Am Mittwoch wird der Rabbi nass
schwören, dass Limpidine rosa ist, aber ich werde es zu Hause sofort nachschlagen.»
«Tun Sie das, Doktor, und rufen Sie mich an. Ich bleibe noch eine Zeit lang hier.»
Dr. Cohen hielt auf der Heimfahrt alle Geschwindigkeitsbeschränkungen ein, aber nur knapp. Er stellte den Wagen in die Garage und hastete in sein Arbeitszimmer hinauf, ohne zuerst den Mantel auszuziehen. Er schlug die Physicians Desk Reference auf und starrte auf die Farbtafel. Er hatte Recht! Die Limpidinepillen waren rosa. Die orangefarbenen Pillen waren dagegen Penicillin in einer Form, wie sie dieselbe Firma herausbrachte. Irgendwie hatte Aptaker einen Fehler gemacht und die Penicillinpillen abgefüllt. Und der alte Mr. Kestler hatte natürlich darauf reagiert, da er allergisch gegen Penicillin war. Der Fehler lag also beim Apotheker und nicht bei ihm!
Das Herz sang ihm in der Brust. Es war geschehen! Er war zur Klausur gegangen; er hatte gebetet, wohl zum ersten Mal in seinem Leben aufrichtig gebetet; und sofort am Tag darauf war ihm auf wunderbare Weise dieses schwere, drückende Gewicht von der Seele genommen worden. Er griff zum Telefon.
Die Probleme der Eltern mit ihren Kindern, die alle offenbar nichts Geringeres als eine Entscheidung des Rabbiners oder mindestens seine Meinung erforderten, waren zahlreich und vielfältig. Rabbi Small empfing die Mütter nacheinander, während die übrigen draußen auf einem Sofa warteten.
«Ich weiß ja, dass es nicht so furchtbar wichtig ist, aber Kinder sind nun mal sensibel, und als Malcolm Studnick die Rolle bei der Aufführung bekam, wo doch alle sagten, dass mein Ronald bei den Proben so gut war, da war er natürlich tief gekränkt …»
«… Sie wissen doch, wie Mädchen sind, Rabbi. Sie finden es furchtbar wichtig, allseits beliebt zu sein. So was kann ihre ganze Persönlichkeit beeinflussen. Deswegen sind Tanzstunden und Tennisunterricht unerlässlich für ihre weibliche Entwicklung …»
«… Nicht dass mein Sumner uninteressiert wäre, Rabbi. Aber er hat einfach keine Zeit …»
«… Gerade jetzt, Rabbi, nachdem er gekränkelt hat, seit er ein Baby war, meint mein Mann, und ich natürlich auch, dass er möglichst oft im Freien sein soll. Ich danke Gott für die ‹Little League›. Ohne die ‹Little League› würde er den ganzen Tag zu Hause herumhocken. Deshalb war ich ja auch so an dem Camp interessiert, als mein Mann am Mittwochabend heimkam und mir davon erzählte. Also, wenn er sich dort während der Sommerferien auch noch im Judentum üben könnte …»
«Was für ein Camp ist denn das, Mrs. Robinson?»
«Ach, Rabbi, Sie wissen doch – da oben in Petersville. Nach allem, was ich hörte, soll es ja nicht nur als Klausur für Erwachsene benutzt werden; auch die Kinder sollen Gelegenheit haben, im Sommer mehrere Wochen dort zu verbringen.»
«Aber das ist nicht für die unmittelbare Zukunft geplant, Mrs. Robinson. Die Angelegenheit steht erst zur Diskussion.»
«Aber nein, Rabbi! Wie mir mein Mann sagte, haben sie das gestern in der Klausur diskutiert und wollen heute darüber abstimmen.»
«Aha, verstehe.» Rabbi Small zähmte seine Ungeduld und ließ sich nicht anmerken, dass er sie möglichst schnell loswerden wollte. Doch als die Unterredung beendet war und er Mrs. Robinson zur Tür begleitete, sagte er zu der Frau, die als nächste eintreten wollte: «Tut mir Leid, Mrs. Kalbfuss, ich muss zu einer Vorstandssitzung.»
«Aber die ist doch längst vorbei, Rabbi. Die sind vor einer ganzen Weile schon alle gegangen.»
Ein Blick den Korridor hinunter zeigte ihm, dass die Tür zum Vorstandszimmer tatsächlich weit offen stand und der Raum völlig leer war.
Als Chester Kaplan nach Hause fuhr, sah er Dr. Cohen auf dem Rasen vor seinem Haus Laub zusammenharken und hielt am Bordstein. «Hallo, Doktor!», rief er ihm zu. «Tut mir Leid, dass ich heute Morgen abfahren musste, ohne mich zu verabschieden.»
«Ach, das macht nichts», antwortete Cohen, der mit der Harke in der Hand näher kam.
«Wie war’s denn, Doktor? Hat’s Ihnen gefallen?», erkundigte sich Kaplan eifrig.
«Es war schön», antwortete der Arzt mit breitem Grinsen. «Wirklich schön, eigentlich sogar fabelhaft! Übrigens, da fällt mir ein: Ich habe noch nicht bezahlt. Wenn Sie einen Augenblick warten, schreibe ich Ihnen schnell einen Scheck. Oder kommen Sie doch herein, wenn Sie mögen.»
«Nein danke. Schicken Sie ihn mir ganz einfach zu. Ich muss weiter. Freut mich, dass es Ihnen gefallen
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