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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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Beträgen – zumindest hier drüben. Ihr New Yorker Trader heißt Geoffrey Hochstadt. Er macht eine ganze Menge Geschäfte, aber ich glaube, er hält Positionen nie lange. Mehr so ein Rein-raus-fertig-Stil. Können Sie damit was anfangen?« Er leckte einen dicken Tropfen Ketchup von seinem kleinen Finger.
    »Nur der eine Händler?«, fragte ich nach.
    »Wie gesagt, es ist ein kleiner Laden. Geoffrey und ein Assistent, und das war’s. Sie haben ein winziges Büro gegenüber der Grand Central Station.«
    »Dieser Hochstadt – ist er auch Engländer?«
    »Geoffrey?« Er lachte. »Nicht die Bohne. Geboren und aufgewachsen in Darien.« Den Namen sprach er aus wie einEinheimischer, weit hinten in der Kehle und mit fest zusammengebissenen Zähnen. »Haus am Hang. Ich könnte mir vorstellen, dass man aufs Wasser schauen kann, wenn man nur hoch genug auf einen Baum klettert.«
    »Wie sind Sie beide miteinander ausgekommen?«
    Den Burger hatte er aufgegessen. Jetzt benutzte er die letzten Fritten, um Ketchup-, Käse- und Fettreste von dem Wachspapier aufzuwischen.
    »Brian und ich oder Geoffrey und ich?«
    »Sowohl als auch.«
    »Brian war noch nicht so hysterisch wie die älteren Händler. Der hat nie so ein Theater gemacht – außer nach Bonuszahlungen. Aber da spielen sie ja alle verrückt, oder? Er war ein guter Kerl.«
    »Und Hochstadt?«
    »Ein Wichser. Kann richtig ausfällig werden, wenn man mal nicht ganz auf dem Laufenden ist. Wir sind uns ein, zwei Mal im Jahr begegnet. Eigentlich kenne ich ihn überhaupt nicht. Eines Tages stand plötzlich der liebe Kenneth neben meinem Schreibtisch und erzählte mir, dass ich einen neuen Kunden habe, und das war’s. Ich war mal bei ihm zu Hause. Er liebt es, wie ihr Yankees alle, im Freien Fleisch zu verbrennen und halb verkohlt aufzutischen. Wir haben zusammen gegessen, aber wir waren keine Kumpels.« Er schob einen Strohhalm bis zum Boden des Pappbechers und begann mit ernster Miene zu schlürfen.
    »Und Brian und er? Waren die viel zusammen? Würden Sie sagen, dass die beiden Kumpels waren?«
    »Geoffrey hat den jungen Händlern gern was geboten und ging oft abends mit einem ganzen Trupp auf die Piste. Soweit ich das mitgekriegt habe, waren das zwanzig, dreißig Leute, in wechselnder Besetzung, aus allen Bereichen. Hypotheken, Unternehmensanleihen, Aktien, Derivate.«
    »Mit diesen ganzen Produkten hat er gehandelt?«, fragte ich.
    »Mit was er wollte. Je obskurer, desto besser, so kam es mir vor. Optionen. Derivate. CDOs. Rohstoffe. Vor allem aber Anleihen, nehme ich an.«
    »Wie muss ich mir denn nun so einen Handel vorstellen: Dieser Hochstadt ruft Sie an, weil er sich für irgendwas Esoterisches interessiert – sagen wir, zum Beispiel, bolivianische Staatsanleihen. Und dann rufen Sie den Händler an und erkundigen sich nach dem Preis. So weit richtig?«
    »Na ja, nicht in jedem Fall. Ich habe vor allem mit Unternehmensanleihen und Derivaten zu tun. Auf vielen dieser anderen Gebiete bin ich nicht bewandert genug, um überzeugend mitzureden.«
    »Also reichen Sie ihn direkt an den Händler weiter?« Genau wie Toland es beschrieben hatte.
    »Richtig. Ich lasse die beiden ihr Ding machen und stelle am Ende den Beleg aus. In dem Fall ging es meistens um geringe Margen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Er meinte, dass bei diesen Trades die Verkaufsprovision gering gewesen war – für ihn ein weiterer Grund, ihnen keine große Beachtung zu schenken. Er hatte in den Kunden möglichst wenig Arbeit investiert und auch nicht erwartet, dass größere Mühe belohnt würde. Das »Know Your Customer«(»Kenne deinen Kunden«)-Prinzip, nach dem Neukunden einer Legitimationsprüfung unterzogen werden sollen, ist die Grundlage für die Selbstregulierung der Wall Street, doch es wird ebenso oft ignoriert wie praktiziert. Jones war faul – und raffgierig – genug gewesen, den Kunden wie »gefundenes Geld« zu behandeln.
    »Wie haben Sie da den Überblick behalten? So viele verschiedene Vorgänge, so viele verschiedene Produkte?«
    »Halb so wild. Alles ging durch zwei Hände. HochstadtsAssistent hat immer abends angerufen und mir die Liste vorgelesen. Ich habe mir das vom Händler bestätigen lassen und dann den Beleg geschrieben.«
    »Und da gab es nie ein Problem? Nie etwas Widersprüchliches? Nie einen Kauf, der eigentlich ein Verkauf hätte sein sollen, nie Uneinigkeit über einen Preis?«
    Jones’ irritierte Miene verriet, dass er sich das noch nie gefragt hatte. »Nie.

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