Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
sehr entschieden –, und zog die drei Seiten Computerausdruck aus dem Kuvert. Er las schnell. Als er bei den letzten Absätzen anlangte,in denen ich über die Möglichkeit spekulierte, dass weitere Senior Trade in den Betrug verwickelt sein könnten, verzog er zweimal schmerzlich das Gesicht. Er wurde blass. Er war geschockt.
Lange starrte er aus dem Fenster. Es war ein grauer Tag. Heftiger Wind trieb Schaumkronen auf die Wellen im Hafenbecken. Lady Liberty sah aus, als sei ihr kalt.
»Hat das schon jemand gesehen?«, fragte er tonlos.
Der Mann litt – ich konnte ihn nicht belügen.
»Das FBI weiß davon.« Ich spürte, wie Maloney jedes einzelne Wort mithörte.
Stockman nickte. »Ich verstehe.« Er stand auf und ging quer durch den Raum zur gegenüberliegenden Wand, wo er die Papiere in einen Schredder schob. Papierflocken rieselten in den Abfallbehälter.
»Jason.« Er drehte sich zu mir um. »Ich weiß Ihre Leistung zu schätzen. Aber verstehen Sie etwas von Timing?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Die ökonomische Weltordnung ist bedroht, Jason. Diese Fusion ist wichtig. Ein Beweis des Vertrauens – nicht allein in dieses Unternehmen, sondern in das kapitalistische System an sich. Wir stehen am Rande des Abgrunds, Jason, und müssen alle das Unsere tun, um die Katastrophe aufzuhalten.«
Es war vermutlich der selbstgerechteste, selbstherrlichste Haufen Mist, den ich mir je angehört hatte. Aber was wusste ich schon? Vielleicht hatte er recht?
»Ich möchte, dass Sie die Untersuchung fortsetzen. Meinen Sie, zwei weitere Wochen genügen? Bis dahin wäre es mir lieb, wenn wir dieses Meeting heute offiziell nicht gehabt hätten.«
Er dachte, er könnte mich kaufen. Das Handy in meiner Tasche war plötzlich unglaublich schwer.
»Ich weiß nicht, ob das geht.«
Er schüttelte unbehaglich den Kopf. »Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich verlange nicht, dass Sie etwas unter dem Deckel halten. Es soll alles untersucht werden. Das ist mir wichtig. Ich ermutige Sie, alle Schritte zu unternehmen, die zur vollständigen Aufklärung dieser ...« Er suchte nach dem richtigen Wort.
»Unterschlagung«, sprang ich ein.
»... Situation erforderlich sind.« Meinen Einwurf ignorierte er. »Wenn Sie die Sache von allen Seiten beleuchtet haben, kommen Sie wieder zu mir. Sagen wir, gegen Ende des Monats?« Damit ging er zur Tür und öffnete sie. Das Meeting war beendet. »Ich sage Gwendolyn, dass sie sich um Ihren Scheck kümmern soll.«
Stockman war großartig. Um seine Überlebensstrategien hätte selbst eine Kakerlake ihn beneidet. Er war ein mittelmäßiger Buchhalter, ohne Ehrgefühl, ohne Mumm, aber er verfügte über die einzigartige Gabe, noch im größten Chaos den Weg zu finden, der sich als der günstigste für ihn erwies.
»Ich gebe mir Mühe, Ihnen bis dahin nicht in die Quere zu kommen.« Ich stand auf und nahm Laptop und Handelsprotokolle an mich. An der Tür blieb ich noch einmal stehen. »Viel Glück, Bill.« Und das meinte ich ganz ehrlich.
»Er ist unschuldig.«
Stockman hatte mich überrascht. Er war ein gestaltwandlerischer kleiner Gnom, zu wenig mehr nütze als zur Selbstdarstellung – aber er war unschuldig. Er hatte tatsächlich nicht gewusst, was da vor seiner Nase ablief. Aber es musste eine Gruppe erfahrener Händler und Manager an dem Betrug beteiligt gewesen sein – sie hatten ihn gedeckt und ihren Anteil kassiert. Avery war ein Kandidat dafür – als Leiter der Compliance hatte er die Macht, sich jeden einzelnen Abschluss, den die Firma tätigte, anzuschauen und daran etwaszu drehen. Allerdings war die Tatsache, dass ich den Ironman Jack nur zu gern als bösen Buben enttarnt hätte, Grund genug, skeptisch zu sein. Barilla war auch eine Möglichkeit. Sein selbstgerechtes Gehabe konnte reine Ablenkung gewesen sein. Wer noch? Der Chef von Carmine? Der Armani-Pfau? Ein paar Jahre im Knast, ohne Maniküre und Haartönung, und er würde aussehen wie sein eigener Großvater.
»Unschuldig. Dass ich nicht lache.« Maloney, sein Ärger und ich fanden auf der Rückbank des großen Wagens gerade so Platz. Wie gern wäre ich woanders gewesen. Egal, wo. »Worauf zum Henker stützen Sie sich da?«, fuhr er fort. »Sein ehrliches Lächeln? Von dem Moment an, als Sie bei ihm drin waren, hat Stockman gewusst, dass Sie einen Sender bei sich haben.«
»Was erzählen Sie da?«
»Haben Sie das Piepen nicht gehört? Da hat sein Computer ihm gesagt, dass die Alarmanlage den Sender in dem Telefon
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