Am Fluss des Schicksals Roman
achtundfünfzig Tonnen Holz täglich zu O’Shaunnesseys Sägewerk. Morgens luden sie als Erstes ihre Fracht ab, fuhren anschließend zum Aufladen zurück zum Wald von Moira und warfen über Nacht in der Nähe des Little Budgee Creek Anker, um ihre Fracht am nächsten Morgen wieder am Sägewerk abzuliefern. Nach dem Abendessen zogen Joe und Ned sich meist zurück, um sich von der Anstrengung zu erholen, während Francesca und Neal sich ständig mit Ausreden vor dem Zubettgehen drückten, um in inniger Umarmung unter dem Nachthimmel die Zeit miteinander zu genießen. Anfangs war Francesca nicht bewusst, dass Neal sie lediglich als Zeitvertreib betrachtete. Sie hatte vielmehr den Eindruck, dass ihre Verbindung sich festigte und dass sich die große Liebe daraus entwickeln könnte. Obwohl Francesca für Monty Zuneigung hegte, hatten Neals Küsse ihn beinahe aus ihren Gedanken verdrängt. Francesca hatte das Gefühl, dass sie und Neal füreinander geschaffen waren. Sie stammten aus ähnlichen Verhältnissen, und sie beide liebten den Fluss.
Doch am dritten Abend, als das Thema Liebe und Heirat zur Sprache kam, zerplatzte Francescas Glück wie eine Seifenblase.
»Wie stellst du dir deine Zukunft vor?«, fragte sie Neal. Er küsste gerade ihren Nacken, während sie zum Mond hochsah, die wohlige Gänsehaut genoss, die die Berührung seiner Lippen auf ihrer Haut auslöste, und sich ihre gemeinsame Zukunft ausmalte.
»Ich stelle mir mein zukünftiges Leben nicht viel anders vor als jetzt«, antwortete Neal flüsternd. Er war nur mit halbem Ohr bei der Unterhaltung; viel zu sehr genoss er das Gefühl, Francesca in den Armen zu halten.
Francesca hatte den Eindruck, dass Neal gar nicht bewusst war, wie sehr sein Leben sich durch eine Ehe und eine Familie ändern würde. »Das ist aber ziemlich naiv, findest du nicht?«
»Warum?«
»Wie viele Kinder möchtest du mal haben?« Francesca versuchte sich ein Baby mit Neals dunklen Augen und seiner olivfarbenen Haut vorzustellen.
»Kinder?« Neal löste sich von ihr, hielt sie auf Armeslänge von sich und schaute sie an.
»Ja, Kinder. Du willst doch eine eigene Familie gründen?«
Neals fragte sich, wie das Thema plötzlich aufgekommen war, ohne dass er es bemerkt hatte.
Francesca kniff erstaunt die Augen zusammen. »Jeder wünscht sich Kinder.«
»Mir ist schleierhaft, was in deinem hübschen Kopf vor sich geht, Francesca, aber ich bin definitiv nicht für die Ehe geschaffen.«
Francesca war geschockt. »Willst du damit sagen, du willst gar nicht heiraten? Keine eigene Familie haben?«
»Du kannst nicht ernsthaft von mir erwarten, dass ich in einem Haus lebe ... mit einer Ehefrau und einer Schar Kinder.«
Francesca wusste, dass Neal das Leben auf dem Fluss liebte, und sie nahm an, er habe sie missverstanden. »Du musst ja nicht an Land leben, Neal. Du könntest weiterhin auf der Ophelia wohnen.« Im Geiste hatte sie sich bereits ausgemalt, wie sie und Neal auf dem Fluss zusammenlebten, als glückliche Familie mit zwei, drei Kindern. So hätte ihr Leben auch ausgesehen, hätte sie nicht ihre Mutter verloren.
»Besser nicht. Die Ophelia ist mein eigenes Schiff, und ich teile sie mit keiner Frau und auch nicht mit Kindern. Ich bin kein sesshafter Mensch, Francesca.«
Francesca stockte der Atem. »Aber was hast du dann vor? Dein Leben lang von einer Frau zur nächsten wandern und einsam alt werden? Jeder will irgendwann eine eigene Familie gründen. Das ist das Gesetz der Natur.«
»Dann bin ich offenbar widernatürlich veranlagt, weil so ein Leben nichts für mich ist.«
Francesca spürte, wie Tränen in ihren Augen brannten. »Und was ist, wenn du dich ernsthaft verliebst?«
»Ach, ich verliebe mich jede Woche aufs Neue«, erwiderte Neal grinsend und dachte dabei an all die Frauen in seinem Leben.
Francesca stieß ihn wütend von sich.
Neal begriff nicht den Grund für ihre Empörung. Sie wusste doch, was für ein Mann er war! »Was hast du denn, Francesca?«
»Was ich habe?« Sie konnte seine Ahnungslosigkeit nicht fassen. »Du hast mir praktisch unter die Nase gerieben, dass ich bloß ein netter Zeitvertreib für dich bin ... dass du mit meinen Gefühlen spielst ...«
»Wir haben ein wenig Spaß miteinander. Was ist verkehrt daran?«
Francesca schnaubte entrüstet. »Spaß haben kannst du mit deinen Barmädchen und Prostituierten, aber nicht mit mir!« Sie machte auf dem Absatz kehrt, rannte in ihre Kajüte und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Am
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