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Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Titel: Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Ewo
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Jerrys verzweifeltem Blick und den mimisch gesprochenen Worten »BLEIB HIER!« koche ich in der Küche eine Kanne Kaffee, zerbreche eine Tafel dunkle Schokolade und lege die Stückchen in eine Schale, hole Tassen, Milch und Würfelzucker.
    Rufe nach meinen Eltern, bringe den Kaffee hinaus und decke den Tisch.
    Jerry plappert. Er allein hat das Wort. Hält es krampfhaft fest. Aber eigentlich redet er vollkommenunzusammenhängend. Als würde er verzweifelt versuchen, die Stille auszufüllen. Er redet und fragt, ohne eine Antwort zu erwarten. Oder antwortet selbst auf etwas, nach dem niemand gefragt hat.
    So habe ich ihn noch nie erlebt.
    Ganz im Gegenteil   – er hat doch sonst immer alles unter Kontrolle. Aber jetzt ist er ganz rot im Gesicht und schwitzt und stottert, sobald sie ihn ansieht.
    »Ach, übrigens«, sagt Selma plötzlich. »Ich gebe Freitag eine Geburtstagsparty. Jerry und du, ihr kommt doch?«
    »Meine Güte! Siebzehn Jahre! War das ein Alter!«, sagt mein Vater verträumt.
    »Ja, wir   … äh   … kommen«, antworte ich für Jerry und mich. »Was wünschst du dir denn?«
    »Ach, weißt du, Glanz und Glitter, Jungs und alles, was Spaß macht«, antwortet Selma lachend.
    »Genau was ich mir auch zu meinem letzten Geburtstag gewünscht habe«, wirft meine Mutter gespielt verbittert ein. »Und habe ich irgendetwas davon gekriegt? Nein!«
    »Aber   … was   … äh   … was wünschst du dir nun wirklich?«, frage ich.
    »Ich wünsche mir   …« Selma macht eine Pause, um die Spannung zu verlängern.
    »SAG NICHTS!«, schneidet ihr Jerry das Wort ab.
    Und schon ist er wieder in voller Kraft und Lautstärke präsent. Jerry ist ein Mann der Pläne. Der alles organisiert und schafft. Der Riese, die Flutwelle Jerry kann so etwas.
    »Ich! Weiß! Genau! Was! Du! Bekommst!«, sagt erund schafft es dabei, wirklich auf jedes Wort die Betonung zu legen.
    Manche haben ein Naturtalent dafür, die Aufmerksamkeit einer Gruppe auf sich zu ziehen. Jetzt weiß ich, dass es so etwas gibt wie den »Sog der Erwartung«. Dieser Sog vibriert in uns   – ein lautloses Flüstern, das allen Beteiligten Abenteuer und Spannung verspricht.
    Mein Vater, meine Mutter und Selma malen sich Schatzkammern aus, angefüllt mit Edelsteinen und Perlen, Reisen in exotische Länder oder eine romantische Nacht mit einem dunklen, geheimnisvollen Liebhaber.
    Ich sehe eher etwas in der Art von einem unerwarteten, unberechenbaren Chaos vor mir.
    »Kannst du uns nicht vielleicht einen kleinen Tipp geben?«, fragt mein Vater neugierig.
    »Das ist wie mit den Weihnachtsgeschenken, lieber Onkel«, antwortet Jerry. »Man darf nicht vorher schnüffeln oder schon mal fühlen.« Er wendet sich mir zu: »Wollen wir eine kleine Tour ins Zentrum machen?«
    »Ich komme mit«, sagt Selma. »Nur um aufzupassen, dass ihr auch die richtige Größe kauft.« Sie grinst.
    »Du bleibst hier«, erkläre ich entschlossen.
    »Okay. Ist mir sowieso egal, was ihr kauft«, sagt sie gespielt beleidigt. »Hauptsache, es ist teuer!«
    Wir ziehen die Maleranzüge aus, winken meinen Eltern zu, die Matte und Trainingsball herausgeholt haben. Mein Vater hat die CD mit den Walgesängen aufgelegt, zu der sie immer bei ihrem Training meditieren.Wir dagegen verlassen den Garten, Selma dicht auf den Fersen.
    »Denkt dran, dass es TEUER sein soll!«, ruft sie uns hinterher, setzt sich auf die Bank an der Bushaltestelle und schiebt sich drei Kaugummis in den Mund.
    »Was willst du ihr denn kaufen?«, frage ich nach ein paar Minuten.
    »Ich? Keine Ahnung«, antwortet Jerry, der doch soeben der Dame grüne Wälder, Abenteuer und andere Träume versprochen hat. »Mir war nur klar, dass sie etwas richtig Schönes braucht. Gibt es etwas richtig Schönes hier in Tipling?«
    »Hmm, das ist die Frage«, überlege ich.
    »Was willst du kaufen?«, fragt er.
    »Glitzer-glitzer«, antworte ich. »Sie liebt Schmuck.«
    Und im Laufe von zehn Minuten bin ich zwei Hunderter los. Ein Herz aus Silber, das man um den Hals hängen kann. Ich finde es richtig schön.
    Aber Jerry   … »Ich weiß nicht so recht«, sagt er. »Es ist irgendwie so billig, etwas zu kaufen. Es müsste etwas sein, das sie nie vergisst   – oder etwas, damit sie MICH nie vergisst. Daher ist es auch so wichtig, dass es sich um ein schönes Geschenk handelt. Denk, denk nach, Jerry!« Er schlägt sich mit der Hand an die Stirn. »Ein Geschenk, das geheimnisvoll & spannend riecht. Ein Geschenk, größer als das Leben. Ein

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