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Am Grund des Sees

Titel: Am Grund des Sees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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Partner gefallen. Können wir die Ermittlung nicht totschweigen?«
    »Hm. Könnte man natürlich«, brummte Finzi. »Ist aber riskant. Zu viele Haie in diesem Becken. Wenn du mich fragst, haben die sowieso schon einen Verdächtigen.«
    »Ach.« Passalacqua hüstelte. »Und wer …«
    »Na, dieser Contini, wer sonst?« Finzi lächelte. »Sag, hast du ihn dir genauer angeschaut? Der ist doch eindeutig durchgeknallt.«
     
    … Je länger ich mich mit dieser Ermittlung beschäftige, desto tiefer versinke ich in Erinnerungen. Oder in dem Versuch, mich zu erinnern. Wer war mein Vater? Ich weiß nur noch ein paar typische Ausdrücke, die er gern benutzte, seine Art zu reden. Aber was er sagte, weiß ich nicht mehr. Manchmal erzählte er von meiner Mutter, von der Zeit, als sie in Frankreich lebten. Wie Sie wissen, ist meine Mutter gestorben, als ich drei war. Von ihr weiß ich noch viel weniger, und dieses Thema gehört auch nicht hierher .
    Seitdem ich fünfzehn war, bin ich ohne Familie aufgewachsen und lebe seither allein. Abgesehen von den drei Jahren mit Desolina Fontana. Man könnte fast sagen, dass sie eine Zeitlang versucht hat, eine Ersatzmutter für mich zu sein, aber es hat nicht funktioniert. Kaum war ich achtzehn, ist sie nach Spanien gezogen, und seither bin ich dem psychologischen Profil des Kommissärs De Marchi immer ähnlicher geworden.
    Ich lebe fernab der Welt, stöbere in der Vergangenheit herum - manche würden sagen, ich bin besessen von ihr -, bin beziehungsunfähig. Ich glaube, mit Francesca ist es vorbei, auch diese Illusion kann ich begraben. Ich sag Ihnen was - wenn ich Polizist wäre, mir kämen ebenfalls Zweifel.
    Ich aber weiß, dass hier irgendwo noch ein Irrer herumläuft, und das bin nicht ich.
    Was soll ich tun? Wenn Desolina mir helfen könnte, wenn ich die Verbindung zwischen den Ereignissen vor zwanzig Jahren und heute erkennen könnte …
     
    Contini nahm die Autobahnausfahrt Lugano Nord. In Pregassona fand er, nach kleineren Irrfahrten, die Straße nach Soragno, Davesco, Cadro und schließlich Villa Luganese.
    Es war fast sieben, als er am Ziel war, und es sah nicht danach aus, dass der Wind sich demnächst legte. Auch hier war kein Mensch unterwegs; auf dem Hügel, zwischen den beleuchteten Villen, war nur das Gebell der Wachhunde zu hören. Das Haus der Signora Fontana stand, von einer Hecke geschützt, gegenüber der Straße leicht erhöht inmitten einer Wiese voller Obstbäume.
    Adele Fontana war eine üppige Frau um die fünfzig. Sie strahlte den Detektiv an und musterte ihn mit einer kaum von Anstand verhohlenen Neugier.
    »Sie sind bestimmt der Herr Contini! Nur herein, herein, Tante Desolina erwartet Sie schon …«
    Die Einrichtung des Hauses bestand aus hellen, modernen Designermöbeln und nutzte die Weitläufigkeit der Räume sehr gut aus. Die Mitte des Wohnzimmers nahm eine Sitzgruppe ein, bestehend aus einem von weißen kubischen Sesseln umringten niedrigen Glastischchen.
    Auf dem Tisch stand eine Glasvase mit einer weißen Rose darin. Und dort saß eine zierliche Frau, die sich hinter ihren Runzeln zu verstecken schien: die alte Desolina Fontana, die sich schon vor zwanzig Jahren nur in Schwarz gekleidet und selten gelächelt hatte. Sie blickte dem Detektiv entgegen und sagte: »Elia.«
    Contini erkannte sie ohne Mühe. Einer Frau, die früh altert, kann die Zeit danach nicht mehr viel anhaben, und sie sieht mit neunzig so aus wie mit sechzig.
    »Guten Abend, Desolina«, begrüßte er sie und nahm ihr gegenüber Platz.
    »Wie lang haben wir uns nicht gesehen«, sagte Desolina mit einem ganz leichten spanischen Einschlag. »Eine Ewigkeit. Wie geht’s dir, Elia?«
    »Nicht schlecht. Und dir?«
    »Ach …« Desolina seufzte. »Alt bin ich.«
    Dann schwiegen sie.
    Adele Fontana hatte Contini ins Wohnzimmer geführt und die beiden dann allein gelassen. Jetzt kam sie mit einem Tablett zurück, auf dem eine Flasche und zwei Kelchgläser standen.
    »Tante Desolina trinkt gern einen Schluck Portwein«, sagte sie und stellte das Tablett ab. »Und Sie, Signor Contini, was hätten Sie gern? Ich habe praktisch alles im Haus …«
    »Portwein ist mir sehr recht, danke.«
    Adele schenkte ein und zog sich wieder zurück. Contini fragte sich, ob sie wohl hinter der Tür lauschte, verwarf die Idee aber rasch wieder.
    »Adele ist eine ganz liebe«, sagte Desolina, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Sie hat einen tüchtigen Mann geheiratet, meinen Neffen, einen Arzt, der leider vor

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