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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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verschwunden.
    Joan seufzte. Der Trübsinn seiner Liebsten ängstigte ihn, und er wusste nicht, wie er ihr Leid lindern konnte, wenn sie ihn nicht einmal sehen wollte. Plötzlich wurde er wütend. Anna war bereit, ein elendes Leben zu erdulden und ihn mit ins Elend zu stoßen, während sie gemeinsam glücklich sein konnten. Es stimmte, dass sie beide schuldig waren, und er mehr als sie. Doch ihr Eigensinn riss sie beide in den Untergang.
    Roland, wenn Du Angelica wirklich liebst, lass alles liegen und hol sie in Neapel ab,
schrieb Antonello weiter in seinem Brief
.
Es wird nicht leicht sein, aber vielleicht hast Du Glück und findest das Mittel, das diesen Zauber brechen kann, diesen Fluch, der sie verdammt. Dann glänzen vielleicht wieder ihre Augen, und das Lächeln erhellt von neuem ihr Gesicht.
    Eilig bereitete Joan seine Abreise vor. Er wusste, dass es ihm sehr schwerfallen würde, Anna zu überzeugen, dass er sich einer weiteren Enttäuschung aussetzte und dass dies die Eröffnung seines Buchladens ein zweites Mal erheblich hinauszögern würde. In sein Buch schrieb er: »Darauf kommt es nicht an. Ich muss es versuchen.«

119
    M itte Dezember hatte Joan alles für seine Neapelreise vorbereitet. Er wollte so lange wie notwendig in der Hauptstadt des Königreichs bleiben. Doch er schob die Abfahrt hinaus, damit er Weihnachten mit der Familie feiern konnte.
    Als ihn Miquel Corella fragte, was seine Strategie sei, um eine so schwer einzunehmende Festung wie Anna zu erobern, antwortete Joan, dass er sich von seinem Willen und seinem Glauben leiten lasse.
    »Du wirst etwas mehr als das brauchen«, entgegnete der Valencianer.
    »Es kommt nicht darauf an, wie verängstigt sie ist«, warnte ihn Niccolò. »Vielleicht strebt sie nach Leid und glaubt, dass sie damit ihre Sünden abbüßen kann. Wenn es so ist, wird sie dich wieder abweisen.«
    Joan war sich bewusst, dass er keinen richtigen Plan hatte. Aber er durfte sich nicht dem Ruf Antonellos widersetzen, und er ertrug auch die räumliche Trennung nicht länger. Ihm würde schon etwas einfallen. Er vertraute auf eine Schicksalswendung, sobald er in Neapel und in ihrer Nähe sein würde. Doch einige Tage vor Weihnachten erhielt Joan ein unerwartetes Geschenk aus Barcelona. Es war ein Paket, das Bartomeu geschickt hatte. Zusammen mit einem kleinen, sorgfältig zugeschnürten Lederbeutel enthielt es einen Brief des Kaufmanns und einen Abdalás. Joan wunderte sich. Vor kaum einem Monat hatte er nach Barcelona und Neapel geschrieben. Doch während Antonello mehr als genug Zeit hatte, ihm zu antworten, würde sein Brief an Bartomeu wohl noch unterwegs nach Spanien sein. Das Paket, das er in der Hand hielt, hatte Barcelona sogar schon verlassen, bevor er seinen letzten Brief abgeschickt hatte, um sich nach Abdalás Ratschlägen zu richten.
    Bartomeu unterrichtete ihn über die letzten in Spanien erschienenen Druckausgaben und andere persönliche und geschäftliche Themen. Doch zu Joans Überraschung teilte er ihm danach mit, dass er seinem alten Waffengefährten und Freund Pere Roig geschrieben habe. Genau das, worum ihn Joan in dem Brief bat, den Bartomeu gewiss noch nicht erhalten hatte! Er teilte ihm außerdem mit, um das lange Hin und Her der Briefe nach und von Spanien zu vermeiden, habe er den Juwelier gebeten, Antonello direkt zu unterrichten.
    Joan staunte. Hatte Bartomeu seine Gedanken erraten?
    Das Schreiben seines Meisters klärte ihn über das Geheimnis auf. Kurz nachdem Abdalá den ersten Brief erhalten hatte, in dem Joan mitteilte, dass ihn Anna abgewiesen hatte, bat der Muslim seinen Herrn und Freund Bartomeu, dem Vater des jungen Mädchens zu schreiben. Der alte Meister nutzte die Dienste Bartomeus, Pere Roigs und Antonellos für seine Sache.
    Anna liebt Bücher, und Bücher sind das, was du am besten schaffen kannst,
schrieb ihm Abdalá
. Erinnere dich, als ich für sie den »Verliebten Roland« übersetzte und du mit eigener Hand die Blätter mit harmonischen Buchstaben gefüllt, sie dann gebunden und mit einem schönen Deckel versehen hast. Eine dieser Seiten war dein Liebesbrief. Und dieser Brief hat ihr Herz erreicht. Das ist der Weg.
    Stelle für sie ein wunderschönes Buch her, das von Eurer Liebe erzählt, von Sünde, Reue und Vergebung. Ein Buch, das eine Buße enthält, um ihre Schuld zu überwinden, und das so ihr Herz von den Ketten befreit, die es daran hindern, dich zu lieben.
    Erinnere Dich, was ich Dir über die Bücher erzählt habe, über

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