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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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schlimm hab ich’s noch nie gehabt. Sonst ist es immer mehr so ein Ziehen, wenn Sie wissen, was ich meine. Dies war ein scharfer, stechender Schmerz, und ein paar Minuten lang konnte ich mich überhaupt nicht rühren. Dann habe ich mich am Schrank entlang und am Schreibtisch entlang zu meinem Sessel zurückgehangelt.»
    «Ich glaube, ich gebe Ihnen doch lieber was», antwortete der Arzt. Er suchte in seiner schwarzen Tasche und holte eine kleine Flasche heraus. «Zum Glück hatte ich zu Hause Ärztemuster. Das hier ist ein Muskelrelaxans. Möglicherweise werden Sie davon müde, also würde ich an Ihrer Stelle lieber keine größeren Autofahrten unternehmen. Ich habe recht gute Erfolge mit diesem Medikament gehabt, obwohl ein paar Patienten behaupteten, es hätte überhaupt nicht geholfen.» Er ging zu dem kleinen Waschbecken in der Ecke des Büros und füllte ein Glas mit kaltem Wasser. «Hier, nehmen Sie jetzt zwei davon und anschließend alle vier Stunden wieder zwei. Übrigens, sind Sie gegen irgendwas allergisch?»
    «Nicht dass ich wüsste», antwortete der Chief, der dem Arzt die Pillen aus der hingestreckten Hand nahm. Sekundenlang betrachtete er sie neugierig, dann steckte er sie in den Mund und spülte sie mit Wasser herunter.
    «Warum fragen Sie, ob ich allergisch gegen etwas bin?», erkundigte sich Lanigan. «Meine Rückenschmerzen kommen doch nicht etwa von einer Allergie, oder?»
    «Natürlich nicht. Ich dachte nur an das Medikament. Es besteht immer die Möglichkeit einer allergischen Reaktion auf ein Medikament, das man verschreibt, die zuweilen recht schwere Formen annehmen kann. Vor allen Dingen heutzutage, wo wir so hochkomplizierte Zusammensetzungen haben.»
    «Ach, wirklich? He, könnte das dem alten Kestler passiert sein? Hat er vielleicht auf die Pillen, die Sie ihm verschrieben haben, allergisch reagiert?»
    Der Arzt zuckte die Achseln, «Möglich wäre es. Mein Kollege Dr. DiFrancesca war zum Beispiel dieser Meinung. Wenn eine bekannte Allergie gegen ein bestimmtes Medikament besteht, werden wir dieses Medikament natürlich nicht verschreiben. Deswegen erklären wir den Patienten immer, um was für ein Medikament es sich handelt, und erkundigen uns nach eventuellen Allergien. Normalerweise hätte ich Mr. Kestler zum Beispiel Penicillin verschrieben, da ich aber wusste, dass er allergisch dagegen war, verschrieb ich ihm Tetracyclin. Er hätte dagegen natürlich auch allergisch sein können, aber das war unwahrscheinlich. Ich meine, auf Penicillin reagieren viele Menschen allergisch, auf Tetracyclin kaum einige. Außerdem hatte ich es ihm früher schon einmal gegeben. Aber man weiß ja nie. Manchmal wirkt es kumulativ.»
    «Könnte der Drugstore einen Fehler gemacht haben?»
    Der Arzt schüttelte den Kopf. «Glaube ich kaum. Die sind heutzutage furchtbar vorsichtig, gerade wegen dieser komplizierten Zusammensetzung, von der ich sprach. Ein Fehler von Seiten des Apothekers ist äußerst unwahrscheinlich. Und die pharmazeutische Industrie hilft mit, indem sie ihre Pillen in allen möglichen Farben und Formen herausbringt, anstatt, wie früher, ausschließlich weiß und rund. Die Pille, die ich Kestler verschrieb, war zum Beispiel oval und rosa …»
    «Eher orange, würde ich sagen», entgegnete der Chief.
    «Nein, rosa. Nun, vielleicht könnte man es als lachsfarben bezeichnen. Woher wissen Sie das?»
    «Weil ich sie mir angesehen habe. Ich habe sie hier und bin ganz sicher, dass sie orange sind. Einen Moment.» Er zog eine Schreibtischschublade auf und entnahm ihr jenen Umschlag, der die Flasche mit den Pillen enthielt. Er schraubte die Flasche auf und schüttelte ein paar Pillen auf die Schreibtischplatte. Ein Irrtum war ausgeschlossen. Gewiss, die Pillen waren oval, aber sie waren ganz eindeutig orange. «Na, würden Sie sie etwa nicht als orange bezeichnen?», fragte er.
    «Lassen Sie mich die Flasche sehen.» Der Arzt las laut, was auf dem Etikett stand: «J. Kestler, Limpidine zweihundertfünfzig, viermal am Tag je eine Tablette. Dr. D. Cohen.»
    «Ist dies das Medikament, das Sie verschrieben haben?»
    Cohen nickte.
    «Und sind das die Pillen? Wie haben Sie sie genannt – Limpidine?»
    «Ich hab mir immer eingebildet, sie wären rosa. Passen Sie auf, ich habe zu Hause ein Buch, das die pharmazeutische Industrie jedes Jahr an alle Ärzte verschickt. Es enthält sämtliche Informationen über die Medikamente, die sie herstellen, sowie Farbtafeln mit Abbildungen der Pillen. Ich könnte

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