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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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Sueldos, und sechzigtausend genauso!«
    »Ist es ein Reicher?«
    »Es ist König Ferdinand.«
    »Der König?«, rief der Junge erstaunt. Der Alte musste verrückt sein.
    »Also, die Schulden stammen noch von seiner Mutter, Ihrer königlichen Hoheit Doña Juana Enríquez.«
    »Aber sie ist doch vor vielen Jahren gestorben!«
    »Tatsächlich, es sind sehr alte Schulden. Trotzdem erwartet mich der König und hat mich wissen lassen, dass er sie mir bezahlen wird«, behauptete der Alte.
    Joan bat den Bauern, der sich ihm als Joan von Canyamars vorstellte, ihm die Geschichte zu erzählen. Er erklärte sich gern dazu bereit.
    »Vor dreißig Jahren, Anfang Juni 1462 , flüchtete Königin Juana Enríquez vor dem Bürgerkrieg, der gerade ausgebrochen war, nach Girona. Sie war allein mit ihrem Sohn Ferdinand, der damals noch ein zehnjähriger Infant war. Ihr Ehemann, Johann  II . von Aragonien, durfte Katalonien nicht ohne die Erlaubnis der Generalitat betreten. In ihr herrschten Adelsgruppen, gegen die wir uns stellten, sowohl das einfache Volk als auch die
remensas
. Wir kämpften gegen die ›schlechten Gebräuche‹, mit denen uns die Herren unterjochten.«
    »Was waren denn diese schlechten Gebräuche?«, wollte Joan wissen.
    »Der schlimmste war, dass der Bauer an das Land des Herrn gebunden und es ihm nur erlaubt war, es zu verlassen, wenn er sich zuvor freigekauft hatte. Dieser Freikauf heißt ›
remensa
‹ – daher der Name – und war für einen Bauern unbezahlbar. Aber es gab noch andere Missbräuche, wie zum Beispiel das Recht der Herren, die Bauern mit Körperstrafen zu misshandeln. Der Herr hatte sogar das Recht, die erste Nacht mit der Braut des Bauern zu verbringen, wenn dieser dem Landbesitzer keine Abgabe für die Hochzeit bezahlen konnte. König Alfons V. hat uns
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-Bauern eine befristete Aufhebung dieser Missbräuche gewährt, gegen die wir schon seit Jahren gekämpft hatten. Das haben die Herren nicht anerkannt, und wir haben uns in Waffen gegen sie erhoben.
    Als der Bürgerkrieg zwischen der Generalitat und König Johann  II . ausbrach, haben wir
remensas
den Herrscher unterstützt, weil wir überzeugt waren, dass dies die Tyrannei der Herren beenden würde. Unter dem Befehl des Grafen von Pallars schickte die Generalitat ein Heer nach Girona, das den Kronerben, den Infanten Ferdinand, in seine Gewalt bringen sollte, um ihn gegen den König zu benutzen. Aber der Bischof von Girona, der die Königin und den Infanten beschützte, schloss sich mit ihnen in La Força ein, der Zitadelle in der Oberstadt. Er war bereit, zusammen mit den Freiwilligen, die dem Hilferuf der Königin folgten, Widerstand zu leisten. Während das Heer vor den Toren Gironas stand, konnten wir, nur fünfzig
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unter dem Befehl von Pere Joan Sala, den Belagerungsring durchbrechen. Andere Bauerntrupps unter dem Befehl von Verntallat blieben draußen, um das Heer zu bedrängen, das die ganze Stadt außer der Festung La Força unverzüglich eingenommen hatte.«
    »Pere Joan Sala?«, wunderte sich Joan. »Der
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-Führer, den sie vor sieben Jahren hingerichtet haben?«
    Der Junge erinnerte sich genau an den Blick dieses Mannes und seine qualvolle Tötung auf den Straßen Barcelonas.
    »Ja, Pere Joan Sala. Genau der. Ich war sein Stellvertreter.«
    »Also hat er unserem König Ferdinand geholfen!«
    »Ja. Von uns zweihundert Männern, die den Prinzen beschützt haben, waren fünfzig
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    »Wer war noch dabei?«
    »Die Bediensteten des Bischofs, ein paar Ritter aus dem Gefolge der Königin und die Juden und Konvertiten, die in der Oberstadt wohnten.«
    »Und was ist dann geschehen?«
    »Wir haben uns anderthalb Monate gewehrt, wir mussten ständige Beschießungen, Angriffe und Hunger aushalten. Aber Johann  II . bat den französischen König um Hilfe, und er gab ihm die Grafschaften Roussillon und Cerdaña als Pfand. Eine mächtige französische Armee marschierte über die Pyrenäen, und das Heer der Generalitat musste sich zurückziehen. So kam es, dass die Königin und unser König Ferdinand befreit wurden.«
    Joan dachte daran, wie die Inquisition gegen die Konvertiten wütete. Er dachte auch an das vor kurzem gegen die Juden erlassene Austreibungsdekret, und schließlich sagte er: »Also verdankt König Ferdinand seine Freiheit und vielleicht sein Königreich einer Handvoll Juden, Konvertiten und
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    »Ja, so ist es«, versicherte Joan von Canyamars entschieden. »Pere Joan Sala hatte mich

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