Am Ende war die Tat
weiß, wie du's willst. Und ich weiß, du willst es von mir.«
Er spürte, wie er in Wallung geriet. Doch das veranlasste ihn, sich umso entschiedener von ihr loszureißen. »Du siehst die Dinge falsch, Ness. Entweder das, oder du bildest dir was ein.«
»Oh, klar doch. Du warst nur der Kavalier an dem Abend im Falcon, Dix? Willste mir das echt verkaufen? Willste mir echt weismachen, du weißt nich' mehr, was passiert is', bevor du mich nach Haus gefahr'n hast? Wir sind zu deinem Auto gegangen. Du hast mich reingesetzt. Du hast dafür gesorgt, dass ich den Gurt anleg. >Hier, lass mich dir helfen, junge Frau. Ich zieh den Gurt über deine Brust und mach ihn fest, damit du sicher bist.«<
Dix hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. »So war's nich'«, sagte er.
»Wie war's nich'? Haste etwa nich' mit den Fingern über meine Brust gestrichen, so wie du's jetzt auch willst? Nich' deine Hand mein Bein raufgeschoben, bis du gefunden hast, was du wolltest? Was war nich' so?«
Er verengte die Augen. Seine Nasenflügel bebten, als er einatmete, und er nahm ihren Duft wahr. Kendra war sexy, aber dieses Mädchen war purer Sex. Sie war triebhaft, sie war präsent, und sie machte ihm eine Todesangst. »Du bist also nicht nur 'ne Schlampe, sondern auch 'ne Lügnerin, Ness?«, fragte er. »Lass mich in Frieden. Ich mein's ernst, kapiert?«
Er drängte sich an ihr vorbei und verließ die Küche. Ihr Gelächter verfolgte ihn. Ein einzelner Laut, schrill, ebenso herzlos wie bar jeder Heiterkeit. Es fühlte sich an wie ein Skalpell, das sein Fleisch abschälte.
Ness war noch zu jung, um zu begreifen, was sie empfand. Alles, was sie über die Vorgänge in ihrem Innern verstand, war, dass etwas brodelte. Dieses Brodeln drängte sie zu handeln. Zu handeln war einfacher als nachzudenken.
Sie musste nicht lange auf eine Gelegenheit warten, um sich durch Handlung Ausdruck zu verschaffen. Sie hatte geglaubt, dass es etwas Sexuelles sein würde: sie und Dix ineinander verschlungen, in einer Art und Weise und an einer solchen Stelle, dass Kendra sie zwangsläufig entdecken musste. Aber es kam anders. Es waren Six und Natasha, die ihr diese Ausdrucksmöglichkeit verschafften, und sie ergab sich aus altbekannten Umständen: Sie wussten mal wieder nichts mit sich anzufangen, sie hatten kein Geld, aber sie wollten sich unbedingt irgendetwas beschaffen, wovon sie high werden konnten.
Das hätte eigentlich kein Problem darstellen sollen. Für sexuelle Befriedigung in der jeweils ausgehandelten Form waren die Fahrradkuriere der Gegend immer gewillt gewesen, sie mit Kokain, Cannabis, Ecstasy, Crystal und so weiter zu versorgen. Und das Schönste für die Jungen war, dass die Mädchen nie wählerisch gewesen waren, was die Drogen betraf. Aber in jüngster Zeit hatten die Dinge sich geändert. Der Arbeitgeber der Kuriere war dazu übergegangen, sie schärfer zu kontrollieren, weil ein wachsamer Kunde sich beklagt hatte, dass vor der Auslieferung der Ware offenbar etwas abgezweigt wurde. Die Quelle der Mädchen war versiegt, und keine sexuelle Dienstleistung schien sie wieder zum Sprudeln bringen zu können.
Sie brauchten also Geld. Doch sie besaßen nichts, was sie verkaufen konnten, und keine von ihnen kam auch nur auf den Gedanken, sich Arbeit zu suchen - was ohnehin sinnlos gewesen wäre, da sie mitnichten vermittelbar waren. Darüber hinaus gehörten sie zu einer Generation, die die sofortige Befriedigung ihrer Bedürfnisse erwartet. Sie hatten zwei Möglichkeiten: Sie konnten ihre sexuellen Dienste anderweitig als nur den Drogenkurieren anbieten, oder sie gingen stehlen. Sie entschieden sich für Letzteres, einfach weil es ihnen der schnellere Weg zum Ziel zu sein schien. Blieb nur noch zu entscheiden, wem sie stehlen wollten, was sie brauchten. Sie konnten das Portemonnaie von Six' Mutter plündern. Sie konnten es jemandem abknöpfen, der gerade vom Geldautomaten kam. Oder sie konnten es sich von einem wehrlosen Opfer auf der Straße holen.
Da Six' Mutter mitsamt ihrer Handtasche selten zu Hause war und auch kein Geldversteck in der Wohnung unterhielt, von dem Six wusste, fiel diese Möglichkeit aus. Der Geldautomat klang vielversprechend, bis ausgerechnet Tash darauf hinwies, dass die meisten Apparate mit Überwachungskameras ausgestattet waren, und das Letzte, was ihnen fehlte, war ein Videomitschnitt ihres Überfalls auf einen Bankkunden. Blieb also der Straßenraub. Sie mussten nur noch die Gegend aussuchen, in der die
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