Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
Sohn hin? Sag’s mir!«
»Ich weiß es nicht! Ich wünschte, ich wüsste es. Ich hab Angie gefragt, ob sie wirklich mit ihm weg will, und sie hat gesagt, er nimmt sie mit, um ihr das zu holen, was sie sich auf der ganzen Welt am meisten wünscht.«
»Scheiße! Wie konntest du das zulassen? Warum hast du mich nicht gewarnt?« Ich hatte genug von ihren dummen Selbstbezichtigungen.
»Ich hab es doch nicht gewusst! Ich dachte, er fährt vielleicht mit ihr nach New Orleans, einkaufen.«
Das war natürlich nicht abwegig.
»Mamma, du und ich, wir beide wissen, was für den Jungen das Beste ist.«
Sie schniefte nur noch leise.
»Er kann Fortschritte machen, aber nur, wenn er nicht eingesperrt wird. Nicht, wenn er mit diesem Scheusal zusammenleben muss, das sie geheiratet hat. Ich will nur sein Bestes, das weißt du!«
»Ja, ich weiß«, murmelte sie.
»Ich will nichts von Angie außer den Jungen. Du musst mir helfen. Ihm helfen!« Damit stellte ich sie vor die Wahl – ihre Tochter oder ihr Enkel.
Es dauerte lange, bis sie antwortete. »Ich weiß.«
»Gut. Wenn sie anruft, sag mir Bescheid. Ich verspreche, dass ich ihr nie etwas tun werde, aber du musst mir helfen.«
Nachdem sie noch ein paar Mal geschnieft hatte, sagte sie schließlich: »Das mache ich.«
Ich war nicht sicher, ob ich ihr glauben konnte, aberich brauchte sie als Verbündete; das war zumindest ein Anfang.
Die Wolkendecke riss auf. Hier und da flackerten Sterne. Ein Satellit zog einen Lichtbogen über den Himmel. Ich rief die an, die schwere Geschütze in der Hinterhand hatten.
»FBI.«
»Ich würde gern Agent Maloney sprechen.«
»Wer ist da?« Er klang wie Robert Duvall – kompetent, effizient und beflissen zugleich.
»Mein Name ist Jason Stafford. Er weiß Bescheid.«
Er bat mich, einen Augenblick Geduld zu haben, und meldete sich gleich darauf wieder. »Agent Maloney ist nicht da. Kann jemand anders helfen? Geht es um eine laufende Ermittlung?«
»Er wartet auf meinen Anruf«, log ich. »Sagen Sie ihm, ich sitze neben dem Telefon.« Dann nannte ich ihm meine Nummer und legte auf.
Ein Eiswasser-Rinnsal lief mir über den Nacken und durchweichte den Rücken meines Hemdes. Es half mir, mich wach zu halten. Minuten vergingen. Schließlich klingelte das Telefon.
Maloney. »Ist mir irgendetwas entgangen? Ich dachte, Sie melden sich erst wieder, wenn die Hölle zugefroren ist?«
»Ich brauche Ihre Hilfe.« Mein Mund war trocken.
»Und deshalb sind Sie bereit, sich auf einen Handel einzulassen.«
»Exakt.«
»Und da das Ganze offenbar nicht bis morgen früh warten kann, nehme ich an, Sie sind so verzweifelt, dass Sie mir mit einmaligen Angeboten kommen. Nur für kurze Zeit.«
»Eine Art Notverkauf.«
»Okay. Legen Sie los.«
Ich erzählte ihm genau, was am Abend passiert war, bis hin zu solchen Details wie dem Gips an Angies Arm und den Schmutzfängern an dem Pick-up. Mehr als einmal blieb mir vor Aufregung die Stimme weg.
»Ich brauche eine öffentliche Fahndung. So heißt das doch, oder?«
»So ähnlich«, erwiderte er. »Ich werde mir erst die NYPD-Version anhören müssen, bevor ich etwas unternehme.«
»Die halten das für eine harmlose Streiterei. Von häuslichem Konflikt war die Rede.« Ich merkte, dass ich laut wurde. »Aber der Mann ist gefährlich. Mein Hinterkopf wird derzeit von zwei Dutzend Klammern zusammengehalten. Meiner Ex hat er zu einem Gips verholfen. Das nächste Mal, wenn ihn etwas aufregt, lässt er es vielleicht an dem Kind aus.«
»Verstehe. Aber für so was bin ich nicht zuständig. In mein Ressort fallen Wirtschaftskriminalität, Geldwäsche, Versicherungsbetrug, Insider-Geschäfte. Da werde ich erst ein paar Kollegen ins Boot holen müssen.«
»Sie werden es nicht bereuen, dafür sorge ich.«
»Sicher, das werden Sie. Fürs Erste müssen Sie aber ein paar grundlegende Dinge besorgen. Dokumente. Beschaffen Sie eine Bescheinigung von der Schule, die Geburtsurkunde, Arztberichte. Faxen Sie mir die Sachen ins Büro.«
Er hatte angebissen – fühlte sich zuständig. Ich hatte meinen Verbündeten. Schwerere Geschütze als das FBI ließen sich kaum auffahren. Schon war der Junge einen Hauch sicherer.
»Das habe ich alles. Was kann ich sonst noch tun?«
»Stillhalten. Mich ein paar Anrufe machen lassen.«
Ich war so gefangen in meiner emotionalen Achterbahn, dass ich völlig vergaß zu verhandeln. Letztlich empfand ich nichts als Dankbarkeit.
»Danke. Das ist wunderbar. Nur zu, machen Sie Ihre Anrufe.
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