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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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den Schädel einschlage. Außerdem weiß ich ja nicht einmal genau, ob sie dahin unterwegs sind.«
    »Daran dachte ich auch gerade.«
    »Ich brauche Hilfe.«
    »Das zuzugeben erfordert Größe. Hast du schon mit einem Anwalt gesprochen?«
    »Ja. Gestern. Er sagt, ich soll stillhalten.«
    »Wirklich gute Ratschläge tun immer weh.«
    »Richtig.« Dazusitzen und abzuwarten, während die Mühlen des Rechtssystems auf ihre langsame, unkalkulierbare, undurchsichtige Weise mahlten, würde qualvoll sein, aber wenn ich nur um eines schmutzigen Showdowns willen gegen die Bewährungsauflagen verstieß, schadete ich mir am Ende nur selbst.
    »Du brauchst Verbündete, mein Sohn. Ich wünschte, ich könnte dir helfen, aber du brauchst Verbündete, die schwerere Geschütze auffahren. Und je mehr davon, desto besser.«
    Er hatte recht. Ich brauchte jemanden, der mir half, meinen Sohn zu beschützen – jemanden, der in der Lage war, mit Angie zu reden. Schwerere Geschütze auffahren konnte.Auch in Beauville war es spät – trotz Zeitverschiebung. Es dauerte lange, bis sie ans Telefon ging.
    »Hallo, Mamma.«
    »Oh, Jason!« Sie klang müde, aber freundlich. »Mein Gott, es ist mitten in der Nacht. Von wo rufst du an?«
    »Weißt du, wo sie ist?«
    »Sie wird nicht mit dir sprechen.« Schon klang sie wachsam.
    »Weißt du, was sie getan haben, Mamma? Hast du gewusst, was sie vorhatten?« Ich gab mir Mühe, nicht zu zeigen, wie wütend ich war, denn in dem Moment war sie meine einzige Hoffnung für den Jungen.
    »Was ist los? Wovon redest du? Du machst mir Angst.« Sie hörte sich tatsächlich ängstlich an. Vielleicht wusste sie wirklich nichts.
    »Angie und TeePaul, Mamma. Sie waren hier in New York. Er hat mich überfallen. Ich musste ins Krankenhaus. Und sie haben meinen Sohn mitgenommen.«
    Sie fing an zu jammern. Zwischen heftigen Schluchzern schnappte sie nach Luft wie ein Asthmatiker in einer Staubwolke. Das hörte ich mir an, solange ich es eben ertrug.
    »Ich muss es wissen, Mamma! Hast du eine Ahnung, wo sie jetzt sind? Wo bringen sie ihn hin? Hat sie dich angerufen?«
    »Nein, ach nein. Verzeih mir, Jason, das tut mir so schrecklich leid!«
    Ich glaubte ihr.
    »Du wärst stolz auf ihn, Mamma. Allmählich kommt er aus seinem Schneckenhaus. Er geht in die Schule. Es gefällt ihm da. Sie helfen ihm, sich zu finden, eine Persönlichkeit zu werden. Verstehst du? Ich brauche ihn nicht einzuschließen. Er lernt lesen! Er hat die Chance, dass es besser wird mit ihm!«
    Jetzt weinte sie nur noch leise. Ich ließ sie.
    »Das ist meine Schuld, Jason. Es tut mir leid.«
    Es war so viel passiert – ich konnte nicht zulassen, dass sie sich an allem allein die Schuld gab.
    »Na ja, ich hätte es selbst vorhersehen müssen. Angie hat mich am Sonntag angerufen und mehr oder weniger angekündigt, dass sie etwas in der Art versuchen würde.«
    »Nein!«, schnitt sie mir das Wort ab. »Du weißt ja nicht ...« Nach und nach kam die Geschichte heraus.
    Am Montag war Angie aufgetaucht – mit blauen Flecken, übernächtigt und voller Angst. TeePaul hatte verkündet, er denke nicht daran, den Sohn »von einem anderen Kerl« aufzuziehen – schon gar nicht einen »Zurückgebliebenen« –, und er hatte seiner Ansage mit Fäusten Nachdruck verliehen. Angie hatte Mamma gebeten, ihn ihr vom Leib zu halten, und sich in ihrem einstigen Mädchenzimmer versteckt.
    »Und als dieser dumme Junge dann auf meiner Veranda stand – und heulte wie ein Kleinkind nach einem Wespenstich –, da hab ich ihm gesagt, er soll beten, damit er die Kraft hat, zu widerstehen und meiner Kleinen nie wieder wehzutun. Und das hat er getan. Gleich da, an Ort und Stelle. Ist auf die Knie gefallen und hat gebetet.«
    Sie fing wieder an zu schluchzen – bei der Erinnerung an die wundersame Errettung TeePauls auf ihrer Veranda oder weil sie begriff, was sie angerichtet hatte.
    Im Stillen schrie ich vor Zorn und Enttäuschung, aber ich wusste, dass man eine Südstaatlerin nicht dazu bringen kann, eine einmal begonnene Geschichte schneller zu erzählen. Das hatte ich im Lauf der Jahre gelernt.
    »Ach, es tut mir sssso ... leid, Jason.« Nun hatte sie auch noch einen Schluckauf. »Du musst mir verzeihen, aber ich war so gerührt, dass ich ihn nach oben gelassen hab, zu Angie.Und eine Stunde später sind sie zusammen runtergekommen und in diesem Pick-up, den sie ihm gekauft hat, weggefahren.«
    »Mamma.« Das Wort fühlte sich an wie Sand im Mund. »Bitte. Wo bringen sie meinen

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