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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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die
Signora
Lucca verlässt immer im Sommer die Stadt, um die wärmste Zeit auf der Insel Ischia zu verbringen. Es tut mir leid: Sie kommt erst im September wieder zurück nach Neapel.«
    Die ganze Freude, die Joan empfunden hatte, als er den Buchhändler entdeckte, war plötzlich verschwunden und damit auch die Hoffnung, Anna zu sehen. Sie kam erst im September zurück! Gott allein wusste, wo sich die Flotte dann befinden würde. Joan suchte Halt an einem Bücherbrett. Er war so betäubt, als hätte er einen Schlag abbekommen. Das war eine schreckliche Enttäuschung.
    »Übermorgen legen wir nach Rom ab«, sagte er halblaut. »Und ich weiß nicht, wann wir zurückkommen werden.«
    »Ich kann ihr eine Mitteilung von Euch hinterlassen«, erbot sich Antonello.
     
     
    Als Joan auf die Galeere kam, suchte er die Insel Ischia mit den Augen. Er erinnerte sich, dass der Steuermann sie gezeigt hatte, als sie in die Bucht einfuhren, doch aus dem Hafen von Neapel ließ sie sich nicht erkennen. Dann unterrichtete er den Admiral über die Bücher, die er kaufen wollte, und dieser erklärte sich mit der Auswahl, aber nicht mit dem Preis einverstanden.
    »Gib ihm zweiundzwanzig Dukaten«, sagte er mit einem boshaften Lächeln. »Wenn er nicht zustimmt, werden die Bücher nicht gekauft.«
    Als Joan in die Buchhandlung zurückkam, nannte er Antonello den Preis, zu dem der Admiral kaufen wollte. Der Buchhändler lachte.
    »Das wusste ich. Ich hatte es Euch schon gesagt. So sind die Adligen«, erklärte er. »Sie erniedrigen sich nicht, indem sie feilschen, aber sie setzen den Preis herab, und du kannst es annehmen oder aufgeben. Aber weil ich dabei gewinne, nehme ich an.«
    Joan zuckte die Achseln. Die Buchhandlung, die Bücher und Antonello interessierten ihn nicht mehr. Seine Gedanken waren bei Anna.
    Der Buchhändler stellte ihm eine Quittung aus, auf der er die Bücher einzeln angab, die er ihm verkaufte, und nahm die zweiundzwanzig Dukaten entgegen. Dann sagte er: »Zehn Prozent davon gehören dir.« Joan stellte fest, dass ihn der Neapolitaner auf einmal duzte. Er schob zwei Dukaten und mehrere Münzen auf seine Tischseite.
    »Dieses Geld gehört dem Admiral. Das kann ich nicht annehmen«, sagte Joan überrascht.
    Der Mann lächelte.
    »Du musst noch viel lernen. Eine solche Provision gebe ich gewöhnlich denen, die mir Bücher verkaufen. Und diese Bücher hast du verkauft. So ist es üblich, und du wirst Geld brauchen. Vor allem, wenn du
Signora
Lucca den Hof machen willst.«
    Joan blickte die Münzen lange an. Der Buchhändler hatte recht. Er brauchte Geld. Alle Männer der Schiffsbesatzung bekamen ihren Sold, außer den Galeerensträflingen. In gesetzlicher Hinsicht war er noch ein Sträfling. Er bekam nichts, und das Geld, das Bartomeu schickte, reichte nur für das Notwendigste.
    »Das darf ich nicht annehmen«, weigerte sich Joan weiter.
    »Nimm es, bitte. Du schläfst eine Nacht darüber, und wenn du es nicht behalten willst, gibst du es morgen dem Admiral«, widersprach Antonello. »Ich darf es nicht behalten, weil es dir gehört und weil ich hoffe, dass du noch weitere Bücher für mich verkaufst. Dieses Geschäft hat seine Regeln, und ich richte mich danach.«
    Joan sagte nichts.
    »Außerdem, woher hat der Admiral das Geld genommen, mit dem er die Bücher kauft?«, fragte der Buchhändler nachdrücklich. »Gehört es wirklich ihm?«
    Das wusste Joan nur zu gut. Dieses Geld stammte aus dem Verkauf der Sklaven. Er nahm die Münzen und steckte sie in seinen Beutel. Der Neapolitaner lächelte.
    »Der Admiral weiß ganz genau, dass du eine Provision behältst. Da bin ich mir sicher«, sagte Antonello, als er sich verabschiedete. »Und er lässt es zu. Auf diese Weise belohnen sie die Treue.«
     
     
    Joan gab dem Admiral die Bücher und die Quittung. Über Vilamarís Gesicht huschte ein kurzes Lächeln, ähnlich dem, das er gezeigt hatte, als sie über die Preise der Bücher sprachen.
    In der Nacht war er erschöpft, doch er konnte nicht schlafen. Er drehte sich auf dem elenden Lager hin und her, dachte an Anna und daran, dass er sie nicht sehen konnte, obwohl sie so nahe war.
    Er erinnerte sich auch an die Worte des Buchhändlers: »Du wirst Geld brauchen, wenn du
Signora
Lucca den Hof machen willst.« Daran hatte er bisher nicht gedacht. Er wollte mit Anna zusammen sein, wollte sie zu seiner Frau machen, wenn sie einverstanden war. Aber er hatte nicht an die praktische Seite der Angelegenheit gedacht. Sie war bereits

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