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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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eines Hauses ohne Fahrstuhl, gleich um die Ecke vom Lucky Seven Bar and Grill , einer jeder Sanierung trotzenden Kneipe, deren einziges Fenster schwarz angestrichen war und an deren Außenwand mehrmals die rote, mit drei Juwelen geschmückte Krone der örtlichen Bloods-Gang prangte.
    Die straßenseitigen Fenster von Sanders’ Wohnhaus waren sämtlich mit Maschendraht verkleidet. Einen Stein würde der abhalten, eine Kugel nicht. Das war in dieser Gegend wahrscheinlich ein gutes Zeichen. Die Gegensprechanlage hatte, obwohl vor allem ohrenbetäubendes und wenig ermutigendes Quieken zu hören gewesen war, offensichtlich funktioniert. Der Summer ging, und die Tür gab, als ich dagegen drückte, nach.
    Die Tür zur Wohnung stand offen. Ich trat ein. Der Mitbewohner hing in einem schäbigen Sessel, der halbherzig mit einem orange-blau gebatikten Seidentuch bedeckt war. Er trug einen knöchellangen chinesischen Seidenkimono mit kopfschmerzträchtigem Streifenmuster in Dunkelrot und Silber. Vielleicht war er farbenblind.
    »Ich bin Mitch«, sagte er. »Wie war noch mal dein Name?«
    »Jason.«
    Genug der Förmlichkeiten – mit schläfrigem Blick wandte er sich wieder dem riesigen Fernseher zu, wo ein glatzköpfiger Mann mit Unterlippenbart energisch auf eine attraktive, wenn auch etwas matronenhafte Blondine einredete, die an einem Plexiglas-Pult stand. Die Frau jubelte und applaudierte mit allem ihr zu Gebote stehenden Enthusiasmus. Ich wartete bis zum nächsten Werbeblock, ehe ich fortfuhr – ich unterbrach nicht gern.
    »Ich wollte über Brian reden. Hast du ein paar Minuten?«
    Er griff nach der Fernbedienung und schaltete auf tonlos.
    »Tut mir leid, dass ich an deinem freien Tag störe.« Ich bemühte mich, ehrlich zu klingen.
    »Unter der Woche arbeite ich nachts. Freitags und samstags spiele ich. Ich mache Musik.«
    Ein Musiker. Ich schaute mich um. Kein Klavier. Keine Gitarre. Keine Spur von einem Horn oder auch nur einem Notenständer.
    »Aha. Was spielst du?«
    »Ich komponiere«, erklärte er beleidigt, als sei es unter seiner Würde, ein Instrument zu spielen.
    »Modern? Klassisch?«
    Er setzte das spöttische Grinsen nicht auf, aber ich spürte es. »Techno. Ich nehme Straßengeräusche auf, bearbeite sie und mixe sie zu tanzbaren Pop-Nummern. Willst du mal was hören?«
    Herzlichen Dank. »Ich würde dir gern ein paar Fragen zu Brian stellen.«
    Er seufzte ausgiebig. »O Mann! Kannst du nicht einfach sein Zeug mitnehmen?«
    »Sein Zeug?«
    »Das zieht sich schon ewig hin. Ich will das Zimmer vermieten, aber vorher muss das Zeug raus. Seine Eltern habengesagt, sie kommen und holen es, aber ich glaube, das war nur so dahingesagt. Ich meine, warum sollen sie extra von Missouri raufkommen, nur um ein paar Klamotten zu holen?«
    Ich fand, da hatte er recht.
    »Ist es in Ordnung, wenn ich mir die Sachen kurz anschaue?«
    »Das hat der große Kerl aus eurem Büro auch schon gemacht. Einiges hat er mitgenommen.«
    »Hatte der große Kerl einen Namen?«, fragte ich. Zum Beispiel Jack Avery? Oder Gene Barilla?
    Mitch zuckte die Achseln. Ich hatte den Eindruck, dass Mitch ziemlich oft die Achseln zuckte.
    »Wenn du’s einfach rausstellst, auf den Fußweg, ist es morgen früh weg.«
    »Ich schicke jemanden, der sich darum kümmert.«
    Jetzt lachte Mitch. »Siehst du? Genau das Gleiche hat er auch gesagt.«
    Ich hätte mich in den Hintern treten können – oder ihn. Ich hatte tatsächlich auf ein Yankees-Spiel und ein paar Bier im P&G verzichtet, um nach Brooklyn zu reisen und mit dem jungen Mitch ein wenig Konversation zu treiben.
    »Erzähl mir doch von Brian. Was war er für ein Typ?«
    Achselzucken. »Guter Mitbewohner. Er hat tagsüber gearbeitet, ich nachts. Hat gepasst, wir sind gut miteinander ausgekommen.«
    So definiert die Jugend von heute einen guten Mitbewohner. Im Ray-Brook-Gefängnis war der ein guter Mitbewohner, der nicht darauf bestand, dir unter der Dusche den Rücken einzuseifen.
    »Kam er dir in der letzten Zeit vor seinem Tod irgendwie gestresst vor? Kann da bei der Arbeit etwas gewesen sein, das ihn genervt hat?«
    Achselzucken.
    »Hat er überhaupt was erzählt? Habt ihr euch manchmal unterhalten?«
    »Darüber, wer mit dem Bad-Putzen dran war. Er war mein Mitbewohner, nicht meine Schwester.«
    Der Werbeblock war zu Ende, der Glatzkopf tauchte wieder auf. Mitch schaltete den Ton wieder ein. Gespräch beendet.
    »Entschuldigung. Ich seh mich kurz in seinem Zimmer um.«
    Mitch antwortete nicht,

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