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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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nicht! Sie sind alle da. Wenn ich gezielt nach bestimmten Abschlüssen suche, erscheinen sie. Aber sobald ich versuche, mir alle Abschlüsse von Brian Sanders anzeigen zu lassen, fehlen sie.«
    Ich glaubte immer noch, dass es sich um einen reinen Computerfehler handelte. Und wenn doch mehr dahintersteckte, würde ich das nicht mit einem Assistenten besprechen.
    »Haben Sie sie jetzt alle in Ihrem Report drin?«
    »So war der Stand heute Morgen um vier Uhr dreißig.« Es schien so, als wollte er noch etwas sagen, doch er zögerte.
    »Was ist? Wir müssen heute ein gutes Stück vorankommen.«
    »Es ist nur so: Normalerweise kennt weder bei den Händlern noch im Vertrieb jemand die Sicherheitscodes, die man braucht, um an diesen Daten etwas zu ändern.«
    Meiner Erfahrung nach hatten die Leute viel mehr Ehrfurcht vor solchen Dingen wie Sicherheitscodes, als angebracht wäre. Ich zweifelte nicht daran, dass ich die Codes,wenn man mich ein paar Stunden lang unbeobachtet herumprobieren ließe, knacken könnte. Es wäre nicht das erste Mal gewesen.
    »Ich gebe das an Stockman weiter. Wenn er der Sache nachgehen will, liegt das bei ihm. Einverstanden?«
    Spud war es zufrieden.
    »Also los. Dann zeigen Sie mir mal, was wir haben.«
    Sonst gab es nichts Auffälliges. Spud konnte mir einige technische Aspekte der Anleihen, mit denen Sanders gehandelt hatte, ganz gut erklären, aber alles in allem war er bekennender Neuling. Überwiegend handelte es sich um Abschlüsse von Händler zu Händler, abgewickelt über ein Netzwerk vermittelnder Broker. Bei den wenigen Trades, die direkt mit Kunden abgewickelt worden waren – Privat- oder Geschäftsbanken –, waren immer dieselben paar Hedgefonds und Portfolio-Manager im Spiel. Eine Stunde später hatte ich ein paar Dinge über den Anleihemarkt gelernt, aber ich war immer noch weit davon entfernt, irgendeine Form von unkorrektem Verhalten festzustellen.
    »Okay«, seufzte ich. »Schlüsseln Sie mir das nach den zuständigen Vertriebsleuten auf. Mit denen muss ich ja wohl als Erstes reden. Vielleicht können die Licht in die Sache bringen.«
    Ich sehnte mich nach einer Ruhepause, danach, ein paar Stunden zu schlafen, ohne von den Bissen oder wilden Schreien eines Kindes geweckt zu werden. Stattdessen thronte ich in einem besenschrankgroßen Büro und befragte die Leute aus dem Vertrieb, die mit Sanders zusammengearbeitet hatten. Es war eigentlich das Zimmer eines IT-Projektmanagers, der mit Grippe zu Hause im Bett lag. Von der Größe her war es nur ein Drittel des Besprechungszimmers, das Gwendolyn mir zugeteilt hatte, aber es ermöglichte einen Hauch mehr Ungestörtheit. Einziger Wandschmuck wareine große, monochrom gedruckte Aufnahme der Skyline von Manhattan, so alt, dass die Twin Towers darauf noch zu sehen waren. Ein schöner, ja majestätischer Anblick, dem die beiden dunklen Monolithen eine schreckliche Prägnanz verliehen. Ich drehte meinen Stuhl so, dass ich das Bild nicht anschauen musste.
    Vertriebler im Wertpapierhandel – Männer wie Frauen – unterscheiden sich als Gruppe in nichts von Vertrieblern in jeder anderen Branche. Es gibt hinterhältige Schufte, die mit einem Lächeln selbst noch den Schmuck vom Leichnam ihrer Mutter klauben würden, und es gibt die ehrbaren, arbeitsamen Profis, die zu Recht stolz sind auf den zusätzlichen Service, den sie ihren Kunden bieten. In über zwanzig Jahren an der Wall Street war ich zu der Überzeugung gelangt, dass Letztere bei Weitem in der Überzahl waren, und dennoch waren es immer die anderen, die die Aufmerksamkeit auf sich zogen.
    Die ersten drei Gespräche verliefen angenehm, nahmen nicht die geringste überraschende Wendung und halfen mir in keiner Weise weiter. Alle drei Befragten waren alte Hasen und gehörten schon seit Jahren zur Firma; sie waren sehr wohl zur Zusammenarbeit bereit, hatten mir aber wenig zu sagen. Und sie konnten es kaum erwarten, an ihren Platz zurückzukehren. Zeit, die sie nicht an ihrem Telefon und ihrem Rechner verbrachten, war Geld, das nicht in ihre Taschen floss. Ich bekam zu hören, was mir ohnehin schon mitgeteilt worden war – Sanders war ein guter Mann gewesen und hatte seine Märkte genau gekannt. Er war nicht leicht beeinflussbar, aber immer flexibel und dem Vertrieb gegenüber freundlich. Zum Abschied sagten sie alle ungefähr das Gleiche: Das mit dem Unfall sei äußerst betrüblich, und sie wunderten sich, dass so viele Fragen zu Sanders’ Geschäften gestellt wurden.
    Nach einer

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