein als Kendra zu schaffen gemacht hätte.
    »Kein Quatsch«, erwiderte Kendra. »Wie besoffen warst du eigentlich, dass du das nicht mehr weißt, Ness?«
    »Zu betrunken, um mir seine Visage anzuseh'n«, antwortete Ness. »Aber woran ich mich erinner ...« Sie lächelte und hob vielsagend die Augenbrauen. »Mannomann, Kendra, du bis' vielleicht 'n Glückpilz.«
    Ihr Kommentar war wie ein kleiner Kiesel, der drohte, eine Lawine in Gang zu setzen. Kendra weigerte sich, ihn zur Kenntnis zu nehmen. Sie redete sich ein, Ness fände in ihrem momentanen Zustand Erleichterung darin, andere zu manipulieren, egal wie.
    Doch die Reaktion tief in ihrem Innern konnte sie nicht aufhalten, und das bewog sie eines Tages, Dix zu fragen: »Was findest du eigentlich an meinem vierzigjährigen Körper? Stehst du nicht auf Mädchen? Ist es das? Man sollte doch meinen, in deinem Alter willst du eine junge Freundin.«
    »Du bist jung«, entgegnete er prompt - eine wohltuende Antwort. Doch intuitiv fragte er: »Worum geht es hier wirklich, Ken?«
    Es machte Kendra wahnsinnig, dass Dix sie so mühelos durchschaute. »Um gar nichts«, sagte sie.
    »Das glaub ich aber wohl.«
    »Also, meinetwegen. Du willst mir im Ernst weismachen, dass du keine Mädchen

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