Am Fluss des Schicksals Roman
Dies hielt ihn aber nicht davon ab, weiterzuforschen, und die Werft war für den Anfang sicher eine gute Adresse.
Zornig registrierte Ezra, dass Silas erneut sein Grundstückbetreten hatte. Sollte er weitere »Gefälligkeiten« erwarten, würde er ihn enttäuschen müssen.
Ezra verzichtete auf eine Begrüßung. »Ich habe alle Hände voll zu tun, Silas«, sagte er. »Wenn Sie also nicht gerade ein neues Schiff brauchen, wünsche ich Ihnen noch einen angenehmen Tag.« Er wandte sich zum Gehen.
»Nicht so schnell, Ezra. Joe Callaghan ist wieder im Geschäft. Und Sie sagen mir auf der Stelle, für wen er arbeitet.«
»Woher soll ich das wissen?«, entgegnete Ezra, der die Augen entschlossen zusammenkniff. Egal, was Silas sagen oder womit er ihm drohen mochte, er würde nicht das Geringste preisgeben. Jeder Mensch hatte moralische Grenzen.
Silas starrte ihn finster an. »Vor gut einer Woche habe ich noch gesehen, dass Sie sich mit Joe auf dem Pier unterhalten haben.«
»Und?«, gab Ezra mit ein wenig zittriger Stimme zurück. Obwohl er seinen ganzen Mut zusammennahm, machte Silas ihn nervös. »Ich kann mir aussuchen, mit wem ich meine Zeit verbringe.«
»Haben Sie ihm irgendwelche Tipps gegeben, wo er Arbeit finden kann?«
»Ich habe ihn lediglich gefragt, wie er zurechtkommt. Das ist nichts Verbotenes.«
»Sie sind kein guter Lügner, Ezra«, sagte Silas. Er ahnte, dass er aus Ezra nichts herausbekam – was ihn aber nur weiter darin bestärkte, herauszufinden, für wen Joe arbeitete. Er hatte sich bereits überlegt, Joe von Mike Finnion mit der Curlew verfolgen zu lassen, wenn die Marylou Montagmorgen vom Pier ablegte. Silas gehörte die Curlew, wodurch er einen finanziellen Verlust in Kauf nehmen müsste, aber wenn es half, Joe auf die Schliche zu kommen, sollte es so sein.
»Ich habe mich an unsere Absprache gehalten, also Schluss mit den Fragen«, sagte Ezra. »Guten Abend!« Er drehte sich um und stapfte davon.
»Ich werde es schon herausbekommen«, höhnte Silas. »Wenn nicht von Ihnen, dann von einem anderen.«
Ezra wandte sich ihm noch einmal zu und starrte ihn an. »Ich mache mir schlimme Vorwürfe wegen Joe. Er ist ein anständiger Mann.«
Silas blieb von seiner Bemerkung unbeeindruckt, wie seine unbeteiligte Miene zeigte. Für Ezras Begriffe hatte der Mann kein Gewissen. »Was bezwecken Sie eigentlich, Silas? Was hat Joe, das Sie unbedingt haben müssen? Die Marylou kann es nicht sein, zumal Ihnen bereits mehrere Schiffe ganz oder teilweise gehören. Was ist es dann?«
In Silas’ grauen Augen erschien ein Funkeln, und er stieß die angehaltene Luft aus. »Ein Mann kann nie genug haben, doch in diesem Fall bin ich tatsächlich auf ein ganz besonderes Juwel aus«, entgegnete er.
Ezra runzelte verwirrt die Stirn; dann riss er die Augen auf. »Sie meinen doch nicht ... Sie meinen doch nicht etwa Francesca?«
Silas hob eine Augenbraue und grinste spöttisch, sodass Ezra geradezu übel wurde. Ohne ein weiteres Wort wandte Silas sich um und verließ gemächlich das Grundstück, wobei er seinen Spazierstock schwingen ließ und eine fröhliche Melodie pfiff.
Ezra war nie im Leben ein verabscheuungswürdigerer Mensch begegnet. Wäre Francesca seine Tochter, würde er Silas umbringen.
Ned ging alleine die High Street entlang, als er zufällig Regina Radcliffe auf der anderen Straßenseite entdeckte. Er hatte noch nicht die Gelegenheit gehabt, mit Joe zu sprechen, da dieser noch geschlafen hatte, und hätte gerne erfahren, was genau Regina wusste, bevor er ihn mit einer weiteren Sorge belastete. Während er Regina beobachtete, fiel ihm auf, dass sie zerstreut und aufgelöst wirkte. Ihr Gesicht war aschfahl,und sie schien geweint zu haben. Dennoch wollte Ned die Gelegenheit, sie anzusprechen, nicht verstreichen lassen. Eilig überquerte er die Straße.
Regina war auf dem Weg zum Bridge Hotel, um Silas aufzusuchen. Sie hatte nicht vor, ihm zu sagen, dass sie von seinen Absichten wusste, sondern wollte Francesca in Misskredit bringen, um ihn davon zu überzeugen, dass das Mädchen einen zweifelhaften Charakter besaß und er seine Pläne, sie zu heiraten, aufgeben sollte. Die bloße Vorstellung verursachte Regina Übelkeit, sodass sie innehalten und tief Atem holen musste, damit ihr Magen sich wieder beruhigte.
Ned war ungefähr drei Meter von ihr entfernt, als Regina ihn im Augenwinkel wahrnahm. Sofort übermannte sie Panik.
Mit wild pochendem Herzen stieß Ned zu ihr und sprach sie an. »Verzeihung,
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