Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
Vom Netzwerk:
Memsahib.»
    Audrey nickte. Kinyua schickte seinen Sohn los, und erst danach trat er auf die Veranda und setzte sich zu Audrey und Fanny, die erstaunlich still war. Kamau brachte Tee und frisches Rührei, warmen Toast und krossen Speck.
    «Du hast dich verletzt, Memsahib.» Kinyua sah sie ernst an.
    Sie schob die Manschette ihres Blusenärmels nach unten. «Das ist nichts. Ich war unachtsam und bin im Wald in ein dorniges Gestrüpp geraten.»
    Fanny warf ihr einen scharfen Seitenblick zu.
    Kinyua ging über die Lüge hinweg, wie es ein Weißer tun würde. Er begann, über die Belange der Farm zu reden, und er tat es so fachkundig und selbstbewusst, dass Audrey sich insgeheim fragte, ob er in den letzten Wochen, in denen Matthew sich darum gekümmert hatte, sich vielleicht immer irgendwo im Hintergrund versteckt gehalten hatte.
    Wahrscheinlich hat Mukami ihm alles erzählt.
    Die Vorstellung, wie die junge Frau sich abends zu Kinyua schlich, verstärkte dieses Jucken an ihrem Handgelenk, und sie begann wieder, sich zu kratzen.
    Kinyua beugte sich vor. Er legte die Hand auf ihre. «Lass das, Memsahib. Es gibt scheußliche Narben, wenn du damit nicht aufhörst.»
    Sie spürte, wie ihr heiß wurde. Fanny stand abrupt auf. «Ich bin in der Faktorei, wenn ihr mich sucht.» Sie eilte quer über den kurzen Rasen, vorbei an den beiden Boys, die sich gerade daranmachten, das Gras zu stutzen. Zu dieser Jahreszeit wuchs es immer rasend schnell.
    Kinyua zog die Hand nicht sofort zurück. Audrey schloss die Augen. Sie hörte den gluckernden Ruf eines Tiputip und ein unbestimmtes Geräusch. Erst da merkte sie, dass es ihr Blut war, das in ihren Ohren rauschte.
    Sie entzog Kinyua die Hand.
    «Der Bwana ist fort», sagte sie, als sei das ihre Entschuldigung.
    Kinyua lehnte sich zurück. «Ich weiß, Memsahib. Darum bin ich hier.»
    Sie schwiegen lange. Irgendwann fing Kinyua an zu essen, und sie beobachtete ihn verstohlen. Kaum war Matthew fort, war er wieder da und nahm seinen Platz ein. Als gehörte er hierher, als sei er Teil ihres Lebens. Sie war froh, dass er hier war, keine Frage, zugleich fürchtete sie sich aber, was das mit ihr anrichtete.
    Sie war einsam, ganz allein auf der Welt. Außer Fanny war ihr niemand geblieben. Niemand sollte allein sein, und Audrey verstand jetzt, warum Fanny sich immer an Männer band, die sich dann doch nicht für sie entschieden. Das war besser, als sich gar nicht zu binden. Allein durchs Leben zu gehen, lag nicht in ihrer Natur. Und was Kinyuas Berührung mit ihr anrichtete, war so verwirrend und so falsch, dass sie ihn am liebsten fortgeschickt hätte.
    Aber sie mochte, wenn er bei ihr saß, ihr Schweigen aufnahm und es mit Leben füllte. Mit ihm zu schweigen, fühlte sich so richtig an.
    «Passt du auf mich auf, Kinyua?», fragte sie leise.
    Er blickte auf. «Habe ich denn je etwas anderes getan, Memsahib?»
     
    Später wusste sie nicht mehr, wie es dazu gekommen war. Sie wusste nur, dass sie am helllichten Tag im Bett lag und dass neben ihr ein Mann schlief, die Stirn leicht gerunzelt, als sei es ihm unangenehm, hier zu liegen.
    Sie zog die Decke bis an ihr Kinn, wandte sich ihm zu und wunderte sich. Hatte sie das wirklich getan? War sie auf der Suche nach Trost so weit gegangen, einen Mann in ihr Bett zu holen, der bisher schon unruhig wurde, wenn er auf der Veranda saß?
    Ihre Welt war zu einem winzigen Fleck zusammengeschmolzen. Es gab nur noch die Farm, dieses Haus, das Dorf der Kikuyu, vielleicht noch das Buschland im Umkreis von fünf Meilen. Dahinter war nichts. Das bekümmerte sie nicht. Es machte ihr nur Angst, das sie irgendwann wieder aus diesem Kokon heraustreten musste.
    Sie schloss erschöpft die Augen und versuchte, ebenfalls einzuschlafen, aber ihre Sinne waren hellwach, und sie gab es schließlich auf. Entschlossen schlug sie die Bettdecke zurück und stand auf.
    Er regte sich. Sein Blick war fragend, als er die Augen aufschlug, staunend. Dann sah er sie, und er war nur Lächeln und Glück.
    «Audrey.»
    Sie hatte noch nie gehört, dass er ihren Namen sagte. Für ihn war sie immer die Memsahib gewesen, und sie hatte schon gefürchtet, er würde sich schämen für das, was sie getan hatten, dann aus ihrem Bett fliehen und ihr nie mehr in die Augen sehen.
    Aber er nannte sie bei ihrem Namen.
    «Ich muss auf der Farm nach dem Rechten sehen.»
    «Ich begleite dich.»
    Er stand auf, und sie bewunderte das Spiel seiner Muskeln, während er sich anzog. Er trug die traditionelle

Weitere Kostenlose Bücher