Am Fluss des Schicksals Roman
nicht ernst nehmen, doch nun hat sie ein Wochenende auf Derby Downs verbracht, und irgendetwas sagt mir, dass sie eine intime Beziehung mit diesem Kerl hat.«
Silas schnappte nach Luft, und sein fleischiges Gesicht färbte sich dunkel. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. »Was hat sie denn gesagt?«
»Im Grunde nicht viel. Doch man konnte zwischen den Zeilen Andeutungen heraushören. Man muss eine Frau sein, um das zu erkennen. Ich denke, sie hält Monty zum Narren. Offenbar ist sie eine raffinierte kleine Betrügerin. Von mir aus kann dieser Neal Mason sie haben. Sie passt ohnehin nicht zu jemandem, der in der Gesellschaft so hoch angesehen ist wie Monty. Unglücklicherweise ist er vernarrt in sie. Und ich muss zugeben, sie ist ein wirklich hübsches Mädchen ... leider aus der Unterschicht. Monty könnte etwas Besseres haben. Wenn er diese Verbindung aufrechterhält, gefährdet er seinen Ruf, und die ganze Stadt wird hinter seinem Rücken über ihn lachen. Niemand hat Respekt vor einem Mann, der sich von einem hübschen Gesicht den Kopf verdrehen lässt, insbesondere dann nicht, wenn der Name dieses Mädchens in Verruf ist. Da pflichtest du mir sicher bei, Silas. Vielleicht kannst du meinem Sohn ins Gewissen reden.«
Silas hatte es für den Moment die Sprache verschlagen. Er war völlig ahnungslos gewesen, dass Neal Mason an Francesca interessiert war, und schimpfte sich selbst einen Narren. Dennoch war er sicher, dass Regina sich irrte, wenn sie den beiden ein intimes Verhältnis unterstellte.
»Joe Callaghan würde es Neal Mason niemals erlauben, seine Tochter zu kompromittieren ... dazu noch direkt vor seiner Nase. Obwohl ich persönlich keine Sympathie für Joe aufbringe, kann ich nicht leugnen, dass er auf dem Fluss großen Respekt genießt, auch wenn er rasch zum Despoten werden kann.«
Regina nickte. Joe Callaghan war tatsächlich für seine Reizbarkeit bekannt. Er war Francesca bestimmt ein fürsorglicher Vater, aber Regina wusste auch, dass zwei Liebende stets Mittel und Wege fanden, zusammen zu sein, wenn sie nur wollten. »Männer, die eine Frau beeindrucken wollen, können sehr einfallsreich sein«, sagte sie. Kaum war der Satz ausgesprochen, wurde ihr bewusst, dass dies auch auf Silas’ Verhalten vor achtzehn Jahren zutraf, und sie errötete.
Silas dachte ebenfalls daran, mit wie viel Hartnäckigkeit und welchem Ideenreichtum er damals Regina umworben hatte. Je eher er sich mit Joe auf Francescas Hand einigen konnte, desto besser. Er musste Joe irgendwie in die Ecke drängen.
»Ich rede mit Monty«, murmelte er geistesabwesend, um Regina zu verstehen zu geben, dass er wieder alleine zu sein wünschte.
Regina hatte ihr Ziel erreicht und war zufrieden. »Ich danke dir, Silas. Monty hört auf dich, er hat Respekt vor dir.« Sie war zwar nicht sicher, ob dies der Wahrheit entsprach, aber sie wusste, dass es immer von Vorteil war, Silas Honig um den Bart zu schmieren.
Regina ging zur Tür und wandte sich noch einmal zu ihm um. Am liebsten hätte sie herausgeschrien: »Sie ist deine Tochter!« , doch ihr Selbsterhaltungstrieb war stärker.
Mit aufgestützten Ellbogen saß Silas da, den Kopf in den Händen. Regina wusste, dass sie ihm Grund genug zum Nachdenken gegeben hatte. Sie hatte die Hoffnung, dass er Monty in dem Gespräch überzeugen konnte, dass es besser war, es sich mit Francesca anders zu überlegen, und sie betete, dass beide ihr Werben um Francesca beenden würden. Einerseits konnte sie nicht zulassen, dass Silas seine eigene Tochter heiratete; andererseits konnte sie ihm auch nicht die Wahrheit sagen, dann würde diese sich zwangsläufig herumsprechen.
Silas war bekümmert, weil ausgerechnet ein Weiberheld wie Neal Mason bei Francesca Feuer gefangen hatte. Er musste einen Weg finden, den Kerl loszuwerden, bevor Francesca seinem Charme erlag.
Schon bald gingen Silas verschiedene Ideen durch den Kopf.
12
E s war Dienstag am späten Nachmittag, als Francesca mit der Marylou ihren üblichen Ankerplatz ansteuerte, nahe Budgie Creek. Es herrschte eine brütende Hitze, und sie hatten kurz zuvor die letzte Fuhre Holz für diesen Tag bei O’Shaunnesseys Sägewerk abgeliefert. Joe war bei Francesca im Ruderhaus. Er hatte sie mit einigen Besonderheiten vertraut gemacht, die für ihr Kapitänspatent erforderlich waren. Nach Joes Einschätzung war Francesca so weit, dass er sie innerhalb der nächsten Wochen beim Prüfungsausschuss anmelden konnte.
Francesca wischte sich den Schweiß
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