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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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Vorrat bringen, die er allesamt zurückwies. Der eine sei korkig, der nächste zu sauer, der dritte zu klebrig und süß. Audrey gab es auf, seinen anspruchsvollen Gaumen zufriedenstellen zu wollen. Als er jedoch Kamau mit den Worten «He, Sklave! Gib mir mehr Kartoffeln!» herbeizitierte, reichte es ihr endgültig.
    «Kamau ist kein Sklave», erklärte sie ruhig.
    Sofort war es am Tisch mucksmäuschenstill. Nur Ella, die schon viel zu viel Wein gehabt hatte – vom sauren, vom korkigen und auch vom süßen –, kicherte.
    «Wie bitte?» Steve blickte sie an. «Was hast du gesagt?»
    «Ich sagte, du sollst meine Boys nicht wie Sklaven behandeln», sagte sie. «Das sind sie nämlich nicht.»
    «Ach was.» Er machte eine wegwerfende Handbewegung. «Wir sind doch die Herren in diesem Land, da können sie sich gefälligst auch unterordnen.»
    «Wir sind nur zu Gast in diesem Land», erwiderte Audrey eine Spur zu scharf. Sie knallte ihr Weinglas auf den Tisch und erhob sich. Dan erhob sich als einziger von den Männern, Steve und Rick blieben stur sitzen.
    «Meine Güte. Hätte ich gewusst, dass hier so eine Negerfreundin im Busch hockt, wäre ich lieber in Nairobi geblieben», ätzte Steve.
    Ella, die zwar angeheitert war, aber noch nicht vollends den Verstand verloren hatte, legte beruhigend die Hand auf Steves. Mit ihm steigt sie also abends ins Bett, dachte Audrey. Dann widmet Babette sich bestimmt Rick.
    «Ich bin sicher, das hast du nicht so gemeint», sagte Ella.
    «Was weißt du schon. Natürlich habe ich das so gemeint!» Zufrieden verschränkte er die Arme vor der Brust. «Und dein
Sklave
», er wandte sich wieder an Audrey und betonte das Wort, «hat mir immer noch keine Kartoffeln aufgetan.»
    Kamau, der hinter Audrey an der getäfelten Wand stand und mit ihr zu verschmelzen schien, wollte einen Schritt nach vorne machen. Doch Audrey hob die Hand und hielt ihn zurück.
    «Ich verbitte mir, dass du in meinem Haus so über meine Angestellten redest», sagte sie zu Steve. Ganz ruhig war sie jetzt. «Meine Boys sind weder Sklaven, noch hast du das Recht, mit ihnen umzuspringen, als gehörten sie dir.»
    «Meine Boys», äffte Steve sie nach.
    Sie hatte genug davon. Genug von den Menschen, die Fanny ins Haus gebracht hatte. Aber statt auf den Tisch zu hauen und sie fortzuschicken, ging sie selbst. Sie verließ das Esszimmer, durchquerte das Wohnzimmer und trat auf die Veranda. In der Ferne hörte sie die Trommeln aus dem Dorf und Gesang. Ein Ngoma war im Gang, ein rituelles Tanzfest. Davon hatte Kinyua ihr gar nichts erzählt. Aber sie hatten in den letzten Tagen auch nicht allzu oft gesprochen. Mit jedem neuen Gast, der ins Haus kam, zog Kinyua sich weiter zurück. Wie ein scheues Tier.
    Sie setzte sich in einen der Korbsessel. Es war erstaunlich kühl an diesem Abend, und sie fröstelte. Das betörende Trommeln und die Stimmen der Kikuyu wirkten einschläfernd. Erschöpft legte sie den Kopf in den Nacken und versuchte, den Ärger zu vergessen.
    Sie fühlte sich einsamer als noch vor einer Woche, als niemand hier gewesen war.
    «Störe ich?» Dan stand in der offenen Tür.
    Sie schüttelte schweigend den Kopf. Natürlich störte er. Jeder von ihnen störte sie, aber für den Moment war es ihr ganz angenehm, nicht allein hier sitzen zu müssen.
    Dan trat auf die Veranda. Er setzte sich in den Korbstuhl direkt neben ihrem, und sie widerstand dem Impuls, von ihm abrücken zu wollen.
    «Ich muss mich für Steve entschuldigen. Wenn er trinkt …»
    «Jeder von uns hat getrunken», erwiderte sie ungnädig.
    «Ich weiß, es ist nicht zu entschuldigen.»
    Audrey wollte nichts mehr hören. Sie stand auf und überquerte die Rasenfläche. Sie schaute sich nicht um. Es war ihr egal, ob Dan ihr folgte.
    Sie tauchte in den Wald ein. Wann hatte sie die Angst vor dem Dunkeln verloren? Vor den Geräuschen der Nacht und den Tierlauten, vor dem unwegsamen Pfad und davor, angegriffen zu werden?
    Der Ngoma lockte sie. Der hypnotisierende Rhythmus der Trommeln, das Auf und Ab der Stimmen, die Triller, mit denen sie ihren Gesang krönten, jeder einzelne einem Muster folgend, das keiner durchschaute, am wenigsten die Tanzenden selbst.
    Sie war noch nie Zeugin eines Ngomas gewesen. Heute wollte sie es sehen.
    Von hinten hörte sie Dans Stimme. Er rief ihr zu, sie sollte auf ihn warten. War er so langsam, oder ging sie so schnell? Audrey fühlte sich ganz leicht. Der Wein, dachte sie. Ähnlich Pembe, dem Bier, mit dem sich die Kikuyu

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