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Am Helllichten Tag

Am Helllichten Tag

Titel: Am Helllichten Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone van Der Vlugt
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starrt er sie an, und Nathalie wird schlagartig klar, dass hier ihre Chance liegt.
    »Im Grunde habe ich kein Problem damit«, sagt sie. »Zumal Vincent immer so besitzergreifend war. Das hat mich wahnsinnig gemacht.« Sie öffnet den Verschluss ihres BH s, lässt ihn zu Boden fallen und präsentiert Nico ihren nackten Busen. Dabei mustert sie ihn anzüglich und merkt, dass sich unter dem Stoff seiner Hose eine Erektion abzeichnet.
    »Leg die Spritze weg!«, sagt sie leise. »Die brauchst du vorerst nicht.«
    Mit zwei Schritten ist er bei ihr.
    »Du glaubst doch wohl nicht, dass du mit dem Leben davonkommst, wenn du dich von mir ficken lässt?«, sagt er. »Um ein Haar hättest du meinen besten Freund umgebracht, du elendes Flittchen!«
    Die Ohrfeige kommt so unerwartet, dass Nathalie das Gleichgewicht verliert und rücklings auf die Couch fällt.
    Bevor sie sich aufrichten kann, ist Nico auch schon über ihr. »Ob du willst oder nicht, ist mir scheißegal!«, zischt er und beginnt, seine Hose zu öffnen.
    Nathalie tastet inzwischen nach der Jacke und zieht sie ein Stück unter ihrem Po hervor. Sie spürt, wie die Glock gegen ihre Hüfte drückt, traut sich aber noch nicht, nach ihr zu greifen.
    Draußen hat Robbie angefangen zu schreien, und zwar so laut, dass man es bis ins Haus hört.
    Zu ihrer Erleichterung hat Nico die Spritze und die Pistole weggelegt und nestelt nun am Knopf ihrer Jeans. Er ist so damit beschäftigt, dass er nichts anderes um sich herum wahrnimmt.
    Nathalie sucht die Öffnung der Jackentasche und registriert kaum, dass er ihr Hose und Slip auszieht.
    Erst als sie seinen Penis an der Hüfte spürt, steigt Ekel in ihr auf.
    Um besser an die Tasche heranzukommen, biegt sie den Rücken durch, was Nico anscheinend als Aufforderung interpretiert, denn er stöhnt lustvoll auf und drückt ihre Schenkel auseinander.
    Endlich schafft sie es, in die Tasche zu fassen. Ihre Finger umschließen den Lauf der Pistole.
    Inzwischen müht Nico sich auf ihr ab, versucht, mit Gewalt in sie einzudringen.
    »Eine Hure bist du!«, keucht er. »Du warst schon immer geil auf mich – gib’s zu!«
    Nathalie dreht die Pistole in der Hand und hält den Lauf an seinen Kopf.
    »Arschloch!«
    Sie drückt ab.
    Unter der Dusche spült sie Blut und Gehirnmasse von ihrem Körper.
    Noch zitternd vor Aufregung, trocknet sie sich ab und nimmt frische Kleider aus dem Schlafzimmerschrank.
    Anschließend hastet sie zum Auto, um den wie am Spieß brüllenden Robbie zu holen.
    Sie drückt das völlig aufgelöste Kind an sich, setzt sich an den Küchentisch und starrt ins Leere.
    Draußen beginnt es zu dämmern.

31
    Julia hat sich einen Tag freigenommen, weil nach dem Tod ihrer Großmutter unzählige Dinge zu regeln sind. Der Bestattungsunternehmer war bereits da, hat ihr sein Beileid ausgesprochen und ihr einen Katalog mit Fotos von Särgen vorgelegt. Sie hat schlichtes Buchenholz genommen, ausgeschlagen mit weißer Seide.
    Wie betäubt hat sie danach entschieden, welches Blumengebinde auf den Sarg soll, und mit dem Bestatter zusammen einen Text für die Todesanzeige und die Trauerkarten entworfen.
    Ob ihre Oma lieber beerdigt oder feuerbestattet werden wollte, war nie ein Thema zwischen ihnen. Julia nimmt an, dass sie bei ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter auf dem Städtischen Friedhof begraben sein möchte.
    Nachdem das Dringlichste erledigt ist, fährt sie zur Leichenhalle.
    Lange steht sie bei ihrer Großmutter und hält ihre kalte Hand.
    Dann tritt sie ins Freie, hinaus in den Sonnenschein.
    Gut eine Viertelstunde sitzt sie im Auto, mit hängenden Schultern und gesenktem Blick, als das Handy klingelt.
    Sie zuckt zusammen und merkt, dass ihr leicht schwindlig ist. Offenbar hat sie die Luft angehalten, vielleicht schon minutenlang.
    »Julia am Apparat.«
    »Ich bin’s.«
    Einen Moment herrscht Stille.
    »Hallo«, sagt Julia.
    »Alles okay bei dir?«
    »Wie man’s nimmt.«
    Wieder Stille.
    »Soll ich vorbeikommen?«
    Julia hat die Augen geschlossen. Schon der Klang der vertrauten Stimme beruhigt sie, hat etwas Tröstliches.
    »Ich bin unterwegs zum Haus meiner Oma.«
    »Dann komme ich dorthin. Bis gleich.«
    Julia wollte zunächst nur eine Stunde im Haus ihrer Großmutter verbringen, einfach nur dort sein, wo auch sie mehrere Jah re gewohnt hat, und Erinnerungen nachhängen, obwohl es wehtut.
    Irgendwie ist sie erleichtert, in dieser Situation nicht allein zu sein. Zusammen mit Sjoerd kann sie noch einmal durchs Haus gehen

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