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Am ersten Tag - Roman

Am ersten Tag - Roman

Titel: Am ersten Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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bist, zwei Jahre deines Lebens zu opfern, um Tonnen von Formularen auszufüllen.«
    »Du hast für deine kleine Schwester ans Europäische Parlament geschrieben?«
    »Ich habe an Gott und die Welt geschrieben. Und gestern ist dieser Brief für dich eingetroffen. Ich weiß nicht, ob der Bescheid positiv oder negativ ist, aber immerhin haben sie es für nötig befunden zu antworten.«
    »Jeanne?«
    »Na gut, ich habe das Kuvert geöffnet und gleich wieder zugeklebt. Aber bei all der Mühe, die ich mir gemacht habe, war ich der Meinung, dass es mich auch etwas angeht.«
    »Und anhand welcher Unterlagen hat diese Stiftung meine Kandidatur angenommen?«
    »Wie ich dich kenne, wirst du hysterisch reagieren, aber das ist mir völlig egal. Ich habe deine Diplomarbeit überall hingeschickt. Sie war auf meinem Computer, warum also nicht? Und schließlich hast du sie ja auch veröffentlicht.«
    »Wenn ich dich recht verstehe, hast du dich für mich ausgegeben und meine Arbeit an etliche unbekannte Organisationen geschickt, um …«
    »Um dir eine Chance zu geben, in dein verflixtes Omo-Tal zurückzukehren! Du wirst dich doch wohl nicht deswegen aufregen, oder?«
    Keira erhob sich und umarmte Jeanne.
    »Ich liebe dich, du bist die Königin der Nervensägen und
störrischer als ein Maulesel. Aber ich würde dich gegen keine andere Schwester auf der Welt eintauschen!«
    »Bist du sicher, dass es dir gut geht?«, fragte Jeanne und musterte sie.
    »Es könnte mir nicht besser gehen!«
    Keira saß am Küchentisch und las erneut die Vorladung.
    »Ich muss meine Arbeit mündlich darlegen, was soll ich denen bloß erzählen?«
    »Eben, dir bleibt nur wenig Zeit, um dein Projekt zu formulieren und auswendig zu lernen. Wenn du vor der Jury sprichst, musst du den Mitgliedern direkt in die Augen sehen. Wenn du abliest, bist du weniger überzeugend. Du wirst das großartig meistern, das weiß ich.«
    Keira sprang auf und begann, in der Küche hin- und herzulaufen.
    »Du darfst kein Lampenfieber haben. Wenn du willst, übernehme ich jeden Abend den Part der Jury, und du übst deinen Vortrag.«
    »Begleite mich nach London, alleine schaffe ich es nie!«
    »Unmöglich, ich habe zu viel Arbeit.«
    »Bitte, Jeanne, komm mit!«
    »Keira, ich habe kein Geld mehr. Für dein Ticket und das Hotel habe ich mein Konto geplündert.«
    »Es gibt keinen Grund dafür, dass du die Reise bezahlst, ich finde einen anderen Weg.«
    »Keira, du bist meine kleine Schwester, das ist Grund genug, dir unter die Arme zu greifen. Rede nicht lange, mach mir nur die Freude, den Preis zu gewinnen.«
    »Um wie viel geht es?«
    »Zwei Millionen Pfund Sterling.«
    »Und was macht das in Euro?«, fragte Keira, die Augen weit aufgerissen.

    »Genug, um ein internationales Team, die Reise für alle und den Versand des Materials zu bezahlen, damit du das ganze Omo-Tal umgraben kannst!«
    »Ich gewinne nie im Leben! Das ist völlig unmöglich!«
    »Schlaf jetzt ein paar Stunden, dann gehst du unter die Dusche und machst dich gleich an die Arbeit. Denk auch daran, deinem Max zu sagen, dass du ihn in der nächsten Zeit nicht treffen kannst. Sieh mich nicht so an. Ich habe die Sache nicht organisiert, um dich von ihm fernzuhalten. Auch wenn du etwas anderes denkst, so perfide bin ich nicht.«
    »Auf die Idee wäre ich nicht im Traum gekommen!«
    »O doch! Und jetzt ab ins Bett!«
     
    In den folgenden Tagen blieb Keira in der Wohnung ihrer Schwester und verbrachte den größten Teil ihrer Zeit vor dem Computer, um ihre Theorien auszuarbeiten und mit Veröffentlichungen ihrer Kollegen aus aller Welt zu dokumentieren.
    Wie versprochen übte Jeanne jeden Abend, wenn sie vom Museum nach Hause kam, mit ihrer Schwester. Wenn sie der Meinung war, dass ihre Ausführungen nicht überzeugend genug, ihre Erläuterungen zu technisch waren oder dass Keira nicht flüssig genug vortrug, ließ sie sie noch einmal von vorne anfangen. An den ersten Abenden kam es immer wieder zu Streitereien zwischen den beiden Schwestern.
    Keira konnte ihren Vortrag sehr schnell auswendig, nun musste sie nur noch den richtigen Ton treffen, um ihre Zuhörer zu fesseln. Sobald Jeanne am Morgen die Wohnung verlassen hatte, begann Keira, auf und ab zu laufen und ihren Text herzusagen. Auch die Hausmeisterin, die ihr ein Buch brachte, das Keira bestellt hatte, musste ihren Beitrag leisten. So saß Madame Hereira, ein Tasse Tee in der Hand, gemütlich auf dem Sofa und lauschte der Zusammenfassung der Geschichte

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