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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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hätte gedacht, dass er von der ersten steifen Brise von Bord geblasen würde.
    Er wartete nicht direkt an der Tür, sondern war einen Schritt zurückgetreten und beobachtete mich aufmerksam, als ich eintrat. Die Wohnung war praktisch leer. Im Essbereich standen ein weißer Kartentisch und zwei Klappstühle, von denen einer strategisch so platziert war, dass man von ihm aus das einzige Möbelstück im Wohnzimmer im Blick hatte, einen großen Flachbildfernseher, der auf dem Karton thronte, in dem er hereingetragen worden war. An der Wand gegenüber hing das Gemälde, das in dem Wohnzimmer in Darien gefehlt hatte, ein anderthalb Meter hohes Bildnis von Hochstadt selbst, wie er – beinahe elegant – in weißer Windjacke und Kapitänsmütze am Ruder eines krängenden, gischtumwehten Seglers stand. Die Crew hinter ihm – kräftige junge Männer, die allesamt aus einem Ralph-Lauren -Katalog hätten stammen können – hantierte mit Seilen und Winden. Serenity. Es war das Boot aus dem New-York-Post -Artikel. Das in der Hafeneinfahrt von Greenwich zerschellt war. Vielleicht konnte man, wenn man im oberen Stockwerk der Wohnung aus dem Fenster schaute, die Felsen sogar sehen. Abgesehen von dem Bild waren die Wände kahl.
    »Gut getroffen«, sagte ich und lächelte. »Sind Bekannte dabei?«
    Hochstadt straffte sich und stellte die Pose auf dem Bild unwillkürlich nach. »Ich habe es in Auftrag gegeben, als ich das Londoner Büro geführt habe.«
    Ich nickte. »Und jetzt führen Sie das New Yorker Büro.«
    »Die US-Niederlassung. Worum geht es denn nun?« Wenn er versuchte, energisch zu klingen, wurde der Akzent stärker.
    Ich zog mir einen der beiden Sessel heran und setzte mich.
    »Vielleicht können wir das bei einem Bier besprechen?«
    »Ich trinke nicht.«
    »Irgendwas. Wie wär’s mit Kaffee? Tee? Wasser?«
    Einen Augenblick starrte er mich durchdringend an. Dann sackten seine Schultern herunter, und er holte Gläser und schenkte aus einem Brita-Filter Wasser ein. Dabei war er so angespannt, dass er beinahe vibrierte. Schließlich setzte er sich mir gegenüber.
    »Worum geht es?«, fragte er noch einmal
    »Ich habe vorhin mit Ihrer Frau gesprochen. Sie hat mir gesagt, wo ich Sie finde.«
    Er nippte an seinem Wasserglas und versteckte sich zugleich dahinter.
    »Sie meint, wir hätten gemeinsame Bekannte, Sie und ich. Um wen könnte es sich da handeln? Alte Freunde? Neue? Nicht viele von meinen alten Freunden wollen mich heute noch kennen.«
    Er zwinkerte einmal.
    »Gut«, sagte ich. »Ich will auf den Punkt kommen. Ich führe bei Weld Securities eine Untersuchung durch, es geht um einen möglichen Handelsskandal. Aber das wissen Sie wahrscheinlich.«
    Er setzte das Glas ab und studierte die leere Tischplatte.
    »Am Anfang habe ich gedacht, sie wollen nicht, dass ich etwas finde. Oder, besser, sie wollen, dass ich nichts finde. Im Angesicht dieser Fusion können sie sich etwas anderes als eine leuchtend weiße Weste einfach nicht leisten.«
    Hochstadt wollte sein Glas wieder heben, doch es schien, als fehle es ihm dazu an Kraft.
    »Ich habe aber etwas gefunden. Eindeutige Hinweise darauf, dass eine Gruppe von Händlern nach einem bestimmten Schema immer wieder betrogen hat.«
    Er unternahm einen Versuch, alles abzuwehren. »Ich weiß nicht, was das mit mir zu tun haben soll. Sie sollten jetzt lieber gehen.« Es war traurig. Er war einfach keine Kämpfernatur.
    »Hören Sie mich zu Ende an. Bitte. Wenn Sie dann immer noch der Meinung sind, dass es nichts zu reden gibt, stehe ich sofort auf und gehe.«
    Er drehte den Kopf weg und starrte zu den Fenstern hinüber. Es war längst dunkel draußen; in den Fenstern war unser Spiegelbild zu sehen und sonst nichts.
    »Kommen Sie, Geoffrey! Wenn ich denen alles gebe, was ich habe, werden sie es an die Börsenaufsicht weiterleiten müssen. Ich versuche doch nur, für alle das Beste daraus zu machen.«
    Nun sah er mich wieder an und lächelte skeptisch.
    »Okay«, sagte ich. »Für mich das Beste.«
    Er nickte flüchtig.
    »Am Anfang sollte ich mir nur die Abschlüsse von einem bestimmten Händler anschauen. Brian Sanders.«
    Wieder nickte er.
    »Aber das hat immer weitere Kreise gezogen. Da waren diese Fahrten nach Atlantic City. Foxwoods . Der Spur bin ich nachgegangen. Das war eine ganze Gruppe von jungen Händlern.«
    Er lachte geringschätzig. »Die kleinen Scheißer.«
    »Aber es geht um mehr. Viel mehr. Um Hunderte von Millionen. Habe ich recht?«
    Er zuckte die Achseln.

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