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Am ersten Tag - Roman

Am ersten Tag - Roman

Titel: Am ersten Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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Planeten vom Präkambrium bis zum Kreidezeitalter, als die ersten Blütenpflanzen, eine Insektengeneration, neue Fischarten, Ammoniten, wie beispielsweise die Schwämme, entstanden, ebenso wie viele neue Saurierarten, die beschlossen hatten, ihre Entwicklung auf dem Festland fortzusetzen. Madame Hereira war hocherfreut zu erfahren, dass zu dieser Zeit in den Ozeanen die ersten Haifische auftauchten, die den heutigen ähnelten. Aber nicht das war das Faszinierendste, sondern die ersten Säugetiere, deren Nachkommen sich, wie später bei den Menschen, in einer Plazenta entwickelten.
    Mitten im Tertiär, irgendwann zwischen Paläozoikum und Eozoikum, schlummerte Madame Hereira ein, und als sie die Augen wieder aufschlug, fragte sie leicht verlegen, ob sie lange geschlafen hätte. Keira konnte sie beruhigen, ihr kleines Nickerchen hatte nur dreißig Millionen Jahre gedauert! Am Abend hütete sich Keira, Jeanne von dem Besuch zu erzählen und vor allem von der Reaktion dieses ersten Publikums.
     
    Am folgenden Mittwoch entschuldigte sich Jeanne, sie hatte ein Abendessen, das sie nicht absagen konnte. Keira war erschöpft, und die Aussicht auf einen freien Abend begeisterte sie. Sie versicherte Jeanne, das sei nicht schlimm, und versprach, ihren Vortrag zu üben, ganz so, als wäre sie dabei. Sobald Keira ihre Schwester ins Taxi steigen sah, machte sie sich einen Teller mit Käse fertig, legte sich aufs Sofa und schaltete den Fernseher ein. Ein Gewitter zog auf, der Himmel über Paris wurde pechschwarz, und Keira legte sich eine Decke um die Schultern.
    Der erste Donnerschlag war so heftig, dass sie zusammenfuhr. Auf den zweiten folgte ein Stromausfall. Keira suchte im Dunkeln erfolglos nach einem Feuerzeug. Einige Häuser weiter schlug der Blitz in den Blitzableiter. Als Archäologin hatte sie
eine gewisse Erfahrung mit Gewittern gesammelt und wusste um ihre Gefahren, doch dieses war so heftig, wie sie es noch nie erlebt hatte. Sie hätte sich vom Fenster entfernen müssen, doch sie trat nur einen Schritt zurück und griff automatisch nach ihrem Anhänger. Wenn es sich tatsächlich, wie Ivory glaubte, um eine Legierung verschiedener Metalle handelte, war es besser, ihn nicht am Hals zu tragen, um kein Risiko einzugehen. Als sie ihn abnahm, zerriss ein weiterer Blitz den Himmel. Er erhellte den Raum, in dem Keira sich befand, und plötzlich zeichneten sich an der Wand Millionen leuchtender Punkte ab, die von dem Anhänger in ihrer Hand ausgingen. Dieses erstaunliche Phänomen dauerte mehrere Sekunden an und erlosch dann. Zitternd bückte sich Keira, um den Anhänger aufzuheben, den sie vor Schreck hatte fallen lassen. Sie fasste ihn bei der Lederschnur, erhob sich und blickte zum Fenster. Die Scheibe war gesprungen. Es folgten noch einige Blitz- und Donnerschläge, dann zog das Gewitter ab, und ein heftiger Regen setzte ein.
    Auf dem Sofa zusammengekauert hatte Keira Mühe, sich wieder zu beruhigen. Ihre Hand zitterte noch immer. Wie sehr sie sich auch einzureden versuchte, alles sei nur eine optische Täuschung gewesen - ihr Unbehagen wollte nicht weichen. Der Strom funktionierte wieder. Aufmerksam betrachtete Keira ihren Anhänger und strich mit der Fingerspitze darüber: Er war warm. Sie hielt ihn unter eine Lampe, doch nicht das geringste Loch war mit bloßem Auge zu erkennen.
    Sie kuschelte sich unter die Decke, bemüht, das eigenartige Phänomen, das sich eben ereignet hatte, zu verstehen. Eine Stunde später hörte sie, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. Jeanne kam nach Hause.
    »Schläfst du nicht? Hast du das Gewitter gesehen? Der reine Wahnsinn! Ich habe ganz nasse Füße. Ich mache mir einen
Kräutertee, willst du auch einen? Warum sagst du denn nichts? Alles in Ordnung?«
    »Ich glaube ja«, antwortete Keira.
    »Hat die große Archäologin etwa Angst vor Gewittern?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Warum bist du dann so totenblass?«
    »Ich bin nur müde, habe auf dich gewartet.«
    Keira umarmte ihre Schwester und wollte ins Schlafzimmer gehen, doch diese rief sie zurück.
    »Ich weiß nicht, ob ich es dir sagen soll … Max war auch bei diesem Essen.«
    »Nein, das hättest du mir nicht sagen sollen. Bis morgen, Jeanne.«
    Als sie allein im Zimmer war, trat Keira ans Fenster. In den Häusern funktionierte der Strom wieder, doch die Straßen waren noch immer dunkel. Die Wolken waren verschwunden, und die Sterne am Himmel leuchteten heller denn je. Keira suchte den Großen Bären. Als Kind

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