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Am Grund des Sees

Titel: Am Grund des Sees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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Giovanni, nichts für ungut, aber ich werde vor Gericht gehen.«
    Pellanda seufzte und warf einen Blick auf die Uhr.
    »Was soll ich sagen. Darüber reden wir noch. Jetzt wartet Contini auf mich.«
    »Man sieht sich!« Tommi hob grüßend die Hand und ging davon.
    Tatsächlich, erfuhr Pellanda eine Viertelstunde später, wollte Contini über den Staudamm reden.
    Sie saßen im Salon, einem Raum, dessen Seele zu gleichen Teilen zwischen den Interessen Pellandas und seiner Gattin aufgeteilt war. An den Wänden hingen Jagdtrophäen, Fotos vom Bürgermeister mit erlegtem Wild, Fahnen von Fußballclubs. In einer Ecke stand ein blankpolierter schwarzer Flügel, und die Bücherregale zierte eine beeindruckende Reihe von Krimis aus der Mondadori-Reihe neben kleinen Keramikfiguren. Die Mitte des Zimmers nahm ein von riesigen fuchsienfarbenen Polstersesseln umringtes Glastischchen ein. Frau Rosa Pellanda, gut fünfzehn Jahre jünger als ihr Gatte, kam mit einer Flasche Weißwein und brachte Gläser aus der Kredenz.
    »Einmal anstoßen, dann lasse ich euch allein«, rief sie und setzte sich Contini gegenüber. »Sagen Sie, Signor Contini, wie lange sind Sie denn schon Detektiv?«
    »Schon eine Zeit lang«, antwortete Contini ausweichend.
    »Das ist bestimmt unheimlich interessant, stell ich mir vor«, drängte die Dame weiter.
    »Kommt auf den Fall an.«
    »Ja, das glaub ich. Und hatten Sie denn schon mal einen spannenden Fall? Ich erinnere mich, dass ich Ihren Namen schon gehört habe, und zwar im Zusammenhang mit der Affäre um das Ruggeri-Collier …«
    Bürgermeister Pellanda hüstelte.
    »Rosa …«
    »Hab schon verstanden«, antwortete sie und erhob sich, »ihr habt was zu besprechen. Aber irgendwann, Signor Contini, müssen Sie uns noch mal besuchen. Wissen Sie, ich bin eine begeisterte Krimileserin.«
    »Ach ja?«
    »Ja, ich liebe sie alle, und am allermeisten liebe ich die Psychokrimis, verstehen Sie - Schießereien und Verfolgungsjagden sind schön und gut, aber man darf doch die Charaktere nicht vernachlässigen, finden Sie nicht?«
    »Sicher.«
    Contini nickte und nahm einen Schluck Weißwein aus seinem Glas. Er trug einen hellgrauen Samtanzug mit weißem Hemd und einer dünnen schwarzen Krawatte, eine Kombination, die vor dem Hintergrund eines fuchsienfarbenen Sessels eine eigenartige Wirkung erzeugte - wie eine Schwarzweißfigur in einem Farbfilm.
    »Entschuldige, Contini«, sagte Pellanda, sobald seine Frau das Zimmer verlassen hatte. »Sie ist halt ein Krimifan.«
    Contini zuckte die Achseln, wie um zu sagen: Jedem Achilles seine Ferse.
    »Natürlich bin ich neugierig, was dich zu mir führt«, fuhr Pellanda fort. »Wie lang warst du nicht in Malvaglia?«
    »Gut zwölf Jahre«, antwortete der Detektiv. »Und in der Zwischenzeit ist einiges passiert. Aber ich sehe, dass du immer noch Bürgermeister bist …«
    Nun zuckte auch Pellanda die Achseln.
    »Jemand muss es ja machen«, sagte er mit einem halben Lächeln. »Rauchst du?«
    Contini nickte. Während sie ihre Zigaretten anzündeten, klopfte es kurz an der Tür, und ein vierschrötiger Mensch streckte den Kopf herein. »Stör ich?«
    Pellanda stand auf.
    »Aber gar nicht! Im Gegenteil - vielleicht will unser Detektiv auch mit dir reden! Den Ingenieur Vassalli kennst du noch, Contini?«
    Contini nickte. »Dein Schwager, oder?«
    »Ja«, sagte Vassalli und setzte sich, nachdem er sich ebenfalls ein Glas aus der Kredenz geholt hatte. »Zu meiner Ehre. Und du, Contini, bist ein Detektiv geworden … Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, wie?«
    Contini gab keine Antwort, und es trat ein Schweigen ein. Pellanda hüstelte wieder. Vassalli rang sich eine halblaute Bemerkung über das Wetter ab, und schließlich sagte Contini: »Vor zwanzig Jahren, als der erste Ausbau des Stausees beschlossen wurde, wart ihr unter den Befürwortern. Der eine als Bürgermeister, der erst ein paar Monate im Amt war, der andere als Ingenieur, der den Auftrag ausführen sollte.«
    »Ja, und?«, fragte Vassalli.
    »In letzter Zeit muss ich an meinen Vater denken«, sagte der Detektiv. »Ihr wisst, dass er genau zu der Zeit verschwunden ist, als der Stausee eingelassen wurde. Und jetzt frag ich mich: Was, wenn an dem ganzen Gerede letztlich doch was Wahres dran ist?«
    Wieder trat ein Schweigen ein. Dann fragte Bürgermeister Pellanda: »Nämlich?«
    »Nämlich«, sagte Contini, »dass zwischen dem Ausbau des Stausees und dem Verschwinden meines Vaters ein Zusammenhang bestehen

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