Am Fluss des Schicksals Roman
schöne Tochter, Joe ...«, sagte Silas.
Joe stockte der Atem, und er trat vor Silas hin. Der wich einen Schritt zurück, da er befürchtete, dass Joe ihm einen Fausthieb verpasste. Obwohl sein Reichtum ihm Macht verlieh, war Silas im Grunde seines Herzens ein Feigling. Hastig sprach er weiter: »Ich würde Ihre Tochter natürlich zu meiner rechtmäßigen Frau machen«, sagte er, um Joe zu vermitteln, dass seine Absichten ganz und gar ehrenhaft waren. »Und weil wir dann verwandt wären, würde ich Ihnen Ihre Schulden erlassen ...«
Joes Blick verfinsterte sich vor Wut. »Lassen Sie mich das noch einmal wiederholen, Silas. Sie erlassen mir meine Schulden, wenn ich dafür meine Tochter opfere?«
Silas war gekränkt. Er betrachtete sich als gute Partie für jede Frau. »So würde ich es nicht ausdrücken, Joe ...«
»Sie können es ausdrücken, wie Sie wollen. Es kommt auf dasselbe heraus.«
»Also gut. Wenn Sie es so sehen wollen, meinetwegen. Geben Sie Ihre Einwilligung, damit ich Francesca heiraten kann, und ich erlasse Ihnen die Schulden.«
»Sie hinterhältiger Bastard! Eher verrotte ich, als meiner Tochter ein Leben an Ihrer Seite zuzumuten«, fuhr Joe ihn an. »Und wenn Sie mir tausendmal anbieten, mir meine Schulden zu erlassen – es juckt mich nicht. Mir liegt nämlich alles daran, dass meine Tochter glücklich ist, und Sie wären der Letzte, den sie zum Mann nehmen würde.«
Silas wich zurück, doch er grinste höhnisch. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass es bei Ihnen in letzter Zeit nicht besonders gut läuft, Joe«, sagte er boshaft, »und ich kann Ihnen versichern, daran wird sich so schnell nichts ändern. Ihnen ist doch klar, dass Sie niemals in der Lage sein werden, Ihre Schulden zu tilgen, wenn ich es darauf anlege? Und das bedeutet, dass die Marylou bald mir gehört, es sei denn ...«
Joes Augen wurden schmal. »Ich hatte gleich so eine Ahnung, dass Sie etwas mit meiner plötzlichen Pechsträhne zutun haben«, gab er wütend zurück. »Was immer Sie aushecken, Francesca werden Sie nie bekommen. Niemals.« Joe stapfte zurück zur Marylou, bevor er sich vor zahlreichen Augenzeugen zu etwas hinreißen ließ, das er später bereuen würde.
»Seien Sie sich mal nicht so sicher«, rief Silas ihm hinterher. »Bis Freitag! Und sorgen Sie dafür, dass Sie mir mein gesamtes Geld bringen.«
Joe blieb stehen und wandte sich um. Seine Miene drückte Rachlust aus.
Silas rührte sich nicht vom Fleck, hatte plötzlich aber jämmerliche Angst, zu weit gegangen zu sein.
»Sie kriegen Ihr verdammtes Geld«, erwiderte Joe aufgebracht. »Bis Freitag.« Wäre Francesca nicht gewesen, hätte er sich Silas Hepburn schon vor langer Zeit vorgeknöpft.
Dieser plante bereits den nächsten Winkelzug. Er war sicher, dass Francesca ein weiches Herz hatte. Um ihren Vater vor dem Verlust der Marylou zu bewahren, würde sie sich opfern, denn der Verlust des Schiffes würde Joe das Herz brechen.
»Was hat dich denn in so gute Laune versetzt?«, fragte Joe Francesca im Ruderhaus, als sie sich zum Ablegen bereitmachten. Er hatte mehrere Minuten und einen ordentlichen Schluck Rum gebraucht, um sich nach dem Gespräch mit Silas wieder zu beruhigen, aber er war entschlossen, Francesca das Ansinnen dieses Mistkerls zu verschweigen. Bei ihm jedenfalls würde Silas auf Granit beißen.
»Ach, nichts Besonderes«, entgegnete Francesca und drückte den Hebel nach vorn, um rückwärts zu setzen. Sie hoffte inständig, ihr Vater würde es ihr nicht anmerken, dass sich etwas Grundlegendes geändert hatte. Sie war nun eine Frau, und sie war zum ersten Mal geküsst worden. Nicht nur das – beim zweiten Kuss hatte sie selbst die Initiative ergriffen,was bei genauerer Überlegung für ein unerfahrenes Mädchen ein recht forsches Verhalten war. Der bloße Gedanke daran ließ sie erröten.
»Offenbar hat Neal heute ebenfalls gute Laune«, bemerkte Joe mit einem forschenden Blick auf Francesca und kratzte sich am Kopf, wobei ihm ihr gerötetes Gesicht auffiel. Er verfolgte Francescas Fortschritte, als diese rückwärts vom Pier wegsetzte und ein Wendemanöver einleitete. Mittlerweile steuerte sie die Marylou mit großem Selbstvertrauen.
»Ich weiß zwar nicht, wann es geschehen ist«, fuhr Joe fort, »aber offenbar habt ihr zwei das Kriegsbeil begraben.«
»So könnte man es nennen«, sagte Francesca. Sie unterdrückte ein Lächeln und machte ein konzentriertes Gesicht, während sie das riesige Ruder drehte und flussabwärts fuhr.
Kurz
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