Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
statt. Glatte zweihundertdreiunddreißigtausend Dollar. 233. Eine Primzahl – eine irreguläre Primzahl. Die zwölfte ganze Zahl in einer klassischen Fibonacci-Folge. Eine Markow-Zahl.
Warum hatte Brian Sanders die Chips behalten? Warum hatte er sie nicht gegen Bares eingetauscht? Um den Betrag nicht als Gewinn bei der Steuer angeben zu müssen? Dann hätte er das Problem nur aufgeschoben. Wenn er, aus welchem Grund auch immer, nicht hatte auffallen wollen, so hätte das auch nur bis zu dem Tag funktioniert, an dem er versucht hätte, Chips im Wert von zehn- oder zwanzigtausend Dollar in Bargeld einzuwechseln. Besser hätte er sie in kleinen Portionen eingetauscht. Es sei denn, es war ihm nicht um das Bargeld gegangen, sondern um die Chips.
Ich schaufelte die Chips in eine Plastiktüte, und die verstauteich auf dem Grund des Küchenmülleimers. Das war nicht idiotensicher, würde aber ausreichen, bis ich eine Möglichkeit gefunden hatte, sie einzutauschen. Dann schnappte ich mir die Tasche mit den Sportsachen, Handtüchern und Turnschuhen und trug sie nach unten zu dem Schacht für den Verbrennungsmüll.
So kam es, dass ich an einem warmen Septemberabend mit fellgefütterten Lederhandschuhen im Flur stand, als mein Vater und mein Sohn aus dem Aufzug traten.
Kid beachtete mich nicht. Dass er mich überhaupt wahrnahm, zeigte er nur, indem er auf seinem Weg den Flur hinunter einmal ganz um mich herumging. Mein Vater dagegen blieb stehen und sah mich fragend an.
»Ich habe ein bisschen saubergemacht«, sagte ich. »Ich wollte Handschuhe, hab aber nur die gefunden.«
»Dann weiß ich ja, was ich dir zum Geburtstag schenken kann.«
»Wie war’s mit dem Jungen?«
»Er hatte einen schönen Tag. Er hat ein Schwein angefasst. Wenn er auch nur annähernd so erschöpft ist wie ich, hast du ihn in einer Stunde im Bett.«
»Hat er was gegessen?«
»Zwei Hotdogs.«
»Wie hast du ihn dazu gekriegt, Hotdogs zu essen?« Der Junge hatte eine gesunde Aversion gegen Essen, das an Straßenbuden verkauft wurde. Streng genommen eine Phobie.
»Von hier gegenüber. Gray’s Papaya . Die grillen die Würstchen. Sind die besten in New York.«
Ich konnte den Laden von meinem Fenster aus sehen. Manchmal stand da eine Schlange bis nach draußen, den halben Block hinunter. Mitten in der Nacht hielten Taxis in der dritten Reihe, und jemand lief rein, um sich schnell ein spätes Abendessen zu holen.
»Ich wusste nicht, dass er die isst.«
»Was ich dir immer sage: Du musst dein Kind kennenlernen, solange es noch klein ist.«
»Stimmt.« Ich konnte mich nicht erinnern, dass er das je gesagt hätte.
»Ich habe ihm ein neues Auto gekauft. Den einundsechziger Jaguar.«
»Cool.«
Er umarmte mich kurz und ein wenig schüchtern. »Pass auf dich auf, Junge.«
12
Viele Auto-Fans halten den Jaguar E-Type für das schönste Auto, das je gebaut wurde. Eingeführt wurde er 1961, und zwar das Modell, das später Series 1 genannt wurde, mit einem 3,8-Liter-Sechszylinder-Motor und 269 PS . Nach heutigen Standards mag seine Beschleunigung von null auf hundert Stundenkilometer in 7 Sekunden etwas lahm erscheinen, aber damals war der in den USA XK -E genannte Wagen schnell genug, um über Nacht zur Legende zu werden.
»Die 1961er Chevrolet-Corvette kam in 8,4 Sekunden auf hundert Stundenkilometer. Sie hatte acht Zylinder.«
»Das wusste ich nicht«, staunte ich. »Soll ich weiterlesen?«
Er nickte. Er war in sein Bettzeug gewickelt wie eine Mumie. Mein Vater hatte recht gehabt, er war k. o. Sein Kopf neigte sich schon leicht zur Seite.
Die ersten 500 Wagen rollten mit außen angebrachter Kofferraumverriegelung und einem flachen Bodenblech vom Band, das auf Kosten der Beinfreiheit ging. Die ersten Modelle wurden besonders von Sammlern geschätzt, während die Folgemodelle mehr Fahrkomfort boten.
»Das ist ein Folgemodell. Siehst du? Keine Verriegelung außen am Kofferraum.« Er hielt das neueste Stück in seiner Sammlung hoch.
Woher wusste er, was »Folgemodell« bedeutete? OderVerriegelung? Er bekam ja das Wort kaum heraus, ohne sich zu verheddern. Aber er sprach in richtigen Sätzen.
Heather beurteilte seine Begeisterung für Autos sehr positiv. Natürlich wäre jedes Interesse, das er bekundete und das über die manchmal schmerzlichen Grenzen seines Verstehens hinausging, ein Anlass zur Freude gewesen. Hätte er Dinosaurier faszinierend gefunden statt Autos, dann hätte er gewusst, wie viele Zähne jede Spezies hatte, was die einzelnen
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