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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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hatte erzählen müssen, der sie nicht verurteilte? Oder weil sie ihm tatsächlich vertraute?
    Auf wen würde sie sich verlassen, wenn sie jetzt in eine Situation geriet, in der Vertrauen so wichtig war? Auf Matthew oder Kinyua?
    Die Antwort machte ihr Angst.
    Als er an diesem Tag ging, bat sie Kinyua, zukünftig nicht mehr morgens zum Haus zu kommen. «Es ist besser», sagte sie, und er nickte nur, als sei ihm klar, was sie damit sagen wollte. Als sehe er, wie sie ins Verderben rannte zwischen Herz und Verstand.
    Und dann kam alles ganz anders. Es geschah am dritten Tag nach Matthews Abreise. Am frühen Nachmittag, als Audrey sich gerade hingelegt hatte, um ein wenig auszuruhen, hörte sie Stimmen vor dem Haus. Und als sie hinaustrat, sich hastig die Müdigkeit aus dem Gesicht wischte und versuchte, ein Lächeln aufzusetzen, erstarb es gleich wieder auf ihren Lippen.
    «Sie kann nicht länger in der Stadt bleiben», erklärte Benedict Tuttlington und führte Fanny am Arm auf die Veranda.
    Fanny mit dem gebrochenen Blick einer Frau, die alles verloren hatte.

[zur Inhaltsübersicht]
26 . Kapitel
    Audrey führte Fanny zu einem der Korbsessel und schob die Freundin einfach hinein. «Kamau, Tee!», rief sie über die Schulter, denn sie wusste, er war in der Nähe. Er war immer in der Nähe, wenn sie ihn brauchte.
    «Liebes, was ist passiert?»
    «Die Weiber der sogenannten Gesellschaft von Nairobi», antwortete Benedict Tuttlington statt ihrer. «Sie haben ihr zugesetzt, und ich wusste mir irgendwann nicht mehr anders zu helfen.»
    Audrey warf ihm einen stechenden Blick zu. «Wenn du nicht helfen kannst, kann’s wohl keiner», erwiderte sie scharf. Sie war es leid zuzusehen, wie die Männer sich erst an Fanny schadlos hielten und dann selig ihre Hände in Unschuld wuschen, weil eine stärkere Frau hinter ihnen stand. Benedict war in dieser Hinsicht keinen Deut anders als Jack. Dabei war er einer der einflussreichsten Männer in der Kolonie und hätte zumindest die Frau schützen können, mit der er zusammen war. Oder auch nicht, so genau wusste das wahrscheinlich nicht mal Fanny.
    «Was ist passiert?», fragte sie an Fanny gewandt. Ihre Freundin starrte sie jedoch nur müde an. «Sprich mit mir, Fanny», flehte Audrey.
    «Gib’s auf. Sie hat sich verändert in den letzten Monaten.»
    Dabei war es gar nicht so lange her, dass Audrey mit Fanny beisammengesessen hatte. Nicht mal drei Monate.
    «Kannst du dich um sie kümmern?», fragte Benedict. Kamau brachte ein Tablett mit frisch aufgebrühtem Tee. Audrey drückte Fanny eine Tasse in die Hand. Die Freundin war geradezu apathisch. Wie sollte sie sich neben der Farm und den Kindern auch noch um Fanny kümmern?
    «Irgendwie schaffe ich das schon», versprach sie. Auf keinen Fall wollte sie zulassen, dass Benedict Fanny mit zurück nach Nairobi nahm. Irgendwas in der Stadt tat der Freundin nicht gut, und Audrey befürchtete, dass Tuttlington daran nicht so unschuldig war, wie er vorgab.
    Sie trat einen Schritt zurück. Benedict beugte sich über Fanny, die leblos im Korbsessel hing. «Ich lass dich hier», hörte sie ihn flüstern. «Audrey wird sich um dich kümmern, hörst du?»
    Ob Fanny nickte oder sonst wie auf seine Worte reagierte, konnte Audrey nicht sehen, weil er ihr den Blick versperrte. Er richtete sich auf, nickte Audrey zu und sprang von der Veranda. Einer der Boys lud die große Kiste mit Fannys Sachen von der Kutsche.
    «Das war alles?», rief Audrey erbost. Sie eilte hinter Benedict her. «Mehr hast du nicht zu sagen? Du kommst her, lädst Fanny ab und bist keine fünf Minuten später wieder auf dem Weg nach Hause?»
    Sie packte seinen Arm. Wütend fuhr er zu ihr herum. «Es geht nicht anders!», rief er erbost. «Siehst du denn nicht, was aus ihr geworden ist? Ich kann das nicht. Ich kann nicht für einen Menschen die Verantwortung übernehmen, der so … so hilflos ist.»
    Er schob Fanny einfach ab. Audrey ließ ihn los. «Solange sie fröhlich war, hat sie dir wohl gefallen?»
    «Das ist es nicht», erwiderte er müde.
    «Nein, das ist es ja nie.» Sie war enttäuscht von ihm, obwohl sie vermutlich nichts anderes hätte erwarten dürfen von einem Mann, der so einen lockeren Lebenswandel pflegte, und als sie schon glaubte, schlimmer könnte es für Fanny nicht werden, sagte er leise: «Mir tut das ja auch so leid, aber meine Frau …»
    Und davon hatte sie nichts gewusst.
    «Du hast geheiratet», sagte sie leise.
    «Ja», erwiderte er. «Vor vier

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