Am Ende zählt nur das Leben
jetzt runterkommen?«
Es entstand eine lange Pause, in der ich meine Gedanken zu sortieren versuchte. Es kam mir seltsam vor, ein derart wichtiges Gespräch am Telefon zu führen, aber ich konnte meine Empfindungen nicht länger für mich behalten. Ich war mir absolut sicher. Ich wollte die Scheidung von Cay.
»Ich kann nicht mehr zurück in unser altes Leben.«
»Dann versuchen wir ein anderes.«
»Das wird nicht funktionieren.«
Unser Gespräch drehte sich im Kreis. Als ich das Gefühl hatte, meinen Standpunkt klar und deutlich gesagt zu haben, verabschiedete ich mich von Cay. Es war raus, zumindest teilweise, und ich war erleichtert.
Am nächsten Tag kam Robert zu mir. Ich war aufgeregt wie ein Teenager. Er gab mir einen vorsichtigen Kuss. Dann gingen wir spazieren.
»Wir müssen ernsthaft reden«, sagte er in einem Tonfall, den ich nicht von ihm kannte. Er wirkte plötzlich so erwachsen und vorausschauend. Er hielt meine Hand und sah mich aus verliebten Augen an. Es war ein seltsames Bild: Diesen Blick kannte ich noch von Sylt, damals, als wir uns kennengelernt hatten und er mich umgarnte. Nun war dieser Blick ernster, und seine Worte zeigten Bedacht und keine Abenteuerlust.
»Wie soll das funktionieren mit uns?«, fragte er.
»Ich sagte dir doch schon: Meine Ehe ist gescheitert.«
»Du willst dich scheiden lassen?«
»Ehrlich gesagt, habe ich dieses Wort bisher noch nicht in den Mund genommen, aber ich spüre deutlicher denn je, dass es keinen Sinn mehr macht, diese Ehe aufrechtzuerhalten und unser Leben so weiterzuführen wie bisher. Das Glück und die Zufriedenheit werden nicht zurückkehren. Cay und ich, wie soll ich sagen, wir passen nicht zusammen. Er hat andere Vorstellung vom Leben, besonders vom Familienleben. Manchmal kommt es mir so vor, als würden Sarah und ich sein Leben stören.«
»Ich weiß nicht genau, was du meinst.«
»Es klingt merkwürdig, ich weiß. Aber ich kann nicht mehr zurück. Ich habe es Cay gestern gesagt.«
»Was hast du gesagt?«
»Dass ich hierbleibe.«
»Und hast du ihm auch etwas über uns gesagt?«
»Noch nicht, aber das werde ich bald machen, spätestens in den nächsten Tagen. Es ist nicht meine Art, etwas durcheinanderzubringen. Ich möchte klare Verhältnisse und muss es ihm unbedingt sagen. Erst muss das eine geklärt sein, bevor ich etwas anderes anfangen kann. Cay soll alles wissen.«
»Das ist hart.«
»Ja, aber es ist die Wahrheit. In dieser Ehe werden wir nie mehr glücklich werden, das habe ich jetzt erkannt. Wir haben so oft über unsere Probleme gesprochen und versucht, sie zu lösen. Aber ich glaube, wir passen einfach nicht zusammen. Es ist besser, sich das jetzt einzugestehen, anstatt jahrelang an einer kaputten Verbindung festzuhalten und vergeblich darum zu kämpfen. Auch unsere Tochter leidet unter den Reibereien und der angespannten Atmosphäre. Für alle ist es das Beste.«
»Du wirkst so entschlossen.«
»Das bin ich auch. Seitdem ich vor drei Wochen hierhergekommen bin, haben mein Denken und Fühlen sich verändert. Und seitdem wir beide … also, seitdem auch wir uns wieder nähergekommen sind, weiß ich zumindest, wo mein Platz nicht mehr ist: in Stuttgart bei Cay. Aber glaube mir: Es ist nicht leicht. Und sehr traurig.«
Robert drückte meine Hand. Schweigend gingen wir nebeneinander her. Mir wurde ganz warm, und deutlich spürte ich, dass mich eine glückliche Zukunft an seiner Seite erwarten würde. Wir beide gehörten zusammen. Daran hatte ich überhaupt keinen Zweifel mehr. Wir gehörten schon vor sechs Jahren zusammen, nur waren wir offenbar nicht bereit gewesen. Oft genug hatte ich mir Vorwürfe wegen meiner Eifersucht gemacht. Das würde nun anders werden. Nicht nur er war reifer geworden.
»Weißt du eigentlich, dass meine Mutter unserer Beziehung immer noch hinterhertrauert?«, fragte ich Robert.
»Ich auch. Katja, ich habe mich wieder total in dich verliebt. Eigentlich habe ich dich immer geliebt.«
Ich genoss seine Worte und ließ sie auf mich wirken. Später setzte er mich zu Hause ab und fuhr davon. Mir stand ein weiteres Telefonat bevor. Doch zuvor wurde die Hochzeit meiner Schwester Ramona gefeiert.
In meiner Familie war meine Annäherung an Robert ein großes Thema. Auch wenn er unter den gegebenen Umständen selbstverständlich nicht zur Hochzeit eingeladen wurde, so vermisste nicht nur ich ihn. Ich tanzte wie ein verliebtes Mädchen in Gedanken an ihn.
Meine Mutter war froh über die Entwicklungen. Ihrer
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