Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Helllichten Tag

Am Helllichten Tag

Titel: Am Helllichten Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone van Der Vlugt
Vom Netzwerk:
Küchenblock ist vorhanden, sodass sie sich und Robbie selbst versorgen kann; für heute Abend hat sie jedoch das Angebot der alten Dame, in ihrer Wohnküche mitzuessen, dankbar angenommen. Diese hat auch gleich eine Bekannte angerufen, die ihr einen Laufstall und ein Kinderbett leihen und noch heute vorbeibringen will.
    Nathalie packt ihre wenigen Kleidungsstücke und Robbies Sachen aus und verstaut alles im Schrank, obwohl sie nicht vorhat, länger zu bleiben.
    Vor einer Woche ist sie nach einer ziemlich ermüdenden Bahnfahrt in den Niederlanden angekommen.
    Nachdem es ihr gelungen war, Vincent abzuhängen, fuhr sie zunächst nach Zürich, stieg dort für zwei Tage in einem Hotel ab und nutzte die Zeit für einen ausgiebigen Einkaufsbummel, um Kleidung für sich und Robbie zu kaufen.
    Dann erst wagte sie sich zum Bahnhof, um eine Fahrkarte nach Maastricht zu erstehen.
    Dort angekommen, mietete sie sich in der Pension in der Stadtmitte ein und versuchte verzweifelt, ihre Schwester telefonisch zu erreichen.
    Die Nummer des Ferienhauses hatte sie rasch übers Internet herausgefunden, doch jedes Mal, wenn sie anrief, kam das Freizeichen.
    Auf der Website einer italienischen Tageszeitung hatte sie einen Artikel gefunden, dem sie mit viel Mühe entnahm, dass Edwin zwar verletzt, aber am Leben ist.
    Ihre Erleichterung war jedoch nur von kurzer Dauer. In Zeitungen, die an der Rezeption auslagen, las sie von dem Mord an Kristien und ihrem Freund Ruud. Sie war zutiefst schockiert, und weil ihr sofort klar war, wer hinter dem Verbrechen steckt, hatte sie sich kaum noch aus ihrem Zimmer gewagt.
    Anscheinend hatte Vincent befürchtet, dass sie den beiden von seinen schmutzigen Geschäften erzählt hat. Deswegen hat er sie zum Schweigen gebracht – anders kann Nathalie sich das nicht erklären.
    Viele Stunden hatte Nathalie auf dem Bett gelegen, geweint und gegrübelt und sich heftige Vorwürfe gemacht. Am Ende war sie zu dem Schluss gekommen, dass nicht sie am Tod ihrer Freundin schuld ist, sondern einzig und allein Vincent.
    Dann fuhr sie nach Roermond und besuchte Kristiens Grab. Dort, auf dem Friedhof, war ihr Plan entstanden.
    Da Vincent wohl kaum aufgeben und weiter nach ihr suchen wird, sie aber nicht bis in alle Ewigkeit vor ihm davonlaufen kann, muss als Erstes eine Waffe her. Danach wird sie ihn stellen, und wenn sie dabei klug vorgeht, wird jeder an Notwehr denken, sodass man ihr nichts anlasten kann.
    Die Begegnung mit Julia und deren Angebot, sie bei ihrer Großmutter unterzubringen, war wie ein Wink des Schicksals. Das gibt ihr die Möglichkeit, für unbestimmte Zeit unterzutauchen und sich für Kristiens Tod und alles, was Vincent ihr angetan hat, zu rächen.
    Als sie hörte, dass Julia bei der Kripo arbeitet, war sie zunächst erschrocken, doch wer weiß, vielleicht hat das auch Vorteile.
    Am Abend essen sie zu dritt Limburger Sauerfleisch.
    Nathalie ist schweigsam, dafür reden Julia und ihre Großmutter umso mehr. Sie unterhalten sich lang und breit über die Zutaten.
    Nach dem Essen hilft Julia beim Abspülen.
    »Gehen Sie doch ein wenig an die Luft«, sagt Emma zu Nathalie. »Ihr kleiner Sohn schläft selig, um den brauchen Sie sich jetzt nicht zu kümmern.«
    Nathalie fügt sich und geht in den Garten.
    Emma sieht durchs Küchenfenster, wie sie sich auf die Bank setzt, und seufzt: »Ach, das arme Ding tut mir so leid.«
    »Ich leiste ihr nachher ein bisschen Gesellschaft«, meint Julia.
    Da sie ohnehin noch mit Nathalie reden will, geht sie, nachdem der Abwasch erledigt ist, in den Garten hinterm Haus, den ihre Großmutter mit viel Liebe hegt und pflegt: ein Stück Rasen mit Pflaumenbäumen, gesäumt von Blumenbeeten.
    Nathalie sitzt mit geschlossenen Augen auf der schmiedeeisernen Bank und zuckt zusammen, als sie Schritte hört.
    »Ich bin’s nur«, sagt Julia. »Darf ich mich dazusetzen?«
    Nathalie ist die Situation sichtlich peinlich. Ein wenig scheu sieht sie Julia an: »Tut mir leid, dass ich so erschrocken bin. Ich dachte schon …« Sie verstummt ab, zeigt dann aber einladend auf den Platz neben sich.
    Julia setzt sich. »Was dachten Sie?«
    Ein tiefer Seufzer, dann scheint Nathalie sich ein Herz zu fassen und erzählt. Von ihrem Ex. Dass er sie von ihrem gewalttätigen Vater weggeholt, aber bald darauf selbst zugeschlagen hat. Alles, was sie bisher verschwiegen hat, sprudelt aus ihr heraus, und sie schildert in allen Einzelheiten, was sie im Lauf der Jahre zu erdulden hatte.
    Zwischendurch hat

Weitere Kostenlose Bücher