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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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Vergangenheit, die er vergessen wollte.
    Matthew hatte im Haus einer alten Kapitänswitwe in Nairobi Unterschlupf gefunden. Mrs. Johansson kochte für ihn, wusch ihm die Wäsche und verbrachte den Rest der Zeit damit, gemeinsam mit Mary Thomas zu verziehen. Der Junge war Matthews Zugriff vollends entzogen. Er wohnte in einer kleinen Dachkammer, daneben schliefen in einer zweiten Mary und Thomas. Wenn das Kind abends schlief, kam Mary zu ihm. Sie schien nichts anderes von ihm zu erwarten, als dass er sich an ihr wärmte. Und er nahm sie und schickte sie danach wieder ins Nebenzimmer. Sie gehorchte immer, und er dachte nicht weiter darüber nach.
    Arbeit zu finden war nicht leicht. Er hatte versucht, noch einmal Geld vom Konto seiner Plantage abzuheben, doch der Bankbeamte hatte erklärt, das Konto weise keine Deckung mehr auf, er müsse schon was einzahlen, um darauf zurückgreifen zu können. Matthew konnte es dem Mann nicht verdenken. Der Name Winston war in der Stadt nicht gerade wohlgelitten.
    Das war allerdings nicht seine Schuld. Er war noch keine Woche in der Stadt, als er erfuhr, dass Audrey sich mit dem Häuptling der Kikuyu vergnügte, der auf ihrem Land lebte. Sie kaufte ihm teure Kleider, munkelte man – woher sie das Geld hatte, verrieten die Klatschmäuler leider nicht –, und stolzierte mit dem Neger an ihrer Seite über die Plantage, als gehörte ihr das alles.
    Dabei gehörte es ihm, aber er hatte ja nicht mal genug Geld, um einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen, seine Vermögenswerte einzuklagen. Zumal er auch gar nicht wusste, ob er das wollte. Denn er hatte sich fest vorgenommen, auch das Ungeborene zu sich zu holen, sobald die Zeit dafür gekommen war. Das würde ihm aber nur gelingen, wenn er jetzt die Füße stillhielt. Wenn er sie vertrieb, verschwand sie bestimmt, und dann war es nicht mal sicher, ob sie in Ostafrika bleiben würde. Das war ihm zu unsicher.
    Ohne Arbeit und ohne Geld, das er versaufen konnte, und mit einer Vermieterin, die sich ihm ständig in den Weg stellte und nach der fälligen Miete fragte, blieb er die meiste Zeit in seiner Kammer. Er lag auf dem Bett und dachte nach. Er stellte sich vor, wie er sich an Audrey rächen würde für alles, was sie ihm angetan hatte.
    Diese Phantasien verloren schon bald an Kraft und begannen, ihn zu langweilen. Überhaupt war die Langeweile sein größter Feind. Das und die britische Armee, denn eigentlich sollte er längst wieder bei der Truppe im Süden sein.
    Die Zeit floss zäh dahin. Im November hörte er, Audrey sei mit ihrem Wilden in der Stadt und habe sich in einer kleinen Pension einquartiert. An diesem Tag schloss Matthew sich mit Thomas in seiner Kammer ein und wollte niemanden sehen. Erst als das Kind vor Hunger weinte, verschaffte sich die resolute Mrs. Johansson Zutritt zu dem Zimmer und riss ihm den Jungen aus den Armen.
    «Wenn Sie nicht mal für Ihren Sohn sorgen können!» Sie funkelte ihn wütend an. Es klang nicht wie eine Frage.
    Matthew starrte an ihr vorbei. «Was dann?» Sie schnaubte nur, drückte Thomas an sich und verließ das Zimmer.
    Jetzt bin ich ganz allein, dachte Matthew betrübt. Jetzt habe ich alles verloren.
    Drei Tage blieb er allein in der Kammer. Morgens und abends brachte Mrs. Johansson ihm ein Tablett mit Essen, das er meist verschmähte, obwohl sie eine gute Köchin war und sich trotz seiner Mietschulden bemühte. Am dritten Tag blieb sie in der offenen Tür stehen.
    «Da ist Besuch für Sie.»
    Matthew hob den Blick. Er hockte auf dem Bett, die Knie angezogen und die Arme um die Knie gelegt. «Für mich?»
    «Wenn ich’s doch sage. Soll ich ihn raufschicken?»
    Matthew nickte schwach. Er hatte nicht mehr die Kraft, Widerstand zu leisten. Wenn das Kinyua war, der ihn aufsuchte, konnte er das wohl ertragen, solange der ihm nicht Thomas nahm.
    Darum rief er Mrs. Johansson zurück. «Mary soll mit dem Jungen in ihre Kammer gehen und sich einschließen.»
    «Ist gut.» Die Wirtin schaute ihn an, als habe er nun vollends den Verstand verloren. Vielleicht war das ja auch so. Die Einsamkeit machte merkwürdige Dinge mit dem Verstand.
    Er hatte Kinyua erwartet, doch der Mann, der seine kleine, finstere Kammer betrat, war so völlig anders als der Kikuyuhäuptling, dass Matthew erschrak.
    «Du», sagte er nur.
    «Wenigstens erkennst du noch deine Freunde.» Benedict Tuttlington reichte ihm die Hand.
    Matthew rappelte sich auf. Benedicts Händedruck war fest, und sein Lächeln wirkte aufrichtig

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