Am Horizont die Freiheit
Palasttüren geschlossen wurden und sich einige Bewaffnete draußen aufstellten.
Die Menge zerstreute sich schnell und verbreitete die Neuigkeit. Joan lief zu Meister Elois Werkstatt zurück. Je weiter sich die Nachricht in der Stadt herumsprach, desto mehr bewaffnete Nachbarn traten auf die Straße und ließen den König hochleben.
Drinnen im Palast gab man dem König starken Wein zu trinken und legte ihn ins Bett.
»Mein Herz geht dahin«, murmelte er mit geschlossenen Augen. »Haltet mich fest.«
Während ihn die Ärzte behandelten, kam er wieder zu Bewusstsein.
»Das ist eine schreckliche Wunde«, stellte einer fest. »An einer Stelle ist die Klinge drei oder vier Finger tief ins Fleisch eingedrungen. Man muss sie mit sieben Stichen nähen.«
»Die Goldkette hat den Schlag aufgehalten«, kommentierte ein anderer. »Gott hat ein Wunder gewirkt und ihn gerettet. Er ist durch einen hauchdünnen Zufall davongekommen.«
»Gott. Gott schützt mich«, sagte sich Ferdinand, während er mit geschlossenen Augen betete.
Königin Isabella befahl, die Galeeren auszurüsten und im Hafen bereitzuhalten, für den Fall, dass der Hof aus Barcelona fliehen musste. Manche Höflinge behaupteten, es sei eine Verschwörung derjenigen, die zwanzig Jahre zuvor unterlegen waren. Die Ratsherren der Stadt und die örtlichen Adligen entgegneten, es handele sich um die Tat eines Wahnsinnigen und ganz Barcelona unterstütze den König. Die Straßen waren voll mit bewaffneten Bürgern, die nach Rache schrien, und es würde nicht leichtfallen, sie zu beruhigen.
Die von der Königin angeordnete Untersuchung konzentrierte sich auf den Gefangenen. Man behandelte seine Wunden. Er sollte lange genug überleben, damit man ihn foltern, zum Reden bringen und danach öffentlich hinrichten konnte.
Als das Leben des Königs außer Gefahr war, bat er darum, den Gefangenen unter vier Augen zu sprechen, obwohl die Ärzte dagegen protestierten. Als ihn dieser Mann verletzte, hatte er ihn erkannt. Es war der treue Joan, der ihn und seine Mutter bei der Belagerung La Forças beschützt hatte! Er sagte sich, dass es nicht sein könne, denn seit damals waren dreißig Jahre vergangen. Doch die Zweifel peinigten ihn.
»Er ist wie Fels«, sagte der Folterknecht zum König. »Er nimmt alles hin, ohne sich auch nur zu beklagen. Bisher wissen wir lediglich seinen Namen, Joan, und dass er aus Canyamars kommt, einem Flecken in der Nähe von Dosrius. Er sagt, dass er allein gehandelt habe und dass er alte Schulden eintreiben wollte.«
König Ferdinand erschauderte.
Als er den Folterraum betrat, denselben, den die Inquisition benutzte, achtete er aufmerksam auf jeden Schritt und hielt sich äußerst vorsichtig an der Tür fest, denn die Wunde schmerzte stark. Die Ärzte und Höflinge blieben an der Schwelle stehen.
Er fand einen Mann vor, der an Eisenstangen gefesselt und mit blutigen Verbänden bedeckt war. Man hatte ihm die Wunden mit größter Berechnung beigebracht, damit sie schmerzten, nicht jedoch töteten. Er hatte die Augen geschlossen, doch als er hörte, dass jemand hereinkam, öffnete er sie.
Ihre Blicke trafen sich.
»Wer bist du?«, fragte der König.
»Ich bin es, Joan. Ihr erkennt mich nicht, Eure Hoheit?«
Dem Monarchen krampfte sich das Herz zusammen, und er suchte Halt an der Mauer. Er keuchte, und seine Beine gaben nach. Das war ein Albtraum.
»Joan? Bist du Joan von Canyamars?«
»Der bin ich, Hoheit.«
»Aber, warum wolltest du mich töten?«, rief der König fassungslos. »Du, den meine Mutter ›den treuen Joan‹ genannt hat! Du, der uns das Leben gerettet hat, als sie La Força angegriffen haben! Warum verrätst du mich? Was haben sie dir gegeben? Geld, Schmuck? Wer sind deine Komplizen?«
»Mein einziger Komplize ist Pere Joan Sala.«
»Aber der ist doch tot!«
»Er ist weiter mein Kamerad, und ich werde bald mit ihm vereint sein. Und Ihr, Hoheit, seid ein Verräter, und ich bedauere, dass ich danebengetroffen habe und dass Ihr noch lebt.«
»Wie kannst du es wagen!«
»Wir haben für Eure Sache und die Eures Vaters gekämpft. Wir haben unser Leben und alles, was wir hatten, geopfert. Dafür wollten wir unsere Freiheit von Euch. Ihr habt den Krieg gewonnen und Euer Versprechen vergessen. Ja noch schlimmer: Allein für Geld habt Ihr uns zusammen mit unseren Familien an die verkauft, die vorher Eure Feinde waren. Für Geld habt Ihr ihnen wieder das Recht gegeben, die schlechten Gebräuche
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